Nach Hause | Roll: botic | catfish | chl | ghack | girlsCamp | j.ortner | oberhamsi | p3k | ribbonfarm |
Donnerstag, 8. Juli 2021
StefanL, 08.07.21, 06:58
|
Abschließbar | Nicht Abschließbar | |
Rivalität im Konsum | Private Güter Speisen, Kleidung, Spielzeuge,Autos |
Allmende Güter Fische, Wild, Wasser, Gemeinschaftsweide |
Nichtrivalität im Konsum | Vereinsgüter Pay-TV, Vereinssport |
Öffentliche Güter Landesverteidigung, frei empfangbarer Rundfunk, Luft |
Ultimativ ist natürlich fast jedes Gut mit militärischen und technologischen Mitteln abschließbar und wird nahezu jedes Gut ab einer gewissen Menge an willigen Verbrauchern einer Kompetition unterworfen, und sei es nur durch die Ressourcen-Allokation für die Produktion.
Bevor preiswerte Rechner (Mikrochip-Preise <10$ oder so) existierten, die ein beim Sender verschlüsseltes Rundfunksignal beim Empfänger preiswert entschlüsseln konnten, war also der Rundfunk (im eigentlichen Sinn von durch den "Äther") im Gegensatz zum Telefon und allen kabelgebundenen Telekommunikationen fundamental ein öffentliches Gut, was auch in den entsprechenden amerikanischen Gesetzen gut nachvollziehbar ist. Dass dabei die Herstellung und Verteilung an privatrechtliche Gesellschaften und Individuen delegiert war, tut dem keinen Abbruch.
Die Telefonie war in Europa von bald nach ihrem Beginn an lange ein öffentlich kontrolliertes Gut und zwar aufgrund einer Tradition, die ein Fermmeldemonopol des Staates als unverzichtbar ansah. Fundamental ist sie das dagegen nie gewesen, weil sie - zumindest in ihrer klassischen Form - keine der beiden Bedingungen für ein öffentliches Gut nach der obigen Definition erfüllt: Der Zugang zum Netz war von Anfang an leicht abschließbar und gewisse Aspekte von Non-Rivalität gewinnt sie erst mit den modernsten Infrastrukturtechnologien und den neuesten Innovationen, wie z.B. Glasfaserkabeln bis an die Ecke und enormen Überfluss generierenden Modulations- und Multiplexing-Methoden. In Wien können sich mittlerweile ältere Leute noch gut an die Konkurrenz um die "Zeitscheiben" eines Viertel-Telefons erinnern.
Umgekehrt bedeutet, dass etwas fundamental ein "öffentliches Gut" ist, nicht automatisch, dass es auch in der Verfügungsgewalt der "Öffentlichkeit" ist. Ob also ein öffentliches Gut öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich betrieben und kontrolliert wird, ist tatsächlich immer eine politische Entscheidung des hoheitlichen Gemeinwesens, im dem es sich befindet. Die fundamentalen Grundlagen beeinflussen diese Entscheidung natürlich, determinieren tun sie sie aber nicht.
Die British Broadcasting Company Ltd. wurde im Oktober 1922 in London von britischen und amerikanischen Elektrogeräteherstellern zur gemeinsamen Absatzsteigerung von Rundfunkgeräten durch ein regelmäßiges Programmangebot gegründet. Und zwar als Kapitalgesellschaft mit einer Starteinlage von £60.006,00. Die Konsortialpartner in der AG waren Marconi’s Wireless Telegraph Company, die Vickers Electrical Company, die Radio Communication Company, The British Thomson-Houston Company, The General Electric Company undThe Western Electric Company. Am 1. November 1922 erhielt das Unternehmen vom Postmaster General die Sendelizenz.
In Europa, selbst in Großbritannien, war, wie es scheint, die konsumorientierte Marktwirtschaft in der Zwischenkriegszeit (1919 - 1939) nicht weit genug vorangeschritten, um die Erstellung und Verbreitung dieses öffentlichen Gutes allein mit dem Verkauf der Empfangsgeräte und der Annahme und Ausstrahlung von regelbeschränkter Werbung ausreichend zu finanzieren. Im Laufe der 20er-Jahre wurde dieser Umstand im UK mehr und mehr deutlich. Das britische Parlament sah außerdem keine Veranlassung, die staatlichen Gebühren auch für die "passive" Nutzung einer öffentlichen Ressource (Äther, elektromagnetische Frequenzbänder) aufzuheben. Staatliche Funktionäre wie der Postmaster General, am besten aus dem Stand der Peers, wurden für am geeignetsten angesehen, dieses öffentliche Gut zu verwalten und zu kontrollieren.
Letztendlich reichte der Verkauf von Radiogeräten nicht aus, Betrieb und Ausbau der Infrastruktur sowie die Produktion eines attraktiven Programms zu finanzieren. Konsequenterweise wurde 1926/7 im Vereinigten Königreich durch die Umwandlung der privatrechtlichen British Broadcasting Company Ltd. in die Britisch Broadcast Corporation, die erste und beispielgebende Öffentlich-Rechtliche Rundfunkorganisation (Public Service Broadcasting) geschaffen.
Die neue BBC erhielt eine königliche Charta, die die BBC demonstrativ der Kontrolle durch die wechselnden Regierungen und ihrer Parlamentsmehrheiten entziehen sollte und dies zum Teil real tat und manchmal half, zu verbergen, dass dieses Ziel nicht immer wirklich erreicht wurde. Eine spezifische europäische Problemstellung in der Balance zwischen privat und öffentlich war damit vorläufig gelöst. Das Modell sollte nach dem 2. Weltkrieg, nicht zuletzt durch Zwang der Sieger und v.a. in den Verliererländern, viele rechte und schlechte Nachahmer finden. In den Staaten des Warschauer Paktes dagegen war öffentlicher Rundfunk stets dem Parteiinteresse und der Parteisteuerung unterworfen und, wo es überhaupt so etwas wie eine andere Regelung gab, diese eine Art Farce, was hauptsächlich daran lag, wer die Organe der Rundfunkgesellschaft ernannte.
In den Vereinigten Staaten von Amerika stellten sich die gleichen Fragen in Bezug auf den Rundfunk. Dort waren nach dem 1. Weltkrieg durch die Marktgröße und den Entwicklungsstand der Wirtschaft andere Voraussetzungen für das "free to air"-Radio bereits gegeben. Zudem sahen das zuständige Department der Regierung (commerce) und der Kongress keinen Anlass, den Bürgern für die rein passive Nutzung des Wellenspektrums eine Gebühr abzuverlangen.
Die unterschiedlichen Umstände führten zu teils ähnlichen, teils sehr verschiedenen Antworten der amerikanischen Politik, die das vereinigte Königreich viel später teilweise, erst nach dem WKII, der Wiedereinführung des Fernsehens und der Übernahme amerikanischer Produkt- und Vertriebsstragien, mit der Einführung des dualen Rundfunksystems nachvollzog.
In den 20er-Jahren traute jedenfalls das amerikanische Parlament gestandenen Individualkapitalisten (Entrepeneurs) mehr moralische Festigkeit, Selbstlosigkeit und Eignung zur Organisation der Nutzung der hoheitlichen Ressource "Äther" zu als quasi-staatlichen Funktionären oder Adeligen, die ja schon während der Amerkikanischen Revolution alle Titel verloren hatten. Es begnügte sich mit einer Aufsichtsbehörde und entsprechenden Gesetzen zur Wahrung des öffentlichen Interesses und sah von Beginn an keinen Grund, diesen Lizenzinhabern Werbung zu untersagen und versah diese deswegen nur mit gesetzlichen ethischen Regeln.
In Österreich fand die Entwicklung des Rundfunks wie in vielen anderen Ländern des Kontinents mit vielen Aufs und Abs und sehr durchmischt statt. Schon 1921 wurde eine Lizenz für einen kommerziellen drahtlosen Auslandstelegraphendienst erteilt. 1922 reichten ein Einzelunternehmer, eine Gruppe "Wiener Telefonfabriken" und eine weitere Unternehmensgruppe um den Industriellen Schrack Konzessionsgesuche für einen Unterhaltungsrundfunk ein. Nachdem noch weitere Lizenzwerber Konzepte vorgelegt hatten, darunter auch ein Gruppe um die "Österreichische Marconi AG", die schon seit 1921 die Lizenz für den Auslandfunkverkehr besaß und Telefunken, schleppten sich die Verhandlung noch bis 1924 hin.
Letztlich waren es die guten Beziehungen zum mächtigen christlich-sozialen Politiker Rintelen und halbstaatlichen Banken, die den Ausschlag gaben, dass die Lizenz an eine Aktiengesellschaft mit einem Kapital von 4 Milliarden Kronen, die Radio Verkehrs-AG (RAVAG) erteilt wurde. Deren Aktionäre waren das Oesterreichische Creditinstitut für öffentliche Unternehmungen und Arbeiten, die Steierbank AG, die Oesterreichische Anzeigengesellschaft AG, die Österreichische Telefonfabriks AG, vormals Berliner, Ericsson, Kapsch & Söhne, Leopolder und Sohn, aber auch die Gewista (Gemeinde Wien) und das Handelsministerium (Republik Österreich) bekannt sind. Das erfolgreichste Produkt der RAVAG war vor und nach dem 2. Weltkrieg "Radio Wien". Soll man das aus heutiger Sicht eine "Private-Public Partnership" nennen? Jedenfalls entwickelte sich der Hörrundfunk in Österreich in der Folge lange von der Staatsverbundenheit hin zur mehr Staatsnähe und letztlich zum Staatsrundfunk. (Besetzung von Führungsposten im Sinn der Vaterländischen Front, Verstaatlichung und Eingliederung in den Reichsrundfunk durch das Nazi-Regime)
Ab 1945 war natürlich alles anders. Die amerikanische Besatzungsmacht gründete gleich den Sender "Radio Rot-Weiß-Rot", die britische Armee das "Blue Danube Network" und die "Sendergruppe Alpenland". Zuletzt kam noch die französische Militärverwaltung mit der "Sendergruppe West" dazu. Die Sowjetunion versuchte, die RAVAG und Radio Wien, manchmal mit mehr, manchmal mit weniger Erfolg zu kontrollieren.
1955 war "Österreich frei". Die aufgezählten Rundfunkgesellschaften, einschließlich "Radio Wien", waren schon vorher von den "powers that went" an die Republik Österreich übergegeben worden, die sie rasch in einer Verwaltungsbehörde, dem "Österreichischen Rundspruchwesen", zusammenfasste. 1958 entstand daraus wiederum die "Österreichischer Rundfunk" - Ges.m.b.H. 1967 bekam diese Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach einem zeitungsgesteuerten Volksbegehren per Rundfunkgesetz 1967 "öffentlich-rechtliche" Struktur- und Programmvorschriften, blieb jedoch immer noch im Staatseigentum. Der Rundfunk blieb hierzulande also mehr oder minder trotz des bis heute regelmäßig abgefeierten "Rundfunkbegehrens" bis 1974 unter direkter eigentumsbasierter Staatskontrolle, auch wenn diese während der letzten 7 Jahre durch das erwähnte Gesetz gemildert und beschränkt war.
Erst die Regierung Kreisky folgte 1974 formal dem britischen Vorbild, als der ORF per Rundfunkgesetz 1974 mit dem die privatrechtliche Verfasstheit des ORF, dessen Aufsichtsrat von der Regierung besetzt wurde, beendet und der ORF in eine "Anstalt" öffentlichen Rechts umgewandelt wurde. Parallel dazu wurde die Unabhängigkeit des Rundfunks in Österreich nicht mehr nur durch wenige sehr abstrakte Sätze im Rundfunkgesetz, sondern auch durch ein entsprechendes neues Verfassungsgesetz abgesichert. Das ORF-Gesetz der schwarzblauen Regierung Schüssel von 2001 wandelte den ORF von einer Anstalt in eine Stiftung öffentlichen Rechts um, die Besetzung des Stiftungsrats wurde neuen, angeblich entpolitisierenden Regeln unterworfen, die Periode verlängert und aus den Intendanten wurden Direktoren.
Natürlich kam bei beiden Gelegenheiten und kommt bis heute auch der eine oder andere Kontrolltrick - recht konzentriert in den Besetzungsregeln des (früher) Kuratoriums und (heute) Stiftungsrats - zur Anwendung. Der verfassungsgesicherten Unabhängigkeit zum Trotz bestimmt in Österreich fast immer letztlich der Bundeskanzler den GI/GD des ORF und damit die Personalhoheit ebendort. In 3 bekannten Fällen hat der österreichische Bundeskanzler (je 1 mal Kreisky, Vranitzky, Schüssel) bei dieser Bestellung nicht gut aufgepasst: 1978 und 1989 wurde Gerd Bacher gegen den Willen des Bundeskanzlers zum GI und 2006 Alexander Wrabetz gegen den Willen des Bundeskanzlers zum GD gewählt.
So weit zu den historischen Anfängen. Andere Länder und Lösungen und die feinen Unterschiede zwischen Lizenz, Charta und Auftrag werden wir vielleicht ein andermal betrachten.
PS: Das klassische öffentliche Gut ist die Landesverteidigung. Insoferne der internationale Sport mit Nationalmannschaften irgendwie zur Landesverteidigung gehört, was dieses Land mit der Verpflichtung vieler Sportler/innen beim Bundesheer verstanden hat und bei einer Regierungsbildung der letzten Jahre kurzfristig auch nachvollzogen hat (Sport im Verteidigungsministerium in der Bundesregierung Faymann I), und nur das free-to-air Fernsehen massenwirksamen Profisport für alle Bürger verfügbar macht, gehören Spiele mit Nationalmannschaften zum öffentlichen Gut. Solche mit Individuen und Klubmannschaften, die sich im Privatbesitz befinden, nicht. Unter Umständen gehören sie zu den Vereinsgütern. Sogar das ist heutzutage strittig.
plink, nix, praise or blame!Öffentliches Gut - Öffentlicher Wert
Excludable | Non-excludable | |
Rival- rous | Private goods food, clothing, toys, furniture, cars |
Common goods fish, hunting game, water |
Non- Rival- rous | Club goods satellite television, club sports |
Public goods national defense, free-to-air television, air |
Der amerikanischen Ökonom Paul A. Samuelson war nach allgemeiner Auffassung der erste, der eine ausgearbeitete Theorie der öffentlichen Güter entwickelt hat (Öffentliche Güter). In seiner klassischen Schrift "The Pure Theory of Public Expenditure" definierte er das klassische öffentliche Gut oder, wie er es in dem Papier nannte, "collective consumption good", wie folgt:
...[are goods] which all enjoy in common in the sense that each individual's consumption of such a good leads to no subtractions from any other individual's consumption of that good...
This is the property that has become known as Non-rivalness. In addition a pure public good exhibits a second property called Non-excludability: that is, it is impossible to exclude any individuals from consuming the good.
Öffentliche Güter sind also jene bei denen eine Nutzenunteilbarkeit (club goods, keine Rivalität beim Konsum) vorliegt und reine öffentliche Güter (auch spezifische öffentliche Güter, public goods) solche Güter, von deren Konsum die Menschen schwer oder gar nicht ausgeschlossen werden können. Ganz rein wirken die abstrakten Prinzipien, wie so oft in der Realität, allerdings selten.
Das Marktprinzip funktioniert mit diesen Gütern nicht richtig, da es zwar Interessenten für diese Güter gibt, aber keiner bereit ist, einen Marktpreis zu entrichten. Dies liegt daran, dass man, auch ohne den Preis für das Gut zu entrichten, in den Genuss des Gutes kommen kann und man nicht mit anderen über den Preis (oder Gewalt) um den Konsum des Gutes konkurrieren muss.
In der Regel werden daher "public goods" von Gemeinwesen und ihren Organen (Staaten, Gemeinden usw.) verwaltet und zur Verfügung gestellt. Das Gemeinwesen wiederum beteiligt seine Mitglieder, somit alle realen und potentiellen "Nutzer", wenn nötig, über Steuern sowie andere Abgaben und Eigenleistungen an der Finanzierung und Herstellung der Arbeit, die das Gut, seine Erzeugung, seine Verwaltung und sein Konsum erheischen.
Der unverschlüsselte analoge terrestrische Rundfunk ist ein schönes Beispiel für ein reines öffentliches Gut. Keine weitere Zuseherin mindert die Menge des Gebotenen oder beeinträchtigt den Genuss der anderen und niemand mit einem Empfangsgerät kann leicht vom Konsum ausgeschlossen werden. Der Kabelrundfunk dagegen folgt zwar dem ersten Prinzip, es ist aber recht leicht, über die Anschlusstechnik willige Konsumenten, die nicht zahlen wollen, vom Konsum auszuschließen. Die heutige Verschlüsselungstechnik hat die technisch-wirtschaftlich Nichtausschließbarkeit allerdings allenthalben beendet. Daher benötigt der öffentlich-rechtliche Rundfunk einen politischen Willen zu seiner Sicherung.
Beim Internet ist es noch ein wenig anders. Solange das Bandbreiten-Angebot in den geteilten Verbindungsstücken (Kabel, Lichleiter, elektromagnetisches Spektrum) beschränkt bleibt, reduziert der Genuss der einen den Genuss des anderen, wie wir z.B. im den W-LAN-Spektren großer Wohnhäuser leicht feststellen können. Multicast und Broadcast sind hier wenig ausgebaut und würden ja auch nur bei Gleichzeitigkeit, wie z.B. der Übertragung von Sportereignissen und Pressekonferenzen etwas nützen. Man kann immer noch nicht für alle Teile des Netzes von "bandwidth abundance" sprechen, aber man fühlt, dass wir auf dem Weg dorthin sind.
Die Luft, der Regen und die Sonne dagegen sind bis heute öffentliche Güter geblieben. Wenn die Reichen im Grünen wohnen und die Armen dort, wo der Smog ist, ist zwar sogar beim Atmen nicht die volle Gleichheit im Konsum gegeben, aber ganz kann sich niemand vor "schlechter Luft" abschotten und der "saure" Regen fiel auch in die Gärten der Allerreichsten.
Ein Wert ist etwas anderes als ein Gut. Wert ist die Eigenschaft eines Gutes, die durch einen Vergleich mit der Höhe von Bedarf und Begehren nach Gütern zustande kommt, was aus Phrasen wie, "das ist es mir wert" bei näherer Betrachtung schnell klar wird. Die Feststellung eines Wertes impliziert umgekehrt auch, das die betroffenen Güter über irgend etwas Gemeinsames vergleichbar sind. In Geld gespeicherte Arbeitszeit (Unterabteilung von Lebenszeit) seit langer Zeit und, seit es für viele genug davon gibt, auch die Menge an Freizeit (freie Lebenszeit) sind die 2 Aspekte, die immer mehr, auch sehr unterschiedliche, Güter tatsächlich vergleichbar machen. Gepeicherte Lebenszeit, v.a. in Geld abstrahierte Arbeitszeit, ist auch das, was seit der Sesshaftwerdung die Entwicklung von notwendigen großflächigen kooperativ-kompetitiven Interaktionen bei der Produktion, der Distribution und dem Konsum von Gütern ermöglicht.
Öffentliche Güter wie der Rundfunk haben also erst dadurch einen Wert, dass sie mit anderen Gütern verglichen werden, zum Beispiel mit den Gütern, die hingegeben werden müssen, damit dieses Gut eine Existenz bekommt. Sie erhalten auch dadurch einen Wert, dass sie mit einem anderen Gut verglichen werden und dann eine Entscheidung getroffen wird, ob jemand lieber Zeit mit dem Genuss dieses öffentlichen Guts verbringt als mit dem Konsum eines anderen Guts. Ein anderes Beispiel wäre die Entscheidung, ob vielen Leuten ein Ausbau der von Polizei und Armee produzierten Sicherheitsleistung lieber ist als mehr Kindergärten, Schwimmbäder oder mehr Straßenbau.
Der Wertbegriff hat in der diskursiven Verhandlung gegenüber dem Begriff des Gutes den großen Vorteil, dass der Wert im Ergebnis quantifizierbar wird oder bereits vor einer Entscheidung, z.B. in Geldwert, quantifiziert wurde. Umgekehrt erleichtert die Vorquantifizierung in der Folge das Vergleichen. So wird am Ende, wenn jemand die Kriterien dafür durchsetzen kann und dazu eine Übereinkunft zustande kommt, der Wert des öffentlichen Rundfunks zum Beispiel oder der Landesverteidigung tatsächlich in Geld quantifiziert ausdrückbar. Das kann entweder auf der Produktionsseite passieren, indem gemessen wird, was die Herstellung der Güter kostet oder, bei öffentlichen Gütern viel schwerer, indem ermittelt wird, was seine Verbraucher bzw. die Staatsbürger/innen für den Erhalt hinzugeben bereit wären. Letzteres wird in einem politischen Prozess verhandelt, an dem sich fast nur die politische Elite beteiligt. Bei Wahlen und, in der Schweiz recht oft, Volksabstimmungen kann in größeren Abständen, die Gemeinschaft der Wahlberechtigten, über Tendenzen der Bewertung oder konkrete Vorschläge der politischen Elitenfraktionen bewerten und teilweise darüber entscheiden.
Gerade die Medien brauchen aber nicht nur Geld, um die Produktion und die Verteilung ihrer produzierten Güter zu bewältigen, sondern auch viel hingegebene freie Lebenszeit ihrer Konsumenten, damit sie ihr anderes Produkt, ausreichend viele Augen- und/oder Ohrenpaare für die Botschaften der Werbetreibenden (Politik und Wirtschaft) realisieren und in Geld verwandeln können.
In Geld gespeicherte Arbeitszeit (gebundene Lebenszeit) seit langer Zeit und, seit es für ausreichend viele von uns genug davon gibt, auch die Menge an Freizeit (freie Lebenszeit) sind die 2 Aspekte, die immer mehr, auch sehr unterschiedliche, Güter tatsächlich vergleichbar machen.
Gepeicherte Arbeitszeit, zuerst in den Vorratsmengen und langlebigen Schätzen, die Ernte, Rohstoffgewinnung und Verarbeitung erwirtschaften. Die Erfindung des Geldes als flexibles und von vornherein quantifiziertes Tauschmittel ist es vor allem dieses, das Güter universell vergleichbar macht. Die abstrakte Universalität des Geldes und sein normierter Wert hat in der Entwicklung der Menschheit seit der Sesshaftwerdung die die immer großflächigeren kooperativ-kompetitiven Interaktionen bei der Produktion, der Distribution und dem Konsum von Gütern ermöglicht hat, bis hin zur eminenten globalen Vernetzung mit ihren Möglichkeiten. Auf der anderen Seite haben haben sich diese wirtschaftlichen und technischen Prozesse in den letzten 200 Jahren so schnell und weit entwickelt, dass die politischen Prozesse, die sich alle um Staaten bzw. Staatengruppen und eine sehr schwache globale Institution, die UNO, gruppieren, die Probleme, die damit einhergehen, nicht mehr annähernd ausreichend regeln und bewältigen können.
Die Zeitungen als Druckwerke waren nie ein klassisches öffentliches Gut, weil beide Kriterien (Nichtrivalität, Nichtausschließbarkeit) seit ihrer Erfindung nur wenig zugetroffen haben, wiewohl die Zeitungen mit der Gratisflugschrift beginnen, seit ihrer Erfindung stets von den Staaten subventioniert wurden und stets einen öffentlichen Aspekt enthielten. Eine Zeitung können zwar viele konsumieren, aber nur hintereinander. Die Rivalität ergibt sich über die Reihenfolge und die Zeit, die vorhanden ist, bis der Inhalt überholt ist und obsolet wird. Nachdem der Ersterwerber (oder im Kaffeehaus, der Erstnehmer) die Zeitung konsumiert hat, bleibt die Rivalität der Reihenfolge aufrecht, aber die Ausschlussmotivation sinkt rapide ab.
Der analoge Rundfunk dagegen war seit seiner Erfindung ein klassisches öffentliches Gut, auch in den Ländern, wo er an private Betreiber lizensiert wurde. Man muss sich, um das zu verstehen, nur die US-amerikanische Rundfunkgesetzgebung seit den 20er Jahren und die Geschichte der FCC ansehen.
Wenn wir die Besonderheiten von Kabelnetzen, die von ihrer Einrichtung an und bis heute im Großen und Ganzen ja Rundfunksimulation und -weiterleitung sind, einmal weglassen, dann stellen wir fest, dass die Digitalisierung und die damit einhergehende Verbesserung der Verschlüsselungstechnik, dem Rundfunk sein garantiertes Nicht-Ausschlussprinzip geraubt haben. Seitdem steht seine öffentlich-rechtliche Variante überall auch unter ziemlichem Druck, weil sie nur noch auf der Nicht-Rivalität und einem kollektiven politischen Willen beruht.
Wenn wir dann noch Phänomäne wie HBO und Netflix und ihre Ähnlichkeit zum Kino in Betracht ziehen, dann beschränkt uns zwar die Anzahl der Kinos und entsprechend der Kopien und deren Lebensdauer nicht mehr im Konsum, wir sehen aber, dass über ausreichend hohe Preise und ausreichend Konsumwilligkeit und -fähigkeit Ausschluss und Rivalität für dem Inhalt und der Distribution des Rundfunks sehr ähnliche Güter durchaus sozial, ökonomisch und politsch her- und darstellbar sind. Andere Formen wie Nachrichtensendungen, die durch ihre leichte, kontinent- oder gar weltweite Verbreitungsmöglichkeit im Überfluss erreichbar sind, geht die Tendenz noch mehr als früher dahin, dass die Konsumenten heute mehr nach der Übereinstimmung mit der eigenen Weltsicht als nach dem Informationsgehalt entscheiden.
Durch verschiedene Umstände, vor allem aber, weil ein paar wichtige IT-Player in den 90er-Jahren des vorigen Jahrhunderts glaubten, das historische Business-Modell des US-amerikanischen Radios aus den entsprechenden 20er- und 30er-Jahren mit Geräteverkauf und Werbung wiederholen zu können, hat sich bis heute ein sehr großer Teil der Information und anderer Kommunikations-Dienstleistungen zu einem klassischen öffentlichen Gut entwickelt. Bei der Unterhaltung hat sich der Markt schon wieder geteilt und privatwirtschaftliche Erzeuger und Verteiler haben sich ganz viel davon im Internet zurückgeholt, z.B., wie bereits erwähnt Netflix und, mit Verzögerung, Amazon, HBO und Disney. Interessant ist, dass das Phänomen auch die Audioprodukte erfasst hat, wie man an Spotify und Pandora nachvollziehen kann und sich dabei eine Marktstruktur ergibt, die sich aus einem ganz kleinen Oligopol und Tausenden von winzigen Zwergen zusammensetzt. Ganz geht es sich für viele Konkurrenten ohne globale oder wenigstens kontinentale "Contents" und Marktzugang schwer aus. Der regionale politische Wille für Alternativen ist zwar im Ansatz da, das politische und technische Vermögen aber an den meisten Orten leider nicht vorhanden.
In den letzten 20 oder 30 Jahren sind die Reflexion und die Kommunikation über Güter stark aus der Mode gekommen und in vieler Hinsicht durch das Verhandeln und Besprechen von Werten ersetzt worden.
Wenn sogar sich selbst gerne als vehemente Gegner des Neoliberalismus präsentierende sozialdemokratische Propagandisten nur noch von Werten aber nicht mehr von Gütern sprechen und sowohl ihre Organisationseinheiten als auch ihre Hervorbringungen mit dem Begriff "Public Value" etikettieren sowie zwischen Gütern und Werten weder gedanklich noch sprachlich unterscheiden können und wollen, dann erkennen wir, wie erfolgreich die sogenannte "neoliberale Revolution", die in den 80er und frühen 90er Jahren von den angelsächsischen Ländern ausgegangen ist, gewesen ist und wie sehr sie als Gedankenwelt den Nachkriegs-Keynsianismus abgelöst hat, den Keynsianismus, der heute mit Macht zurückkommt, ohne seine Begriffe wieder etablieren zu können. John M. Keynes, Ernst F. Schumacher, Rosa Luxemburg und Karl Marx würden angesichts dieser Begrifflosigkeit, wenn sie noch in ihren Gräbern lägen, in in einem fort in ihnen rotieren.
Das ist alles kein Wunder, sondern der leicht ungleichzeitige Ausdruck einer Gesamtentwicklung, in der die sogenannte bürgerliche Produktionsweise und ihre begriffliche Begleitung ihrem Höhepunkt zu- und vielleicht auch darüber hinaus strebt. Mit "bürgerliche Produktionsweise" ist hier eine Gesellschaftsformation gemeint, in der das innerste Wirtschaftsprinzip die geldvermittelte tauschbasierte "Verwertung" von möglichst vielem, wenn schon nicht allem, ist. Eine solchen Formation hört irgendwann ganz "natürlich" auf, über Güter zu sprechen und nur noch von Werten zu denken, sprechen und schreiben.
plink, only 1 comment, praise or blame!Freitag, eine anstrengende Woche
Muss einfach mal sein, so dann und wann, keine Gedanken mehr, nur die Nebelmaschine ein.
plink, nix, praise or blame!Kleine Chronik eines Expertenregierungslandes
Am 8. Januar 1918 hält der amerikanische Präsidenten Woodrow Wilson im Kongress seine berühmte Rede mit den "14 Punkten". Einer der Hauptpunkte ist das "Selbstbestimmungsrecht der Völker". In Punkt 10 heißt es mit Bezug auf die Donaumonarchie:
"Den Völkern Österreich-Ungarns, deren Platz unter den Nationen wir geschützt und gesichert zu sehen wünschen, sollte die freieste Gelegenheit zu autonomer Entwicklung zugestanden werden".
Alle Nationalitäten sowie alle Bürger und Politiker, die das Habsburger-Reich lieber auflösen als reformieren wollen, fühlen sich bestärkt. Wenig später wird sich zeigen, dass dem Selbstbestimmungsrecht genauso wie der Souveränitat der Völker durch die politischen Eliten der gerade dominanten Mächte immer schnell die Grenzen aufgezeigt werden. Andererseits stellt sich schnell, und nur rund 130 Jahre nach der französischen Revolution heraus, dass die Begriffe "das Volk" und "die Völker" im 20. Jahrhundert vielleicht nicht mehr das sprachliche und denkerische Optimum für die Bestimmung von Selbständigkeit und Souveränität darstellen.
Im Februar 1918 kommt es nach 3 1/2 Jahren Krieg bei der k.u.k. Kriegsmarine zu Meutereien. Im April 1918 meutern die ersten Armee-Truppen, die nicht an die Front in Italien zurück gehen wollen. Die Meutereien werden mit Hilfe des Standrechts beendet und die militärische Ordnung so wieder hergestellt.
Am 3. März 1918 wird nach langen und ergebnislosen Verhandlungen, der militärischen Besetzung der Westgebiete des ehemaligen Russischen Kaiserreichs und der erneuten Aufnahme von Verhandlungen in Brest-Litowsk ein Friedensvertrag zwischen dem Deutschen Reich, Österreich-Ungarn und dem Osmanischen Reich auf der einen und Sowjetrussland auf der anderen Seite unterzeichnet. Damit scheidet letzeres als Teilnehmer am ersten Weltkrieg aus.
Die Versorgungslage bei Grundnahrungsmitteln und Heizstoffen in Österreich-Ungarn ist gegen Ende des 4. Kriegsjahres schon katastrophal schlecht. Die Kriegswirtschaft requiriert immer mehr Heu und Vieh von den Bauern, die dann oft nicht einmal ordentlich abtransportiert und verteilt werden. Der Schwarzmarkt breitet sich ständig weiter aus. Die Bauern beginnen Wachen aufzustellen, damit nicht zusätzlich zu den steigenden Wegnahmen der Militärkommissionen Kartoffel, Rüben und andere Lebensmittel von den Feldern gestohlen werden. Die Stimmung in der Bevölkerung ist von Kriegsmüdigkeit geprägt und die anfängliche Euphorie längst vergessen.
Mit Versorgungskrisen haben mittlerweile alle kriegführenden Staaten Europas zu kämpfen. Deutschland und den Westmächten gelingt es im Gegensatz zu Österreich-Ungarn aber noch, die ärgsten Auswirkungen durch eine gute Organisation abzufedern. Angesichts des Versagens der staatlichen Behörden bei der Versorgung blüht der Schwarzmarkt, und die ersten Hungerrevolten bedrohen die mühsam aufrechterhaltene öffentliche Ordnung.
Am 11. Juni 1918 betraut Kaiser Karl I. auf Vorschlag des k.k. Ministeriums Seidler Johannes "Johann" Schober mit der Leitung der k.k. Polizeidirektion. Schober wird bis zu seinem Tod mit Unterbrechungen aufgrund seiner Amtszeiten als Bundeskanzler bzw. Vizekanzler Leiter der (Bundes-)Polizeidirektion Wien bleiben. Er begleitet in dieser Funktion den Übergang vom Kaisertum Österreich zum republikanischen Staat Deutschösterreich und zur Republik Österreich.
Schober hat von 1894 - 1898 an der Universität Wien Rechtswissenschaft studiert, hat dem Akademischen Gesangsverein (AGV), deren Nachfolger heute die "fakultativ schlagende Universitäts-Sängerschaft Barden zu Wien" ist, angehört und ist 1898 in den Polizeidienst eingetreten.
Vom 13. - 15. Juni 1918 versuchen die österreichisch-ungarischen Truppen entlang der gesamten österreichisch-italienischen Front eine letzte Offensive. Das italienische Militär und die alliierten Truppen in Italien kennen bereits die Pläne und den Zeitpunkt und haben wenig Mühe, den österreichischen Angriff abzuwehren.
Am 16. Oktober 1918 erlässt Kaiser Karl sein sogenanntes "Völkermanifest", nach dem Österreich-Ungarn als ein Bund freier Nationen fortbestehen soll. Die ungarische Regierung kann allerdings verhindern, dass das Manifest auch für die ungarische Reichshälfte gilt.
"Österreich soll dem Willen seiner Völker gemäß zu einem Bundesstaate werden, in dem jeder Volksstamm auf seinem Siedlungsgebiete sein eigenes staatliches Gemeinwesen bildet. ... Diese Neugestaltung, durch die die Integrität der Länder der Heiligen Ungarischen Krone in keiner Weise berührt wird, soll jedem nationalen Einzelstaate seine Selbständigkeit gewährleisten."
In der Geschichtswissenschaft gibt es eine weitgehende Einigkeit darüber, dass dieses verspätete Angebot zur Föderalisierung des Habsburgerreiches von der Mehrheit der politischen Parteien der einzelnen Nationen im Reichsrat nicht mehr als Einladung zu einer Reform der Monarchie wahr- bzw. angenommen wird, sondern als Zugeständnis, die eigene Zukunft selbst zu gestalten, und damit praktisch als Auflösungbescheid interpretiert wird. Die Option eines relativ leichten Austritts aus der Donaumonarchie setzt sich nun endgültig durch, die letzten nicht deutschsprachigen habsburg-loyalen Politiker werden von dieser Möglichkeit überzeugt oder überwältigt. Das Völkermanifest beschleunigt so ungewollt den Zerfall der monarchischen Staatsmacht.
Die Entente tut nun ihrerseits alles ihr Mögliche, um die Auflösung des Habsburger-Reichs weiter zu fördern. Bei aller Schwäche ist die Donaumonarchie ja seit 1848 zusammen mit dem russichen Kaiserreich sowie zunehmend im Bündnis mit dem Deutschen Kaiserreich ein militaristisch-konservatives Hemmnis für die freie demokratisch-bürgerliche kapitalistische Entwicklung Europas, speziell Ost- und Südosteuropas gewesen.
Am 21. Oktober 1918 treten 208, nach Eigenbezeichnung deutsche, Abgeordnete des letzten Reichtags der österreichischen Hälfte der Donaumonarchie zusammen und konstituieren die Provisorische Nationalversammlung für Deutschösterreich. 85 von ihnen sind 3 Jahre vor dem Beginn des 1. Weltkriegs in Gebieten gewählt worden, deren Zugehörigkeit zur Republik Österreich sich später nicht erreichen lassen wird. Alle 208 Abgeordnete sind Männer, da bei der Wahl 1911 Frauen weder aktiv noch passiv wahlberechtigt gewesen sind. Der Deutsche Nationalverband (DN) stellt 96 Abgeordnete, die Christlichsoziale Partei (CS oder CSP) 65 Abgeordnete, die Sozialdemokratische Arbeiterpartei (SDAP) 38 Abgeordnete, die Unabhängigen stellen 5 Abgeordnete, der Block demokratischer Parteien 4 Abgeordnete.
Aus der Reichsratswahl 1911 ist ein Wahlbündnis von deutschnationalen und liberalen Parteien, der Deutsche Nationalverband, als relativer Sieger hervorgegangen und hat 100 der 516 Sitze erhalten. Die Wahlbeteiligung ist bei 80,2 % der wahlberechtigten Männer gelegen. Die SDAP hat 82 Sitze, die CSP 74 Sitze erlangt. 44 Sitze der SDAP und 9 Sitze der CSP sind 1911 aus Wahlkreisen außerhalb des von der PNV beanspruchten "deutschösterreichischen" Gebietes an sich nicht als "deutsch" verstehende Abgeordnete gegangen, während 96 von 100 Abgeordneten des deutschnationalen Blocks nach Eigenbezeichnung "Deutsche" aus den entsprechenden Wahlkreisen gewesen sind.
Die Vorsitzenden der beiden die Zukunft Österreichs bestimmenden Parteien aus dem letzten Reichsrat, werden in der 1. Republik keine führende Rolle mehr spielen. Aloys von Liechtenstein, Bundesobmann der CSP seit 1910, bleibt dem Haus Habsburg treu und wird wegen der Zustimmung seiner Partei zur Gründung der Republik von seinen Ämtern zurücktreten. Viktor Adler, der Gründer und Parteivorsitzende der SDAP wird den neuen Staat noch mitgründen und ihr für wenige Tage bis zu seinem Tod als Staatsekretär für Äußeres dienen.
Am 21. Oktober, in ihrer konstituierenden Sitzung, wählt die PNV drei gleichberechtigte Präsidenten, die die 3 wichtigsten politischen Lager Deutschösterreichs nach dem "Bankrott" der Donaumonarchie repräsentieren, den Deutschen Nationalverband als Sammlung aller deutschnationalen Parteien, die Christlichsoziale Partei und die Sozialdemokratische Arbeiterpartei.
Fink legte die Präsidentenfunktion, die er nur wegen einer Erkrankung von
Am 24. Oktober beginnt die italienische Armee zusammen mit den in Italien stationierten britischen und französischen Truppen eine neue Offensive. Nach 2 Tagen löst sich die Front auf. Der Minister des Äußeren, Gyula Graf Andrássy, erklärte das Bündnis mit Deutschland für beendet. Der Kaiser ernennt eine österreichisch-ungarische Waffenstillstandskommission und macht General Viktor von Weber zu ihrem Leiter. Weber wird ermächtigt, für einen Waffenstillstand alle Bedingungen zu akzeptieren, außer solchen, die auf eine Entehrung der Armee oder eine völlige Entrechtung Österreichs zielen. Die Alliierten fordern allerdings die bedingungslose Kapitulation.
Am 26. Oktober 1918 konstituieren sich die deutschsprachigen Landtags- und Reichtagsabgeordneten in Tirol und wählen einen "Tiroler Nationalrat" aus ihrer Mitte. Die Angst in Tirol vor den heimkehrenden, verwahrlosten multinationalen k.u.k. Truppen und dann nachrückenden italienischen Entente-Truppen wird riesengroß.
Am 27. Oktober 1918 ernennt Kaiser Karl I. seine letzte Regierung, das Ministerium Lammasch. Der Wiener Prälat Ignaz Seipel wird Minister für Öffentliche Arbeit und Soziale Fürsorge. Nach außen hin soll der Ruf des Pazifisten Heinrich Lammasch seinem Kabinett "das Etikett einer Friedensregierung" verleihen. Am Tag zuvor hatte ihn die Neue Freie Presse als "Liquidator des alten Österreich" und sein Ministerium als "Liquidationsministerium" angekündigt. Die der Christlichsozialen Partei nahestehende Reichspost bezeichnet das Kabinett Lammasch als "Ordnungsministerium".
Am 28. Oktober 1918 proklamieren die tschechischen und slowakischen Parteien ihre Unabhängigkeit von Österreich und Ungarn.
Am 29. Oktober 1918 kündigen slowenische und kroatische Parteien gemeinsam mit serbischen Politikern die Gründung eines südslawischen Staats an. Die maßgeblichen politischen Parteien im österreichischen Slowenien und im ungarischen Kroatien hatten zuvor eigene Staatsbildungen angestrebt. Der nach Kriegsende stark ausgreifende Imperialismus Italiens hat die Mehrheit der politischen Vertreter beider Volksgruppen bewogen, sich der Vereinigung aller südslawischen Völker unter dem König von Serbien in einem neuen gemeinsamen Staat anzunähern.
Zwar hat es auch bei den Siegermächten des 1. Weltkriegs Stimmen für den Erhalt der Donaumonarchie und Sympathien für eine Föderation als Nachfolgekonstruktion gegeben, aber nun haben die "Völker seiner apostolischen Majestät" neue Realitäten in die Welt gesetzt.
Am 30. Oktober 1918 tritt auch die PNV wieder zusammen und bestätigt Franz Dinghofer mit 157 von 163 abgegebenen Stimmen und Karl Seitz mit allen 163 abgegebenen Stimmen im Amt. Sie wählt Hauser mit 163 Stimmen anstelle des rechtzeitig zurückgetretenen Fink ebenfalls zum Präsidenten. Danach wählt sie 20 weitere Staatsratsmitglieder und setzt damit den Staatsrat als ihren Vollzugsausschuss ein. Der Staatsrat bestellt seinerseits unmittelbar darauf die Staatsregierung Renner I. Da der Staatsrat erstmals eine Regierung ohne Einbindung des Kaisers ernennt, gilt der 30. Oktober 1918 als Gründungstag des Staates Deutschösterreich und der mit ihm in Rechtskontinuität stehenden Republik Österreich. Lammasch beginnt ohne weitere Anweisung des Kaisers, die Regierungsgeschäfte an den Staatsrat zu übergeben.
In der Nacht zum 31. Oktober 1918 besetzten militärische Einheiten im Rahmen der "Astern-Revolution" die Hauptstadt Budapest. Ungarn erklärt 1918 den Austritt aus der Realunion mit Österreich und ruft die magyarischen Truppen von der italienischen Front zurück. Damit ist die k. u. k. Monarchie aufgelöst. Auf dringende Forderungen ungarischer Spitzenpolitiker erklärt König Karl IV. am 13. November 1918 auf Schloss Eckartsau seinen Verzicht auf jeden Anteil an den ungarischen Staatsgeschäften, so wie er dies als Kaiser Karl I. zwei Tage zuvor für Österreich erklärt hatte. Eine formelle Abdankung erfolgte jedoch nicht.
Am 31. Oktober 1918 wird die neue Staatsregierung Renner I durch Karl Seitz und Franz Dinghofer im Budgetsaal des Reichsratsgebäudes angelobt. Im Kabinett Renner I sind die drei politisch-ideologischen Lager, Deutschnationale, Christlichsoziale und Sozialdemokraten vertreten. Außenstaatssekretär dieser Regierung ist bis zu seinem Tod, Viktor Adler, SAPD. Staatssekrektär für Inneres wird Heinrich Mataja, CSP, Leiter des Amtes für Sozialfürsorge wird Ferdinand Hanusch, SAPD und Staatssekretär für Öffentliche Arbeiten Johann Zerdik, CSP. Der deutschnationale Block erhält die Staatssekretariate für Finanzen, Heerwesen und Unterrricht. Ignaz Seipel muss seine ministerialen Agenden jeweils an Hanusch und Zerdik übergeben, verbleibt aber noch ohne Portefeuille im tätigkeitslosen Kabinett Lammasch. Der Stellvertreter des des Außenministers Ludwig von Flotow übergibt die Agenden an Viktor Adler.
In der neuen Staatsregierung führt jeweils ein Vertreter des dreiköpfigen Staatsratspräsidiums bei den Kabinettssitzungen den Vorsitz. Die drei Präsidenten Seitz, Hauser und Dinghofer wechselen einander wöchentlich ab, je einer führt jeweils im Haus (Provisorische Nationalversammlung), im Rat (Staatsrat) und im Kabinett (Staatsregierung) den Vorsitz. Der Staatskanzler (Leiter der Staatskanzlei) ist formell ihr Hilfsorgan.
Am 1. November 1918 verkündet der Tiroler Nationalrat, er übernehme "die gesamte Zivil- und Militärgewalt Deutschtirols". Er fordert die Abriegelung Nordtirols gegen die zurückflutenden k.u.k. Armee und ersucht zu diesem Zweck direkt um die Unterstützung reichsdeutscher Truppen und später sogar die der Entente-Truppen. Lieber sollen alle k.u.k. Heeresgruppen in Gefangenschaft geraten als dass Tirol verwüstet werde.
Am 2. November 1918 beauftragt Karl I. Ludwig von Flotow mit der Leitung seines Außenministeriums.
Am 3. November 1918 scheidet Österreich mit der Kapitulation und dem Abschluss eines Waffenstillstands defacto aus dem Ersten Weltkrieg aus. In der CSP mehren sich die Stimmen, sich den beiden anderen politischen Lagern in der Frage "Monarchie oder Republik" anzunähern. Der monarchistische Parteiobmann Aloys von Liechtenstein, dessen Einfluss schon seit der verlorenen Reichsratswahl 1911 schwach ist, legt aus Protest seine Funktion als Parteiobmann zurück. Hauser wird nun zum Parteiobmann der CSP gewählt.
Am 3. November 1918 bildet sich in Bregenz die Provisorische Landesversammlung und beschließt, dass Vorarlberg ein selbständiges Land im Rahmen des deutschösterreichischen Staates ist. Fast gleichzeitig gründet der Lehrer Ferdinand Riedmann eine Bürgerinitiative für den Anschluss an die Schweiz, die in den nächsten Monaten eine Mehrheit der wahlberechtigten Vorarlberger hinter sich bringen kann.
Am 9. November wird die Abdankung Wilhelms II. in Berlin bekanntgegeben. Der Ministerrat unter Lammaschs Vorsitz befasst sich mit den Folgen für die monarchische Staatsform in Österreich. Streckenweise sind auch Karl Renner und Karl Seitz als Repräsentanten des neuen Staates Deutschösterreich und seiner Provisorischen Nationalversammlung bei den Beratungen anwesend. Der Ministerrat entwirft und redigiert unter der Führung Lammaschs die Thronverzichts-Proklamation des Kaisers.
Am 10. November, teilt Renner dem Ministerrat mit, der Staatsrat werde am 11. November den Antrag an die Nationalversammlung beschließen, die Republik einzuführen. Lammasch konferierte daher noch am selben Tag neuerlich mit dem Kaiser.
Am 11. November 1918 stirbt Viktor Adler, Arzt und Journalist, der Gründer und Parteivorsitzende der SAPD und Staatssekretär für Äußeres.
Sein Sohn, der gerade amnestierte Friedrich Adler und seit 1914 unbedingter Kriegsgegner wird als Volksheld nicht nur von der eigenen Partei, sondern auch von der neu gegründeten Kommunistischen Partei Österreichs umworben, die ihm zweimal vergeblich die Parteiführung anträgt. Adler bleibt der SDAP treu und hat in der Führung der Arbeiterräte eine Schlüsselfunktion für den weiteren Verlauf inne.
Am 11. November 1918 überzeugt Heinrich Lammasch, der auf jeden Fall einen Bürgerkrieg vermeiden will, den Kaiser in Schönbrunn, die gemeinsam von seinem Ministerrat mit den Politikern der PNV erarbeitete Verzichtserklärung zu Mittag zu unterzeichnen. Nach allen Zeugnissen stammt die Formel "Ich verzichte auf jeden Anteil an den Staatsgeschäften" vom Minister ohne Portfeuille Ignaz Seipel. Der Kaiser entbindet am Nachmittag das Ministerium Lammasch von seiner Verantworung und enlässt es aus dem Amt. Ludwig von Flotow wird beauftragt, das k.u.k. Außenministerium samt seinen Botschaften, Gesandtschaften und Konsulaten im Ausland und des großen Beamtenapparats in Wien bis spätestens 1920 unter Aufsicht der republikanischen Regierung zu liquidieren.
Die CSP enscheidet sich nun als letzte Fraktion in der PNV mehrheitlich für die Errichtung einer Republik. Ein Beharren auf der Monarchie als Regierungsform würde für die CSP in dieser Situation wohl die politische Selbsteliminierung bedeuten.
Am 11. November 1918 kehrt in Polen Józef Piłsudski aus der Internierungshaft in Magdeburg nach Warschau zurück. Er hat sich nach der Niederlage Russlands geweigert, mit seinen Divisionen weiterzukämpfen, da das Kriegsziel der Polnischen Legionen mit der Niederlage Russlands bereits erreicht war. Seine Rückkehr ist der Anlass für die Ausrufung der unabhängigen Zweiten Polnischen Republik. Polen erklärt seine staatliche Einheit und beabsichtigt, die in den Teilungen Polens verlorenen russischen, deutschen und österreichischen Teile wieder seinem Territorium anzugliedern.
Am 12. November 1918 beantragt der Staatsrat einhellig in der PNV die Gründung einer Republik. Nach der dritten Lesung und einstimmigen Annahme des "Gesetzes über die Staats- und Regierungsform von Deutschösterreich" erscheinen kurz vor 16 Uhr Parlamentspräsidenten, Regierungsmitglieder und Abgeordnete der Nationalversammlung in feierlichem Zug an der Balustrade vor der Säulenhalle des Parlaments. Präsident Dinghofer beginnt, den Text der neuen Verfassung zu verlesen. Die ersten beiden Artikel des neuen Staatsgesetzes lauten:
Artikel 1 Deutschösterreich ist eine demokratische Republik. Alle öffentlichen Gewalten werden vom Volke eingesetzt.
Artikel 2 Deutschösterreich ist ein Bestandteil der Deutschen Republik. Besondere Gesetze regeln die Teilnahme Deutschösterreichs an der Gesetzgebung und Verwaltung der Deutschen Republik sowie die Ausdehnung des Geltungsbereiches von Gesetzen und Einrichtungen der Deutschen Republik auf Deutschösterreich.
In ganz Österreich ist für diesen Tag Arbeitsruhe angeordnet und die Bevölkerung ist aufgerufen, an der Proklamation teilzunehmen. Trotz des nasskalten Wetters versammeln sich vor dem Parlament etwa 150.000 Menschen. Polizeikräfte sind nicht anwesend. Deren Aufgaben sind an die von Julius Deutsch, SAPD, Unterstaatssekretär für das Heereswesen, organisierte Volkswehr übergeben worden. 2 Parlamentsdiener ziehen rechts und links langsam rot-weiß-rote Fahnen hoch. Rotgardisten reißen aus den Fahnen den weißen Mittelteil heraus und ziehen den roten Rest der Fahnen hoch. Danach sprechen noch Staatskanzler Karl Renner sowie Nationalversammlungspräsident Karl Seitz. Um ca. 16:30 Uhr nehmen die Abgeordneten wieder im Parlament Platz.
Alle bescheidenen Versuche, von innerhalb der Menge die "Sozialistische Republik" auszurufen, scheitern. Die Gewalt hält sich in engen Grenzen. Die Lage bleibt aber angespannt.
Am 13. November 1918 verzichtet König Karl auch in Ungarn auf jeden Anteil an den Staatsgeschäften. Er dankt aber nicht formell ab.
Am 14. November wird Nationalversammlungspräsident Karl Seitz zum Vorsitzenden der SAPD gewählt und folgt in dieser Funktion Viktor Adler nach.
Am 16. November 1918 ruft Ministerpräsident Károlyi die demokratische Republik Ungarn aus. Die sozialen Missstände infolge des verlorenen Krieges halten jedoch an. Die Regierung der neuen Republik wird das Volksgesetz Nummer 1 in Kraft setzen, das zum ersten Mal in der ungarischen Geschichte ein gleiches Wahlrecht für beide Geschlechter garantiert. Keine einzige Wahl wird auf dieser Basis abgehalten werden. Der konservative Flügel der nationalistischen Bewegung wird den Ministerpräsidenten Mihály Károlyi in einer Gegenrevolution stürzen, und das Frauenwahlrecht wird wieder abgeschafft werden.
Am 21. November 1918 wird Otto Bauer, bisher Unterstaatssekretär im Staatsamt für Äußere Angelegenheiten als Nachfolger Viktor Adlers angelobt.
Am 30. November 1918 bestellt der Staatsrat von Deutschösterreich Johann Schober definitiv zum Leiter der (Bundes-)Polizeidirektion Wien.
Am 1. Dezember 1918 wird formell das Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen ausgerufen. Der ungarischen Friedensvertrag von Trianon wird im Juni 1920 alle Sezessionen aus dem Königreich Ungarn legitimieren.
Am 11. Januar 1919 wählt der ungarischen Nationalrat Mihály Károlyi zum Präsidenten der Republik. Károlyi bildet eine sozialistisch-bürgerliche Regierung. Das Waffenstillstandsabkommen wird durch tschechoslowakische, rumänische, serbische und französische Truppen nicht eingehalten.
Am 6. Februar 1919 beschließt die Provisorische Nationalversammlung bei ihrer letzten Sitzung die Geschäftsordnung für ihre Nachfolgeinstitution, die Konstituierende Nationalversammlung für Deutschösterreich (KNV).
Am 16. Februar 1919 finden die Wahlen zur KNV statt. Es sind die ersten österreichischen Wahlen, an denen Frauen und Männer gleichberechtigt aktiv und passiv teilnehmen können. Die KNV ist damit das erste in freier und gleicher Wahl berufene Parlament in der Geschichte Österreichs.
Die Sozialdemokratische Arbeiterpartei (SDAP) erhält 40,75% der gültigen Stimmen und 72 Mandate. Die Christlichsozialen Parteien (CSP) erhalten 35,93% der Stimmen und 69 Mandate (Christlichsoziale 23,12% → 47M, Niederösterreichischer Bauernbund 7,49 % → 12M, Christlichsoziale Bürger- und Arbeiterpartei 2,07% → 0M, Tiroler Bauernbund 1,70% → 3M, Tiroler Volksverein 1,55% → 7M) . Die Deutschnationalen Parteien erhalten 18,53% der Stimmen und 26 Mandate (Deutschnationale Partei 5,85% → 8M, Deutschdemokraten 2,16% → 3M, Deutsche Volkspartei 2,02% → 2M, Deutsche Freiheits- und Ordnungspartei 1,90% → 5M, Steirische Bauernpartei 1,58% → 3M, Steirische Bauernpartei 1,58% → 3M, sowie weitere deutschnationale Parteien mit insgesamt 3 Mandaten). Die Bürgerlichen Demokraten & D-Ö Wirtschaftspartei der Festbesoldeten und die Jüdischnationale Partei erhalten 1,64% bzw. 0,26% der Stimmen und je 1 Mandat. Das letzte Mandat gewinnt die Tschechischen Sozialdemokratische Arbeiterpartei (ČSSD) . 159 Abgeordnete, davon 8 Frauen (7 Sozialdemokratinnen und 1 Christlichsoziale) werden großteils in der Eröffnungssitzung am 4. März 1919 angelobt
Robert Stricker, Journalist und Vorstandsmitglied der Wiener Kultusgemeinde, der Abgeordnete der Jüdischnationalen Partei, wird bei der Nationalratswahl 1920 der Wiedereinzug ins Parlament nicht gelingen. Für die Nationalratswahl 1923 wird die zionistische Partei mit liberalen Gruppierungen die Jüdische Wahlgemeinschaft bilden und 0,8 % der Stimmen, aber aufgrund des geänderten Wahlrechts kein Mandat erhalten.
Die deutschsprachigen Einwohner Südmährens, das juristisch zur böhmischen Krone gehört aber mehrheitlich deutschsprachig ist, haben sich 1918 an Deutschösterreich bzw. Niederösterreich anschließen wollen, doch hat die Entente der Tschechoslowakei zugesichert, dass alle Länder der böhmischen Krone ungeteilt dem neuen Staat zugeschlagen würden. Tschechische Truppen haben diesen Teil ihres Landes daher schnell besetzt. In St. Germain wird das Selbstbestimmungsrecht der Völker nur dort gefördert, wo es den Allierten nützlich scheint. Dies wird sich negativ auf die politische Stabilitätder Tschechoslowakei und die Loyalitätsgefühle der deutschsprachigen Bevölkerung auswirken. Eine Durchführung der Wahlen zur KNV ist damit in Südmähren unmöglich.
Am 16. Februar 1919 wird auch Ignaz Seipel auf der CSP-Liste für den 1., 3. und 4. Bezirk Wiens in die KNV und von seiner Fraktion ins Klubpräsidium gewählt. Seipel hat im Jahr zuvor mitgeholfen, die Spaltung der Partei über die Frage der von den anderen Parteien als unabdingbar angesehene Abschaffung der Monarchie zu verhindern. Er polemisiert in der KNV immer wieder gegen die Anschlusspläne der Sozialdemokraten und Großdeutschen, nicht zuletzt, weil es ihm klar zu sein scheint, dass diese Absicht von der Entente generell abgelehnt wird und den raschen Abschluss eines Friedensvertrags gefährdet.
Am 23. Februar 1919 beginnt der ungarische Präsident Károlyi auf seinem eigenen Besitz in Kál und Kápolna, der 30.000 Hektar umfasst, persönlich mit der Landreform.
Am 3. März 1919 demissioniert die Staatsregierung Renner, wird aber vom Staatsrat beauftragt, die Geschäfte bis zur Wahl der nachfolgenden Regierung weiterzuführen.
Am 4. März 1919 konstituiert sich die KNV und löst damit die PNV formal ab.
Am 5. März 1919 wählt die KNV Karl Seitz zum Präsidenten und Johann Nepomuk Hauser zum Zweiten Präsidenten. Franz Dinghofer fehlt krankheitsbedingt, er wird erst am 12. März 1919 zum Dritten Präsidenten gewählt.
Für sechs Wahlkreise in "Deutschböhmen", zwei im "Sudetenland" und drei in Iglau, Olmütz und Brünn (mehrheitlich deutsche Städte in tschechischem Gebiet) stehen keinerlei Anhaltspunkte zur Verfügung, wie dort die Wahl ausgegangen wäre, wenn sie durchgeführt hätte werden können. Die SDAP lehnt daher für diese elf Wahlkreise die Einberufung von Abgeordneten ab.
Am 14. März 1919 beschließt die KNV ein Gesetz über die Staatsregierung. Mit Wirkung vom 15. März 1919 schafft die Nationalversammlung damit den Staatsrat, der aus den drei Präsidenten der Provisorischen Nationalversammlung und 20 weiteren Abgeordneten bestanden hatte, ab. Auch die Rotation der drei Vorsitzenden der PNV in ihren Funktionen entfällt. Der Präsident der Nationalversammlung, Karl Seitz, ist damit von 15. März 1919 bis zur Wahl des ersten Bundespräsidenten am 9. Dezember 1920 das erste Staatsoberhaupt der Republik Deutschösterreich, ohne als solches einen expliziten Titel zu führen.
Am 15. März wählt die KNV die Staatsregierung Renner II mit 99 von 99 abgegebenen Stimmen eine Koalitionsregierung von SDAP und CSP, die erste Große Koalition in Österreich, mit dem parteilosen Josef Schumpeter als Finanzminister und dem jüdischen Sozialdemokraten Julius Deutsch als Staatssekretär für das Heereswesen. Die deutschnationalen Abgeordneten geben keine Stimmzettel ab.
Am 20. März 1919 ordnen die Alliierten einen weiteren Rückzug der Armee der Republik Ungarn zu neuen Demarkationslinien an. Die neue Linie trennt auch stark magyarisch besiedelte Gebiete im Südosten ab und wird von Oberstleutnant Fernand Vix, dem Leiter der alliierten Militärmission in Budapest, als unverhandelbare endgültige politische Grenze bezeichnet. Ein Sturm der Entrüstung bricht in der ungarischen Hauptstadt los.
Am 21. März 1919 treten der ungarische Ministerpräsident Dénes Berinkey und seine bürgerlich-sozialdemokratische Regierung zurück. Der zuvor von der Regierung inhaftierte Journalist und Zeitungsherausgeber Béla Kun, der in der russischen Gefangenschaft ein Anänger Lenins und der Bolschewiki geworden ist und im Dezember 1918 die kleine ungarische Kommunistische Partei (MKP) gegründet hat, wird aus der Haft entlassen. Präsident Károlyi übergibt die Macht an den von der sozialdemokratischen und der kommunistischen Partei beherrschten Revolutionsrat.
Der Revolutionsrat setzt seinerseits einen Revolutionären Regierungsrat unter dem Vorsitz von Sándor Garbai von der Sozialdemokratischen Partei Ungarns (Magyarországi Szociáldemokrata Párt, MSZDP) als Regierung ein und formiert in kurzer Zeit eine relativ schlagkräftige Armee, die ungarische "Rote Armee", welche die verschiedenen "Invasoren" zurückschlagen soll. Von Patriotismus getrieben, melden sich zahlreiche Ungarn zum Dienst in der neuen Roten Armee, darunter auch viele Offiziere und Unteroffiziere der einstigen k.u.k. Armee.
Béla Kun und die kommunistische Partei Ungarns beginnen auch, kommunistische und linkssozialistische Menschen in Österreich, die bügerlich-demokratische Republik nicht genügt, einerseits zu unterstützen und andererseits um ihre Unterstützung zu ersuchen. Sie versuchen auch, die Arbeiter- und Soldatenräte in Österreich in eine revolutionärere Richtung zu drängen.
Am 24. März 1919 erklärt der ehemalige Träger der Krone Karl Habsburg-Lothringen anlässlich seiner Ausreise in die Schweiz in einer "Feldkircher Manifest" genannten Pressemitteilung, er habe am 11. November 1918 die Verzichtserklärung nur gezwungenermaßen abgegeben und keinesfalls auf Dauer auf seine Herrscherrechte verzichtet. Nur noch wenige Politiker nehmen das ernst.
Am 4. April 1919 beschließt die Konstituierende Nationalversammlung in Wien, als Ersatz für die Wahlkreise Mittel- und Untersteiermark sowie Deutsch-Südtirol, wo die Wahl nur in wenigen Bezirken durchgeführt worden ist, proportional nach den regional vorliegenden Wahlresultaten, elf weitere auf den Wahllisten der Parteien geführte männliche Kandidaten in die Nationalversammlung einzuberufen.
Artikel 2 des Gesetzes über die Staats- und Regierungsform von Deutschösterreich erweist sich bei den Friedensverhandlungen in Frankreich als nicht durchsetzbar. Deutschösterreich muss im Vertrag von Saint-Germain dem von den Siegermächten geforderten Staatsnamen "Republik Österreich" und der vollen Souveränität gegenüber dem Deutschen Reich zustimmen, um einen Friedensschluss zu erreichen.
In der ersten Aprilhälfte 1919 werden in Ungarn vom Revolutionsrat allgemeine Wahlen zum Landesrätekongress der Abgeordneten der Komitate, Städte und Gemeinden abgehalten.
Am 24. April 1919 werden die 11 Ersatzkandidaten als Abgeordnete in der KNV angelobt.
Im Mai 1919 reist eine österreichische Delegation unter der Leitung von Karl Renner nach Saint-Germain-en-Laye. Eine direkte Teilnahme an den Gesprächen wird ihr verweigert, sie kann lediglich schriftliche Vorschläge unterbreiten. Österreich-Ungarn und seine Verbündeten werden als Urheber der Verluste und Schäden der Alliierten bezeichnet. Den Kriegsverlierern wird die Alleinschuld am Krieg zugewiesen.
Am 4. Mai 1919 erreicht die SAPD Niederösterreich durch die Einführung des Frauenwahlrechts bei der Landtagswahl die Mehrheit.
Am 11. Mai 1919 findet in Vorarlberg eine Volksabstimmung zu Verhandlungen über den Beitritt des Landes zur Schweiz statt. Ca. 80 Prozent der stimmberechtigten Vorarlberger stimmen "für die Einleitung von Verhandlungen".
In der Schweiz sind die Meinungen geteilt. Auf der einen Seite sammelt ein privates Initiativkomitee fast 30.000 Unterschriften für die Einleitung einer Verfassungsinitiative zur Aufnahme von Vorarlberg. Auf der anderen Seite sind die Westschweizer Kantone und die Mehrheit der Reformierten gegen die Aufnahme, weil sie die mühsam errungene sprachliche und konfessionelle Balance in Gefahr sehen. Schliesslich beschließt der Schweizer Bundesrat, beim am Status quo zubleiben, behält sich aber vor, im Fall einer unerwarteten Auflösung Österreichs die Sache wieder aufzunehmen. Der Vertrag von St. Germain später im Jahr wird alle Separationsbestrebungen österreichischer Bundesländer beenden. Die Siegermächte des 1. Weltkriegs wünschen eine selbstständige demokratische Republik Österreich innerhalb der von ihnen festgelegten Grenzen.
Am 20. Mai 1919 wird der Sozialdemokrat Albert Sever als erster demokratisch gewählter Landeshauptmann des größten Bundeslandes der neuen Republik angelobt. Er wird dieses Amt 1 1/2 Jahre lang bekleiden, bis am 10. November 1920 die Bundesverfassung in Kraft treten wird, die neben vielen anderen Dingen Wien und Niederösterreich in 2 Bundesländer, ein immer schwarzes und ein immer rotes, teilt.
Am 12. Juni 1919 werden Friedrich Adler Pläne für einen weiteren kommunistischen Revolutionsversuch unter Beteiligung der in Moskau inzwischen gegründeten kommunistischen Dritten Internationale zugespielt.
Am 13. Juni 1919 legte Adler diese Pläne bei der Konferenz der Arbeiterräte auf den Tisch. Sein leidenschaftlicher Appell, diese Aktion nicht zu unterstützen, wird angenommen, alle Vorhaben der kommunistischen Minderheit im Keim erstickt. Otto Bauer, der stellvertretender Parteivorsitzende der SDAP und strikter Demokrat, wird später feststellen, dass "die zielbewusste Führung Friedrich Adlers in den Arbeiterräten, Julius Deutschs und seines Freundeskreises in den Soldatenräten ... den Kampf entschieden haben."
Von 14. - 24. Juni 1919 tagt in Budapest der neu gewählte Landesrätekongress, der sich zum höchsten gesetzgebenden Gremium des Landes konstituiert und eine sozialistische Verfassung beschließt. Der Landesrätekongress proklamiert die Föderative Ungarische Sozialistische Räterepublik und wählt wiederum einen Revolutionären Regierungsrat, zu dessen Vorsitzendem erneut der Sozialdemokrat Sándor Garbai gewählt wird.
Béla Kun fungiert in der vorigen wie in dieser Regierung nur als Volksbeauftragter für Außenbeziehungen, ist aber nach allen Einschätzungen praktisch von Beginn an der "starke Mann" und das einflussreichste Regierungsmitglied. Die Räteregierung erscheint bald als von Béla Kun und der kommunistischen Partei dominiert und entwickelt sich ebenso rasch zu einer vor diktatorischen Maßnahmen und dem Einsatz von Gewalt nicht zurückschreckenden Institution.
Am 25. Juni 1919 verkündet der Landesrätekongress die Diktatur des Proletariats. Béla Kun und die KPM treiben die Verstaatlichung von Banken, Großindustrie, Mietshäusern und Betrieben mit mehr als zwanzig Angestellten rasch voran. Grundbesitz über 100 Joch wird enteignet und in landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften organisiert. Rund 590 Personen werden im Rahmen des sogenannten "Roten Terrors" von Revolutionstribunalen, aber auch von Parteimilizen wie den berüchtigten "Lenin-fiúk" verurteilt und hingerichtet.
Am 26. Juli 1919 tritt Otto Bauer als Staatssekretär für das Äußere zurück. Staatskanzler Renner übernimmt zusätzlich seine Agenden.
Am 1. August 1919 bricht die Ungarische Räterepublik zusammen, als rumänische Truppen im Zuge des Ungarisch-Rumänischen Kriegs die Hauptstadt Budapest besetzen.
Am 2. September 2019 übergeben die alliierten Sieger in Saint-Germain den österreichischen Delegierten den Vertragstext des ohne sie ausgehandelten Friedensvertrags. Dieser Vertrag regelt verbindlich die Auflösung des Kaisertums Österreich, d.h. der im österreichischen Reichsrat vertretenen Königreiche und Länder und die Bedingungen für die neue Republik Österreich.
Im Gegensatz zu Südmähren, dem Sudetenland, Südtirol, dem Kanaltal und anderen beanspruchten Gebieten beinhaltet der endgültige Vertragstext von St. Germain, dass "Deutsch-Westungarn" an Österreich anzuschließen sei, nachdem erste Vertragsentwürfe die Schaffung der Republik noch ohne dieses Gebiet vorgesehen haben. Ungarn wird 1920 im Vertrag von Trianon verpflichtet werden, dieses Gebiet an Österreich abzutreten.
Am 6. September 1919 ermächtigt die KNV Staatskanzler Renner, den von allen Parteien als problematisch, ungerecht und aufoktroyiert empfundenen Friedensvertrag abzuschließen.
Am 9. September 1919 veröffentlicht der sozialdemokratische Landeshauptmann von Niederösterreich, Albert Sever, einen real undurchführbaren Ausweisungserlass, um journalistische und andere über die vielen Flüchtlinge, besonders die vom Kriegsschauplatz in Galizien geflohenen Juden empörten Gemüter zu beruhigen. Der Erlass verunsichert die Flüchtlinge zutiefst. Ebenfalls im September 1919 gibt Sever einen Erlass heraus, der das weitere Verbleiben der Flüchtlinge von einer Aufenthaltsbewilligung abhängig macht. Diese wird von den Behörden nur selten gewährt.
Während des Krieges sind etwa 20.000 jüdische Flüchtlinge aus dem damals österreichischen Galizien und Lodomerien nach Wien gekommen. In den ersten Nachkriegswochen schaffen auf der Flucht vor den Pogromen, die polnische und ukrainische Soldaten im besetzten Galizien anrichten, noch einmal 5.000 die Flucht nach Deutschösterreich. Allein in Lemberg, wo Offiziere das Judenviertel drei Tage zur Plünderung freigegebenhaben, werden 300 Menschen getötet und eine Unmenge Grausamkeiten verübt. Als die sozialdemokratische jüdische Partei Poale Zion die SDAP ersucht, zu einer Protestversammlung gegen diese Pogrome einen Redner zu schicken, lehnt der Parteivorstand das ab.
Am 10. September 1919 unterzeichnet Renner den Staatsvertrag von Saint-Germain-en-Laye in Frankreich.
Am 4. Oktober 1919 schreibt die christlichsoziale Tageszeitung Reichspost, "Wir stehen vor einer neuerlichen Verkürzung der Brotration. Wir sollen unsere Frauen und Kinder hungern lassen, weil es den Ostjuden so gefällt und sie darauf bestehen, dass wir unsere letzte Brotkrume mit ihnen teilen". In mehreren Schriften kann man heute lesen, dass auch die Arbeiterzeitung verlangt habe, "dass Wien von dieser Belastung erleichtert werde". Der Chefredakteur der AZ, Friedrich Austerlitz war 1898 aus der jüdischen Kultusgemeinde ausgetreten.
Mit dem Ende der Monarchie haben "die Juden" den Monarchen als traditionellen "Schutzherrn" verloren. Die SDAP ist die einzige Partei in Österreich ohne rassistische Ziele, insbesondere ohne antisemitische Artikel in ihrem Parteiprogramm. Das heißt nicht, dass nicht einzelne Mitglieder, auch in der Parteielite, die antisemitischen Gefühle eines großen Teils der österreichischen Bevölkerung teilen. Man kann nur annehmen, dass Sever und seine Freunde in der Führung der SDAP und der niederösterreichischen Landesregierung gehofft haben, dass die jüdischen Flüchtlinge weiter ziehen, nach Deutschland, in die USA, wohin auch immer, und die so oder so schon als "Judenpartei und Flüchtlingsfreunde" verschrieene SDAP nicht weiter "belasten".
Aus der Angstmache und den verfügten Wegschaffungen wird aber nichts. Kein Land will die Flüchtlinge aufnehmen. Die neu gegründete Tschechoslowakei lehnt es ab, irgendjemand aufzunehmen. Die polnische Regierung beschwert sich beim Völkerbund. Das nährt die Furcht, die Siegermächte könnten, um Druck auf Österreich auszuüben, jede Hilfe einstellen. So endet der allen sozialdemokratischen Grundsätzen widersprechende Ausweisungsversuch Albert Severs, der, wie an manchen Stellen berichtet, auch von Renner und Reumann unterstützt worden ist.
Am 17. Oktober 1919 ratifiziert die Nationalversammlung den Friedensvertrag. Unmittelbar danach demissioniert das Kabinett Renner II noch in der Parlamentssitzung. Nach einer Sitzungsunterbrechung wählt die Nationalversammlung die Staatsregierung Renner III. Von diesem Tag an wird das als Staat Deutschösterreich gegründete Land vertragsgemäß als Republik Österreich bezeichnet. Die Regierung macht den Vertrag in einem Staatsgesetzblatt kund.
Der Staatsvertrag von Saint-Germain-en-Laye ist einer der Verträge, die den Ersten Weltkrieg formal beenden und wird zwischen Österreich und 27 alliierten und assoziierten Mitgliedern abgeschlossen. Zu den Signatarmächten zählen neben Österreich die Siegermächte USA, Großbritannien mit seinen Dominions Irland, Kanada, Australien, Neuseeland und Indien, Frankreich, Italien, Japan sowie die assozierten Staaten Belgien, Bolivien, Brasilien, China, Kuba, Ecuador, Griechenland, Guatemala, Haiti, Hedschas, Honduras, Liberia, Nicaragua, Panama, Peru, Polen, Portugal, Rumänien, der SHS-Staat, Siam, die Tschechoslowakei und Uruguay. Das sind zugleich die Gründungsmitglieder des Völkerbundes.
Am 21. Oktober 1919 beschließt die KNV die durch den Friedensvertrag notwendig gewordenen Änderungen mit einem Gesetz über die Staatsform. In diesem Gesetz wird auch festgelegt, dass die Republik Österreich kein Rechtsnachfolger des ehemaligen Kaisertums Österreich ist. Die KNV und die großkoalitionäre Staatsregierung Renner III mit Jodok Fink von der CSP als Vizekanzler schaffen es endgültig, eine unblutige politische und soziale Revolution und eine weitgehende Entfeudalisierung des Landes durchzuführen und legen so die Basis für das heutige Österreich. Die Nationalversammlung verabschiedet in der Folge unter anderem auch Gesetze zum Achtstundentag, zur Gründung der Arbeiterkammer als gesetzlicher Interessenvertretung und ein Betriebsrätegesetz.
Vor allem Ignaz Seipel betreibt innerhalb der CSP eine Haltungsänderung in Richtung Auflösung der Großen Koalition von SDAP und CSP. Er lehnt die Sozialdemokratie noch mehr ab als den Deutschnationalismus und schließt hinter den Kulissen ein Bündnis mit deutschnationalen Politikern. In den parlamentarischen Verfassungsdebatten zeigt sich auch, dass sich Ignaz Seipel zwar mit Republik und Demokratie abgefunden hat, beiden aber nach wie vor eine deutliche Skepsis entgegenbringt.
Am 23. Oktober 1919 legt Johann Nepomuk Hauser die Führung des christlichsozialen Parlamentsklubs und 1920 das Obmannsamt der CSP nieder und zieht sich aus der Bundespolitik zurück. Er wird bis 1927 Landeshauptmann von Oberösterreich bleiben und nur noch bei der Demission der Regierung Seipel 1924 noch einmal eine Rolle in der Bundespolitik der CSP spielen.
Seipel unterstützt nun auch aktiv den Aufbau bewaffneter rechter Gruppierungen in Wien. Ab März 1020 ist er gemeinsam mit Offizieren, zivilen Monarchisten und Vertretern des rechten Flügels der Großdeutschen im Vorstand der Geheimorganisation "Vereinigung für Ordnung und Recht". Das erklärte Ziel dieser Vereinigung ist die gewaltsame Ausschaltung der SDAP.
Am am 16. November 1919 zieht der "Verteidigungsminister" der in Szeged gebildeten konservativen Gegenregierung, der k.uk. Vizeadmiral Miklós Horthy, in Budapest mit seiner "Nationalarmee" ein. Horthy hat im Frühjahr und Sommer in Kooperation mit den rumänischen Truppen einen Bürgerkrieg gegen die Räte-Regierung angeführt. Ehemalige Funktionäre, Anhänger und Sympathisanten der Räterepublik, aber auch zahllose Unbeteiligte, besonders Juden werden denunziert und zwischen Herbst 1919 und Winter 1920 während des sogenannten „Weißen Terrors“ von der Nationalarmee und mit ihr verbündeten irregulären bewaffneten Verbänden zum Teil bestialisch ermordet. Schätzungen der Opferzahlen dieses "weißen" Gegenterrors belaufen sich auf bis zu 5.000 Personen. Das alles bleibt Österreich vorläufig erspart. Die Frage, wie weit Horthy für den weißen Terror direkt verantwortlich ist, bleibt bis heute umstritten.
Am 1. März 1920 stellt die ungarische Nationalversammlung das Königreich Ungarn formell wieder her, kürt Horthy zum Reichsverweser (kormányzó) mit 131 von 141 Stimmen und macht ihn damit zum provisorischen Staatsoberhaupt. Ungarn wird auch nach der offiziellen Absetzung des Hauses Habsburg-Lothringen eine "Monarchie ohne König" bleiben. Horthy konsolidiert die Verwaltung und führt ein autoritäres Regierungssystem ein, bei dem die Bevölkerungsmehrheit von den Parlamentswahlen ausgeschlossen bleibt. Er nimmt selbst die Rolle eines starken Staatsoberhauptes ein, überlässt die Gesetzgebungs- und Vollzugsgewalt jedoch weitgehend den von ihm eingesetzten verschiedenen Ministerpräsidenten. Im Laufe der Jahre wird sich Ungarn unter Horthy ab 1932 immer mehr dem faschistischen Italien und dem Dritten Reich annähern.
Die autoritäre Elite Ungarns greift auf die alte Magyarisierungspolitik aus der letzten Zeit der Doppelmonarchie zurück und entwicket Konzept des "Volksnationalen", das den "authentischen" ungarischen Charakter betont als Staatsideologie. Liberalismus, Demokratie und Sozialismus werden als etwas "volksfremde" Ideen und Ursache aller Übel abgelehnt. Ein zentraler Punkt dieser in den konservativen Medien verbreiteten Ideologie ist, dass das ungarische Volk einen ganz spezifischen Charakter und eine ganz besondere ungarische Kultur besitze, die besonders die Juden gefährden und unterwandern sollen. Da viele Juden aktiv und an führender Stelle an Räterepublik 1919 beteiligt gewesen sind, finden besonders oft das Bild des "Judeobolschewismus", aber wie anderswo auch, ebenso das Bild vom "jüdischen Finanzhai" Anwendung.
Am 19. März 1920 lehnt der Kongress in Washington sowohl die Ratifikation der Verträge von St.Germain, Trianon und Versailles als auch den Beitritt der USA zum Völkerbund ab.
Am 28. Mai 1920 wird die Operette "Die blaue Mazur" von Franz Lehár am Theater an der Wien uraufgeführt.
Am 4. Juni 1920 wird Vertrag von Trianon zwischen den Siegermächten und dem wiederhergestellten Königreich Ungarn unterzeichnet. Alle erfolgten Sezessionen werden bestätigt. Ungarn muss mit dem Vertrag völkerrechtlich verbindlich zur Kenntnis nehmen, dass es 2 Drittel des Territoriums des historischen Königreichs verloren hat. Die ungarische Delegation unterschreibt den Vertrag unter Widerspruch und mit Vorbehalt.
Am 7. Juli 1920 kündigt Ignaz Seipel die Große Koalition auf und erzwingt eine Übergangs-Proporzregierung aller drei politischen Lager, die Staatsregierung Mayr I. Michael Mayr, der zuvor als Vertreter der CSP gemeinsam mit Karl Renner und Hans Kelsen das zukünftige Bundesverfassungsgesetz verhandelt und erarbeitet hat, folgt Renner als Staatskanzler. Renner behält in der neuen Regierung das Staatssekretariat für Äußeres. Vizekanzler wird nun der Staatssekretär für soziale Verwaltung, Ferdinand Hanusch von der SDAP.
Am 16. Juli 1920 tritt der Vertrag von St. Germain in Kraft.
Am 8. August 1920 entsteht in Salzburg aus der Großdeutschen Vereinigung, einem 1919 von Franz Dinghofer gegründeten Zusammenschluss deutschnational und deutschliberal gesinnter Abgeordneter die Großdeutsche Volkspartei (GdVP oder GdP), die bis zum Parteienverbot 1934 weiterbestehen wird. Ihr gehören im Lauf dieser Zeit bis zu 17 Gruppierungen an. Viele ihrer Mitglieder sind Beamte oder Lehrer höherer Schulen. 1921 - 1932 bleibt die GdVP fast immer, meist als Juniorpartner der CSP, an der Bundesregierung beteiligt, das erste Mal 1921 in der Regierung Schober. Sie stellt 1922–1927 unter den Bundeskanzlern Schober, Seipel und Ramek die Vizekanzler Frank, Waber und Dinghofer. Nach dem Verlust der Regierungsbeteiligung treten viele Mitglieder aus der Partei aus und wechseln zur Heimwehr und den Nationalsozialisten. 1933 wird die GdVP ein Bündnis mit der österreichischen NSDAP schließen, die liberalen Anteile des Programms gehen infolge der politischen Radikalisierung verloren.
Am 22. August 1920 markiert die Premiere des mittelalterlichen Mysterienspiels "Jedermann. Das Spiel vom Sterben des reichen Mannes" in einer Neufassung von Hugo von Hofmannsthal die Gründung der Salzburger Festspiele. Die beiden Gründer Max Reinhardt und Hugo von Hofmannsthal sehen sich als süddeutsche Konkurrenz zum großen Nachbarn, zu Preußen und zu Bayreuth. "das, was in Bayreuth, gruppiert um ein norddeutsches Individuum, Wagner, geübt wird, hier um ein ungleich komplexeres und höheres Zentrum, die Kunst Österreichs, herumzubauen ..." schwärmt Hoffmannsthal. Ist Bayreuth einseitig und exklusiv, so will Salzburg inklusiv und vielseitig sein, mit Schauspiel, Oper und Konzert und nicht nur mit vielen verschiedenen Mitwirkenden sondern auch mit vielen verschiedenen Autoren und Komponisten arbeiten, allerdings praktisch nur mit approbierten Werken und Künstlern.
Der verlorene Weltkrieg, die verlorene mulitnationale Monarchie, die vorgestellte süddeutsche kulturelle Identität und der Tourismus sind die wesentlichen Faktoren in Hofmannsthals Denken. Er stellt sich den "theresianischen Menschen" als Miterben des Heiligen Römischen Reiches und der Donaumonarchie, als Vermittler zwischen den europäischen Völkern durch die Anwendung ritterlicher paneuropäischer Werte vor. Die Salzburger Festspiele sollen die österreichischen praktischen Prinzipien des "Leben und leben lassen!", die Kompromissfindung, die katholische Weltsicht zwischen irdischen Freuden und Gewissheit der Vergänglichkeit samt dem Stolz auf regionale Traditionen fördern und erhalten.
Am 1. Oktober 1920 beschließt und ratifiziert die KNV in ihrer letzten Sitzung die bis heute geltende Bundesverfassung. Sowohl, dass diese Bundesverfassung 1945 wieder in Kraft gesetzt werden konnte und sich bis heute, und das jüngste Beispiel zeigt das deutlich, bewährt hat, ebenso wie, dass der Nationalrat - abgezogen die 11-jährige Unterbrechung von 1934 bis 1945 - in den 100 Jahren von 1920 - 2020 mit 26 Gesetzgebungsperioden ausgekommen ist, stellt dieser Verfassung und ihren Schöpfern ein mehr als gutes Zeugnis aus. Hier müssen wir aber auch festhalten, dass sich zeigen wird, dass auch die eleganteste Verfassung, die nicht von geeigneten Menschen, die sie verinnerlicht haben, kompetent und entschlossen genutzt wird, alleine wenig zu tun vermag.
Am 17. Oktober 1920 findet die erste Nationalratswahl in der Geschichte Österreichs statt. In Kärnten wird die Wahl am 19. Juni 1921 nachgeholt, da erst am 10. Oktober 1920 die Volksabstimmung in Südkärnten, die über die Zugehörigkeit des bis dahin jugoslawisch besetzten Landesteils entscheidet, durchgeführt worden war. Im Burgenland, das erst im November 1921 an Österreich gelangte, wird die Wahl am 18. Juni 1922 nachgeholt. Die Stimmenverhältnisse zwischen Sozialdemokraten und Christlichsozialen kehren sich 2 Jahre nach der Revolution in etwa um.
Die CSP unter der Führung von Michael Mayr erhält 41,79% der gültigen Stimmen und 85 von 183 Mandaten. Auf dem zweiten Platz landet die SDAP mit 35,99% der gültigen Stimmen und 69 Mandaten. Drittstärkste Kraft werden wieder die Deutschnationalen Parteien mit 17,25% und 28 Mandaten (GdVP 21 Mandate, Deutschösterreichische Bauernpartei 7 Mandate, Kärntner Bauernbund, Deutsche Nationalsozialistische Arbeiterpartei - DNSAP). Der Block Demokratischer Parteien (D) erhält 1,44% der Stimmen und 1 Mandat. Die Kommunisten erhalten 0,89% und gehen bei den Mandaten leer aus.
Am 22. Oktober 1920 tritt die SDAP unter Seitz’ Führung auf Betreiben Otto Bauers aus der Regierung aus, ihre Staatssekretäre legen die Ämter zurück. Die schon länger prekäre Zusammenarbeit von CSP und SDAP, zuerst in der Großen Koalition und dann in der Übergangs-Proporzregierung Mayr, wird nicht fortgesetzt. Die deutschnationalen Minister dagegen bleiben zunächst im Amt. Michael Mayr übernimmt auch das Außenministerium, Eduard Heinl, CSP wird Vizekanzler.
Am 10. November 1920 tritt die österreichische Bundesverfassung in Kraft. Der Nationalrat löst KNV ab. Die Staatsregierung Mayr I wird mit Inkraft-Treten des Bundes-Verfassungsgesetzes zur ersten Bundesregierung Österreichs. Ab diesem Tag ist auch die Funktionsbezeichnung Bundeskanzler gültig. Die christlichsozialen Bundeskanzler regieren Österreich in der Folge in wechselnden Koalitionen mit dem sogenannten dritten Lager. Der Nationalrat hat, wie heute, 183 Abgeordnete, die 1923 aber auf 165 reduziert werden. Er wird die ganze erste Republik hindurch die Bühne heftiger Auseinandersetzungen zwischen den konservativen Regierungen unter der Führung der CSP der oppositionellen SDAP sein.
Die neue Bundesverfassung der Republik definiert in ihren Artikeln 108–114 auch die neue die Funktion der Stadt Wien als eigenes Bundesland. Wien ist seither nicht mehr die Hauptstadt von Niederösterreich und damit Bestandteil dieses Landes. Die wichtigsten Motive für die Herauslösung Wiens aus Niederösterreich sind:
Die Bundesverfassung schreibt für die "vollständige Trennung", d.h. die Durchführung der Vermögensaufteilung, übereinstimmende Landesgesetze vor, legt dafür aber keinen Zeitrahmen fest. In allen anderen Angelegenheiten haben aber beide Landesteile sofort die Stellung eines selbstständigen Landes. Niederösterreich-Land hat nun einen Landtag ohne Wiener Abgeordnete und wählt einen neuen, wieder "schwarzen" Landeshauptmann.
In der bis Ende 1921 bestehenden gemeinsamen Verwaltungskommission, die die Trennungsagenden zu koordinieren hatte, führen der Wiener Bürgermeister Jakob Reumann und der Landeshauptmann von Niederösterreich, Johann Mayer, abwechselnd den Vorsitz.
In Wien ist Bürgermeister Reumann nun auch Landeshauptmann, der Stadtsenat auch Landesregierung, der Gemeinderat auch Landtag und der Magistratsdirektor auch Landesamtsdirektor. Wien beschließt am gleichen Tag auf Antrag der Stadtregierung als Ergänzung zu den Bestimmungen der Bundesverfassung eine eigene Wiener Stadtverfassung.
Am 20. November 1920 wird die Bundesregierung Mayr II vom Nationalrat mit 99 von 158 abgegebenen Stimmen gewählt. Das von der CSP gebildete Minderheitskabinett wird von der Großdeutschen Volkspartei und der Deutschösterreichischen Bauernpartei toleriert und bei Abstimmungen unterstützt.
Karl Seitz bleibt Parteivorsitzender und Parlamentsklubleiter der SDAP. Die führende Rolle in der SDAP bis zu ihrem Verbot 1934 und den größten Einfluss in der parlamentarischen oppositionellen Bundespolitik wird aber auf Dauer der Vizeparteivorsitzende Otto Bauer haben.
Am 30. November 1920 beschließt das Land Niederösterreich-Land, wie es bis 31. Dezember 1921 heißt, seine eigene Landesverfassung. Wie mit der Landesregierung von Wien vereinbart, verbleibt der Sitz von Landtag und Landesregierung in Wien. Die Schaffung einer eigenen niederösterreichischen Landeshauptstadt ist aus historischen, verkehrstechnischen und finanziellen Gründen völlig unrealistisch. Es wird bis 1984 dauern, bis diese Frage wieder ernsthaft aufgeworfen wird.
Am 9. Dezember 1920 wird Michael Hainisch auf Vorschlag der Christlichsozialen, die ihren eigenen Kandidaten Viktor Kienböck nicht durchgebracht hatten, von der Bundesversammlung (Nationalrat und Bundesrat in gemeinsamer Sitzung) zum ersten Bundespräsidenten der Republik Österreich gewählt und bleibt dies nach seiner Wiederwahl 1924 bis zum 10. Dezember 1928.
Hainisch war 1918 Generalrat der Österreichisch-ungarischen Bank, der Notenbank des noch im gleichen Jahr zerfallenden Österreich-Ungarn, gewesen. Seine Weltanschauung ist liberal, großdeutsch, demokratisch und reformerisch. Hainisch war Mitglied der 1893 gegründeten und 1901 aufgelösten Wiener Fabier Gesellschaft gewesen, bleibt aber trotz einer ideologischen Nähe zur Großdeutschen Volkspartei stets parteilos. Er ist der Sohn der österreichischen Frauenrechtlerin Marianne Hainisch, geb. Perger, die 1857 in die Industriellenfamilie Hainisch eingeheiratet hatte und mit ihrem Mann, Michael, auf der Liegenschaft der Baumwollspinnerei Aue bei Schottwien wohnt.
Das Bundespräsidentenamt ist noch nicht mit den Rechten ausgestattet, die ihm die Verfassungsnovelle 1929 übertragen wird. So wird die Bundesregierung während der gesamten Amtszeit Hainischs, wie seit 1949 der deutsche Bundeskanzler, vom Parlament gewählt und nicht, wie in Österreich seit 1930, vom Bundespräsidenten bestellt.
16. Dezember 1920 wird Österreich in den Völkerbund aufgenommen.
Am 25. Jänner 1921 regelt der österreichische Nationalrat in einem Bundesverfassungsgesetz "über die Stellung des Burgenlandes als selbständiges und gleichberechtigtes Land im Bund und über seine vorläufige Einrichtung" die Aufnahme des Burgenlands in die Republik Österreich. Im Burgenland ist die Forderung der Republik Österreich nach Aufnahme überwiegend deutschsprachiger Gebiete in sein Territorium erfolgreich verlaufen, weil der frühere Souverän und Konkurrent Ungarn im Gegensatz zu Italien, zur Tschechoslowakei und dem SHS-Staat zu den Verlierermächten gehört.
Am 24. April 1921 findet in Tirol eine Volksabstimmung über den Anschluss an das Deutsche Reich statt. 98,5% der gültigen Stimmen sind für den Anschluss Die Abstimmung hat keine Konsequenzen.
Am 29. Mai 1921 findet in Salzburg eine Volksabstimmung über den Anschluss an das Deutsche Reich statt. 99,5% der gültigen Stimmen sind für den Anschluss Die Abstimmung hat keine Konsequenzen.
Am 1. Juni 1921 tritt Bundeskanzler Mayr wegen einer in der Steiermark beabsichtigten Abstimmung über den Anschluss an Deutschland - die Regierung hatte sich im Vertrag von Saint-Germain 1919 verpflichtet, Österreich unabhängig zu erhalten - zurück. Er und seine Regierung werden von Bundespräsident Michael Hainisch mit der Fortführung der Geschäfte beauftragt und führen diese bis 21. Juni 1921.
Am 21. Juni 1921 wird die erste "Expertenregierung" von Österreich, die Bundesregierung Schober I, ein überwiegend aus Beamten bestehendes Kabinett von der CSP und von der GdVP mit 98 von 160 abgegebenen Stimmen gewählt und von Bundespräsident Hainisch angelobt. Der parteilose Präsident der Bundespolizeidirektion Wien Johann Schober wird Bundeskanzler. Die SDAP bleibt in der Opposition.
Am 13. Oktober 1921 unterzeichnet Schober, der zugleich Außenminister ist, das Protokoll von Venedig, mit dem die Durchführung einer Volksabstimmung über die Zugehörigkeit von Ödenburg (ungarisch Sopron) vereinbart wird.
Vom 14. bis 16. Dezember 1921 findet in Sopron (Ödenburg) eine Volksabstimmung über die zukünftige staatliche Zugehörigkeit statt. Die Stadt Sopron entscheidet sich für den Verbleib bei Ungarn.
Am 16. Dezember 1921 schließen Österreich und die Tschechoslowakei auf Schloß Lana bei Prag einen Staatsvertrag, in dem sich beide Republiken verpflichten, den Friedensvertrag loyal einzuhalten, ihre Grenzen gegenseitig anzuerkennen, einander gegen alle Pläne und Versuche einer Wiederherstellung des alten Regimes zu unterstützen, ihre Konflikte einvernehmlich, durch einen internationalen Gerichtshof oder notfalls durch ein Schiedsgericht zu entscheiden. Ebenso verpflichten sie sich, bei Konflikten des jeweils anderen mit Dritten, neutral zu bleiben. Österreich verzichtet darin implizit auch endgültig auf das Selbstbestimmungsrecht der Sudetendeutschen. Der Vertrag wird am 15. März 1922 in Kraft treten.
Dem Vertrag war ein Staatsbesuch von Bundespräsident Hainisch und Bundeskanzler Schober bei Beneš vorangegangen. In der Folge gewährt die Tschechoslowakei Österreich einen Kredit von 500 Millionen tschechischen Kronen und verspricht, Österreichs Bemühungen um Kredite der Alliierten Großbritannien und Frankreich zu unterstützen. Großbritannien wird Österreich im Februar tatsächlich einen Kredit in der Höhe von 2 Millionen Pfund Sterling gewähren. Auch Frankreich und Italien stellen Kredite in Aussicht. Die Großdeutschen lehnen den Lanaer Vertrag vehement ab.
Am 1. Jänner 1922 treten 2 übereinstimmende Trennungsgesetze der beiden österreichischen Bundesländer Wien und Niederösterreich in Kraft, die die beiden Landtage am 29. Dezember 1921 beschlossen haben. Mit ihnen wird die Vermögensaufteilung zwischen Wien und Niederösterreich abgeschlossen.
Am 16. Jänner 1922 tritt der Vertreter der großdeutsche Volkspartei Leopold Waber, Bundesminister für Inneres und Unterricht, aus der Regierung aus. Die GDVP begibt sich in Opposition.
Am 26. Jänner 1922 reichen Schober als Bundeskanzler und die gesamte Bundesregierung ihren Rücktritt ein. Bundespräsident Hainisch beauftragt die Regierung gemäß Artikel 71 der Verfassung von 1920 mit der Fortführung der Verwaltung, der bisherige Vizekanzler, Kultusminister Walter Breisky, CSP, wird mit der Leitung der einstweiligen Bundesregierung betraut. Das Kabinett Breisky bleibt lediglich einen Tag im Amt.
Am 27. Jänner 1922 wird die Bundesregierung Schober II mit 80 von 152 abgegebenen Stimmen , also deutlich geringerer Mehrheit als zuvor, vom Nationalrat gewählt und vom Bundespräsidenten angelobt. Die geschwächte Bundesregierung wird von der Großdeutschen Volkspartei nur noch toleriert, weil, wie immer wieder betont wird, Schober vor dem Abschluss des Lanaer Vertrages mit der Großdeutschen Volkspartei nicht einmal das Gespräch gesucht habe.
Am 16. März 1922 beschließen die sozialdemokratischen Abgeordneten im Nationalrat eine Resolution, in der sie sich bereit erklären, die Regierung zu unterstützen, falls diese weitere finanzpolitische Maßnahmen zur Stabilisierung des Haushalts mit der sozialdemokratischen Fraktion abstimmen würde. Die Regierung nimmt dieses Angebot nicht an und macht auch sonst keinen Versuch, sich mit der SAPD zu verständigen.
Am 29. Mai 1922 tritt die Bundesregierung Schober II zurück und wird von Bundespräsident Michael Hainisch wiederum mit der Fortführung der Geschäfte beauftragt und übt diese einen weiteren Tag aus.
Am 31. Mai 1922 wird die Bundesregierung Seipel I, die erste christlichsozial-großdeutsche Regierung Österreichs mit 101 von 159 abgegebenen Stimmen bei 58 Nein-Stimmen der SDAP vom Nationalrat gewählt. Ignaz Seipel, seit 1921 Obmann und der CSP hatte alle innerparteilichen Gegner überwinden können und die von ihm seit mehr als 2 Jahren angestrebte Koalition mit dem nationalliberalen Lager formalisieren können und übernimmt nun selbst das Amt des Bundeskanzlers.
Seipel denkt nun auch öffentlich über eine Verfassungsänderung nach. Die Überlegungen gehen in Richtung einer Schwächung des Parlaments zugunsten eines mit viel umfassenderen Befugnissen ausgestatteten Bundespräsidenten.
Am 1. Juni 1924 tritt Ignaz Seipel nach heftiger Kritik aus seiner eigenen Partei (siehe weiter oben bei Hauser) und einem Attentat als Bundeskanzler zurück, bleibt aber Klubobmann der CSP-Fraktion im Nationalrat. Der Attentäter Karl Jaworek hat Seipel für seine persönliche Armut verantwortlich gemacht und auf einem Bahnsteig des Südbahnhofs aus nächster Nähe auf den gerade ankommenden Kanzler geschossen. Er wird später zu fünf Jahren schweren Kerkers verurteilt.
Seipel hat zuvor mit Hilfe einer Völkerbundanleihe (Genfer Protokolle) die Staatsfinanzen und die erst nach seinem Rücktritt beschlossene Einführung der Schillingwährung 1925 vorbereitet. Seine Wirtschaftpolitik had zu einem starken Rückgang des Realeinkommens der unbegüterten Bevölkerung und einem starken Ansteigen der Arbeitslosenquote geführt.
Von 1926 bis 1929 wird Seipel wieder Bundeskanzler der Republik Österreich sein. Persönlich von "integrem Charakter und ein fleißiger selbstloser Arbeiter", wie sein politischer Gegner Theodor Körner in einem Artikel schreibt, ist er dennoch als Politiker auf der anderen Seite recht skrupellos. Er fördert in seinem Umfeld auch antidemokratische Grundhaltungen und stärkt mehr und mehr die antisemitische und antidemokratische Heimwehr. Bis zu seinem Tod wird er der wichigste Fürsprecher dieser Organisation bleiben.
Am 24. April 1927 findet die dritte Nationalratswahl in der Geschichte der Republik Österreich statt. Wahlsiegerin ist eine "antimarxistische" Einheitsliste aus CSP, GdVP, dem Wiener Landbund und der nationalsozialistischen Riehl- und Schulz-Gruppe unter Bundeskanzler Ignaz Seipel mit 48,20% der Stimmen und 85 Mandaten. Die SDAP gewinnt dazu, erhält 42,31% der Stimmen und 71 Mandate und bleibt damit zweitstärkste Fraktion im Nationalrat. Der Landbund, der in allen Bundesländern außer Wien kandidiert, schafft auch den Einzug in den Nationalrat und erhält 6,33% der Stimmen und 9 Mandate. Ignaz Seipel bleibt Bundeskanzler.
Am 14. Juli 1927 verbreitet sich am Abend die Nachricht über das "Schattendorfer Urteil", mit dem ein Geschworenengericht drei Mitglieder der "Frontkämpfervereinigung Deutsch-Österreichs" freigesprochen hatte, die im burgenländischen Schattendorf bei einem Zusammenstoß mit Sozialdemokraten zwei Menschen erschossen hatten, nämlich einen 40-jährigen kroatischen Hilfsarbeiter und ein 6-jähriges Kind.
Am 15. Juli 1927 folgen große Demonstrationen vor dem Justizpalast. Johann Schober, der seit seinem Rücktritt wieder Polizeipräsident in Wien ist, ersucht Bürgermeister Karl Seitz, das Bundesheer gegen die "Unruhen" einzusetzen, da die Polizei für derartige Aufgaben nicht gerüstet sei. Seitz verweigert den Einsatz des Heeres, ebenso wie Heeresminister Carl Vaugoin.
Daher fordert Schober, als die erregte Menge beginnt, in den Justizpalast einzudringen, Gewehre aus Heeresbeständen an und rüstet die Polizei damit aus. In der Zwischenzeit legt ein Unbekannter Feuer im Justizpalast. Schober kündigt an, bei weiterer Behinderung der Feuerwehr, welcher zuvor der Zugang zum Gebäude verwehrt worden ist, und deren Schläuche immer wieder durchschnitten worden sind, den Platz mit Waffengewalt räumen zu lassen. Der Wiener Bürgermeister Karl Seitz versucht ebenso erfolglos wie Theodor Körner die Menge zum Abzug zu bewegen. Körner kann eine Reihe von eingeschlossenen Polizisten trickreich unerkannt aus dem Gebäude führen und retten.
Der Tag endet nach Polizeiangaben mit 89 toten Demonstranten, vier toten Sicherheitswachbeamten und einem toten Kriminalbeamten. 120 Polizisten erleiden schwere, 480 leichte Verletzungen, während 548 Zivilisten Verwundungen erleiden. Die Folgen werden von der Regierung Seipel als unvermeidlich und von Gegnern wie Karl Kraus (Plakattext: "Ich fordere Sie auf, abzutreten.") als unverzeihlich betrachtet. Das in der Folge völlig vergiftete politische Klima ist nach allgemeiner Ansicht ein erster Schritt in den austrofaschistischen Staatsstreich und den "Bürgerkrieg" von 1934, die die Demokratie in Österreich gegenüber dem Nationalsozialismus letztendlich hilflos machen und sie für 11 Jahre zerstören werden.
Am 26. Juli 1927 erklärt Bundeskanzler Seipel vor dem Nationalrat: "Verlangen Sie nichts vom Parlament und von der Regierung, das den Opfern und den Schuldigen an den Unglückstagen gegenüber milde erscheint, aber grausam wäre gegenüber der verwundeten Republik." Seipels Erklärung folgt eine kontroversielle und heftige Parlamentsdebatte. Die oppositionelle SAPD greift die Formulierung auf, verknüpft sie mit der Kritik am beschriebenen Polizeieinsatz, den allerdings weniger Seipel als vielmehr der Ex-Kanzler und nun wieder Polizeipräsident Schober zu verantworten hat. In der Folge wird Seipel in den oppositionellen Medien häufig "Prälat ohne Milde" und sogar "Blutprälat" genannt. Was Seipel mit "grausam gegenüber der verwundeten Republik" gemeint hat, ist bis heute weniger klar.
1927 ist auch das Jahr, im dem der Industriellensprössling Bruno Kreisky vom Verband Sozialistischer Mittelschüler zur Sozialistischen Arbeiterjugend (SAJ) wechselt.
Am 10. Dezember 1928 wird Wilhelm Miklas, CSP, von der Bundesversammlung als Nachfolger von Michael Hainisch zum zweiten Bundespräsidenten Österreichs gewählt. Zuvor war Miklas von 1923 bis 1928 Präsident des Nationalrates gewesen.
Am 4. April 1929 tritt Ignaz Seipel als Bundeskanzler zurück und führt die Geschäfte noch bis 4. Mai 1929 weiter. Ernst Streeruwitz folgt ihm als Regierungschef nach. Insgesamt sind fünf Bundesregierungen der Ersten Republik unter Seipels Leitung gestanden. Seipel bleibt aber vorerst Clubobmann der CSP.
Mit der Regierungsform der parlamentarischen Demokratie ist Seipel nie glücklich gewesen. Er ist der Motor hinter der geplanten Stärkung der Rolle des Bundespräsidenten, wie sie erst nach seinem Rücktritt beschlossen werden wird und die er selbst noch mit der SDAP ausgehandelt hat. Vermutlich sieht er die ganze Zeit sich selbst als künftigen Träger des Amtes. Darüber hinaus propagiert er immer wieder unter dem politischen Schlagwort der „wahren Demokratie“ eine Säuberung des Systems vom "Übel der Parteinherrschaft", was konkret das "Übel der Parlamentsherrschaft" meint.
Man kann sich die Art paternalistische Demokratie vorstellen, die Seipel anstrebt, wenn man die von ihm selbst publizierten Worte aus einer Rede, die er in Tübingen gehalten hat, liest:
"Ich selbst messe der bloßen Reform des Wahlrechts und der Wahlordnung keine allzu große Bedeutung bei; ich sehe die Wurzel des Übels in der Art der Parteienherrschaft, wie sie sich in den Zeiten der konstitutionellen Monarchie entwickelt hat und nach dem Wegfall der monarchischen Korrektur ungehemmt in die Halme geschossen ist. Nach meiner Ansicht rettet jener die Demokratie, der sie von der der Parteienherrschaft reinigt und dadurch erst wieder herstellt."
Streeruwitz, ein studierter Maschinenbauer, im ersten Weltkrieg Offizier, bis zur Aufhebung des Adels 1919 Ritter von Streeruwitz und danach Industriemanager, ist von 1923 bis 1934 für die CSP Abgeordneter zum Nationalrat, er bleibt nur wenige Monate im Bundeskanzleramt. Er wird später ein Befürworter des autoritären Ständestaates und auch des "Anschlusses Österreich" an das Deutsche Reich sein.
Ernst Streeruwitz hat ein "Bankhaftungsgesetz" entworfen und im Nationalrat durchgebracht. Er hat auch als Regierungsbevollmächtigter anlässlich des Zusammenbruches der Zentralbank deutscher Sparkassen in der Republik Österreich fungiert und als solcher den "Run" auf die Zentralbank beenden können, wodurch die Reserven einer großen Anzahl von Spar- und Genossenschaftskassen gerettet worden sind. Nachdem er die Reorganisation der Landeshypothekenbank für Niederösterreich als Oberkurator erledigt hat, wird auf seinen Antrag hin auch eine Landeshypothekenanstalt für das Burgenland errichtet.
Im September 1929 leitet Streeruwitz in Genf die Verhandlungen zur Befreiung der Republik Österreich von den Reparationsverpflichtungen aus dem Ersten Weltkrieg. In der Zwischenzeit spitzen sich in Wien die innenpolitischen Verhältnisse, v.a. durch die fortlaufende Stärkung der Heimwehr, deutlich zu.
Am 1. Juli 1929 stirbt Jodok Fink in Andelsbuch. Er hat fast die ganzen 20er Jahre hindurch als Clubobmann der CSP im Nationalrat mit an den Fäden der Republik gezogen und gilt bis zu seinem Tod als "Ministermacher" und "Brückenbauer" über die ideologischen Grenzen hinweg.
Am 25. September 1929 tritt Bundeskanzler Streeruwitz, ausgelöst durch die Rücktrittsankündigung seines Finanzministers Dr. Mittelberger, als Bundeskanzler zurück und schlägt den früheren Bundeskanzler Schober als seinen Nachfolger vor. Streeruwitz hat zuvor eine umfassende Verfassungsreform zur Entspannung der Lage geplant, sich aber plötzlich vor Schwierigkeiten gestellt gesehen, die er mit seinem Kabinett nicht mehr lösen zu können glaubt.
Am 26. September 1929 wird Schober zum 3. Mal Bundeskanzler und bildet eine Regierung mit parteilosen, christlichsozialen, großdeutschen Ministern auf der Basis einer "Bürgerblock"-Koalition aus CSP, GdVP und LBd (Landbund für Österreich).
Im Herbstsemester 1929 beginnt Bruno Kreisky an der Universität Wien das Studium der Rechtswissenschaften. Er hat ursprünglich Medizin studieren wollen. Otto Bauer, den Kreisky im gleichen Jahr kennenlernt, überzeugt ihn jedoch mit den Worten: "Die Partei braucht gute Juristen." Kreisky wird während der Februarkämpfe 1934 gegen die autoritäre Regierung Dollfuß an der Verteilung von Propagandamaterial beteiligt sein.
Am 7. Dezember 1929 wird vom Parlament einstimmig eine schon länger verhandelte Verfassungsreform beschlossen, durch die der Bundespräsident mehr Rechte erhält. Seither wird der Bundeskanzler nicht mehr vom Nationalrat gewählt, sondern vom Bundespräsidenten mit der Regierungsbildung beauftragt und bei Erfolg zum Bundeskanzler ernannt. Dieser Ernennungsmacht steht gegenüber, dass der Nationalrat den Bundeskanzler durch ein Misstrauensvotum abberufen kann. Bundespräsident Miklas wird bis zum Ende seiner Amtszeit (1938) mit den neuen Machtmitteln nicht viel anfangen.
Am 20. Jänner 1930 beendet Johand Schober in Genf die von Bundeskanzler Streeruwitz begonnenen Verhandlungen über die Österreich auferlegten Reparationszahlungen erfolgreich.
Am 6. Februar 1930 unterzeichnet er einen Freundschaftsvertrag zwischen Österreich und dem faschistischen Italien und schließt in der Folge ein Handelsabkommen mit dem noch demokratischen Deutschen Reich.
Im April 1930 tritt General Theodor Körner, der spätere Bürgermeister von Wien und Bundespräsident, formell aus dem Republikanischen Schutzbund aus, nachdem er zuvor einen langdauernden Richtungsstreit über die Ausrichtung der Organisation verloren hatte. Körner wollte den Schutzbund, vereinfacht gesagt, als politische Organisation mit einer, für den äußersten Notfall vorgesehenen Guerillataktik, seine anderern Führer, Deutsch und Eifler, ihn mehr als militärischen Arm der Arbeiterbewegung mit Paraden und militärischem Pomp sehen.
"Ich war absolut", wird Körner rückblickend feststellen, "gegen das ganze geschlossene Exerzieren, die ständigen Bereitschaften in den Arbeiterheimen, gegen die Terrainübungen und das ganze bombastische Getue, das die Bürgerlichen erschreckte. Es war doch ganz selbstverständlich, dass demgegenüber die Staatsgewalt sich vorbereitete und zuletzt auch die Heimwehr zur Notpolizei machte."
Am 25. September 1930 zwingt der Rücktritt des christlichsozialen Vizekanzlers Carl Vaugoin im Zuge der Strafella-Affäre um die Besetzung des Generaldirektors der ÖBB Schober, mit seiner Regierung zu demissionieren. GdVP und Landbund glauben, der rechte Flügel der CSP um Ignaz Seipel, Viktor Kienböck und Richard Schmitz hätte leichtfertig eine Regierungskrise herbeigeführt, um eine Umbildung der Regierung ohne Schober zu erreichen. Sie erklären daher den Koalitionspakt für gebrochen und stehen für keine neue Koalition zur Verfügung.
Am 30. September 1930 bildet Carl Vaugoin eine Minderheitsregierung der CSP, die aber schon in ihrer ersten Sitzung beschließt, einem drohenden Misstrauensvotum zuvor zu kommen und Bundespräsident Wilhelm Miklas die Auflösung des Nationalrats vorzuschlagen. Die Regierung Vaugoin führt die Geschäfte noch bis 4. Dezember.
Am 1. Oktober 1930 löst Präsident Miklas den Nationalrat auf, die Nationalratswahlen werden für den 9. November angesetzt.
Am 9. November 1930 wird die SDAP wird bei der Nationalratswahl, der letzten demokratischen Wahl der Zwischenkriegszeit, mit 72 von 165 Mandaten und 41,14% der gültigen Stimmen noch einmal in der 1. Republik stimmen- und mandatsstärkste Partei. Die CPS verliert 12,55 Prozentpunkte und kommt auf 35,65% der Stimmen und 66 Mandate. GdP und LB haben gemeinsam kandidiert, gewinnen 5,50 Prozentpunkte dazu und erhalten 12,80% der Stimmen und 19 Mandate. Der Heimatblock kandidiert erstmals und erreicht 6,17% und 8 Mandate. Die NSDAP verfehlt mit 3,03% der Stimmen den Einzug ins Parlament. Die KPÖ und andere Splitterparteien haben keine Bedeutung.
Die CSP hat vor der Wahl in Wien, Niederösterreich und Teilen des Burgenlands eine Wahlpartei mit den dortigen Heimwehrlandesorganisationen um deren Landesführer Emil Fey, Julius Raab und Michael Vas gebildet. Die GdVP ist unter dem Listennamen Nationaler Wirtschaftsblock mit dem Landbund eine Wahlallianz eingegangen. Johann Schober hat seinen "Expertenstatus" hinter sich gelassen und tritt als Listenführer der Wahlallianz, die dewswegen auch Schober-Block genannt wird, an. Die restliche Heimwehr hat mit dem Heimatblock binnen kürzester Zeit eine eigene politische Partei aus dem Boden gestampft.
Am 4. Dezember 1930 wird Otto Ender, der einzige Vorarlberger bis heute, als Bundeskanzler der Republik Österreich angelobt. Ender ist zuvor Landeshauptmann in seinem Heimatland gewesen und hat dort 1926 trotz eines Zenzurverbots in der österreichischen Bundesverfassung 1926 widerrechtlich die Aufführung des Films Panzerkreuzer Potemkin verhindert. Zuvor hatte die CSP mit der GdVP und dem Landbund wieder eine Koalition gebildet, um weiterhin die Regierung stellen zu können. Johann Schober ist in der Bundesregierung Ender Vizekanzler und Außenminister.
Im Laufe des Jahres 1931 tritt Bruno Kreisky im Alter von 20 Jahren aus der Israelitischen Kultusgemeinde aus. Nach dem 2. Weltkrieg wird Kreisky sich oft als Agnostiker bezeichnen.
Vizekanzler Schober beginnt im März 1931, mit dem deutschen Außenminister Julius Curtius geheime Verhandlungen über eine Zollunion zu führen.
Am 17. März 1931 bringt die Neuen Freien Presse eine Meldung zur Unterzeichnung des ausgehandelten Vertrags über eine Zollunion zwischen der Republik Österreich und dem deutschen Reich. Frankreich, Italien und die Tschechoslowakei legen Proteste gegen den Vertrag ein.
Am 18. März 1931 wird Engelbert Dollfuß, der nie als Abgeordneter in den Nationalrat gewählt worden ist, von Bundeskanzler Ender als Nachfolger für den bisherigen Landwirtschaftsminister Andreas Thaler in sein Kabinett geholt und als Minister angelobt.
Engelbert Dollfuß ist Mitglied der K.Ö.H.V. Franco-Bavaria Wien, die während seines Studiums noch im Cartellverband (CV) organisiert ist. 1919 ist Dollfuß Mitbegründer der Deutschen Studentenschaft in Wien gewesen. Die Mitgliedschaft im Cartellverband prägte Dollfuß’ politische Orientierung. Als Führer der Vaterländischen Front wird Dollfuß wichtige Ämter bevorzugt mit Mitgliedern des CV besetzen. 1920 hat Dollfuß als Vertreter der Franco-Bavaria auf der Generalversammlung des CV den, in der folgenden Abstimmung abgelehnten, Antrag gestellt, dass Mitglieder aller CV-Verbindungen „deutsch-arischer Abstammung, nachweisbar bis auf die Großeltern“ sein müssen, also bis zur Generation der Großeltern keine jüdischen Vorfahren haben dürften.
Am 19. März 1931 wird der Zollunions-Vertrag mit dem Deutschen Reich trotz der Proteste unterzeichnet, aber nie ratifiziert.
Am 16. Juni 1931 ist die Amtsperiode der Bundesregierung Ender schon wieder Geschichte. Die Regierungskoalition ist wegen des Zusammenbruchs der Creditanstalt, der damals größten Bank Österreichs auseiandergebrochen. Mit den ersten beiden sogenannten Credit-Anstalt-Gesetzen hat die Republik die Haftung für diverse Verbindlichkeiten der Creditanstalt übernommen. Ender hat für die Lösung der Krise eine Reihe von Sondervollmachten verlangt, die ihm ein autoritäres Regieren ermöglichen sollen. Der Nationalrat hat ihm die Vollmachten aber nicht gewährt. Nach seinem Rücktritt wird Ender noch 3 Jahre, vom 14. Juli 1931 bis 24. Juli 1934, wiederum als Landeshauptmann von Vorarlberg amtieren.
Am 20. Juni 1931 wird die Bundesregierung Buresch angelobt. Schober ist wieder Vizekanzler und Außenminister. Die Angriffe aus der CSP auf seine Person werden aber immer stärker. Engelbert Dollfuß bleibt in dieser Regierung Landwirtschaftsminister. Karl Buresch ist zuvor Landeshauptmann von Niederösterreich gewesen.
Am 3. September 1931 erklärt Außenminister Schober vor dem Völkerbund in Genf, die Zollunion sei ungültig und werde nicht mehr weiter verfolgt.
Am 27. Jänner 1932 tritt Johann Schober mit der GdVP aus der Koalitionsregierung Buresch aus.
Am 24. April 1932 verlieren GdVP, Landbund und Heimatblock bei verschiedenen Landtagswahlen fast alle Stimmen an die österreichische NSDAP und erreichen in den Landtagen keine Mandate mehr.
Am 28. April 1932 stellt die SDAP im Parlament einen Antrag auf Auflösung des Nationalrats, was bei Erfolg Neuwahlen bedeuten würde. Dem kommt die Regierung Buresch durch Rücktritt zuvor.
Am 10. Mai 1932 wird Engelbert Dollfuß von Bundespräsident Wilhelm Miklas mit der Bildung einer neuen Regierung beauftragt.
Dollfuß macht nun sowohl dem Schoberblock als auch der SDAP Koalitionsangebote. Schober lehnt ab. Seine politische Karriere ist damit zu Ende. Auch die SDAP lehnt eine Koalition ohne Neuwahlen ab und bleibt bei ihrer bestehenden Forderung nach solchen.
Am 20. Mai 1932 bildet Dollfuß, um Neuwahlen zu verhindern, eine Koalition mit dem Landbund und dem Heimatblock. Zusammen verfügen CSP, LB und HB über 83 von 165 Stimmen im Nationalrat. Dollfuß übernimmt neben dem Kanzleramt das Außenministerium und behält auch das Landwirtschaftsministerium. Dollfuß wird auch als Bundeskanzler nicht Mitglied der Bundesleitung der CSP.
Am 2. August 1932 stirbt Ignaz Seipel im Sanatorium Wienerwald. Seine Gesundheit war durch eine Diabetes und die Folgen des Attentats von 1924 sehr geschwächt gewesen.
Am 3. August 1932 widmet Otto Bauer ihm einen Nachruf in der Arbeiter-Zeitung, in welchem er Seipel eine "ehrliche innere Überzeugung" bescheinigt:
"Er hat uns mit allen Mitteln und allen Waffen bekämpft, wir ihn auch. Daß er kein Mann des Kompromisses, sondern ein Mann war, der sich nur im rücksichtslosen Kampf wohl fühlte, mag oft, mag insbesondere in den Jahren seit 1927, eine Quelle des Unglücks für das Land gewesen sein; aber wer selbst ein Kämpfer ist, der wird auch die echte Kämpfernatur im Lager des Gegners die menschliche Achtung nicht versagen. Nun ist er tot; die bürgerlichen Parteien haben keine Persönlichkeit, die sich über die Mittelmäßigkeit erhöbe. An seiner Bahre können auch wir von ihm sagen: er war ein Mann, nehmt alles nur in allem. Der Soldat verweigert dem gefallenen Feind die letzten militärischen Ehren nicht. So schicken wir auch dem großen Gegner drei Salven über die Bahre."
Die Parteibasis der SAPD nimmt den Nachruf mit großem Unverständnis auf. Bauer sieht sich veranlasst, in einem weiteren Artikel auf die Unterschiede zwischen "Gefühlssozialisten und geschulten Marxisten" hinzuweisen. Während der Gefühlssozialist den Kapitalisten und die Wortführer der kapitalistischen Welt hasse, begreife der Marxist seine Gegner als Geschöpfe einer feindlichen Gesellschaftsordnung. Seipel "ist uns, eben weil wir Marxisten sind, deshalb, weil er uns bekämpft hat und wir ihn bekämpft haben, nicht ein Bösewicht, sondern das Geschöpf der Verhältnisse, das er sozial bleibt, so sehr er sich auch subjektiv über sie erheben mag."
Jahrzehnte später sollte Bruno Kreisky in seiner Autobiographie bezüglich des Verhältnisses Seipel-Bauer die SAPD heftig kritisieren. Seipel und Dollfuß hätten 1931 und 1932 der SAPD Koalitionsangebote gemacht, die Bauer, ihr führender Kopf aber mit Zustimmung von Seitz und Renner abgelehnt habe, was ein schwerer Fehler gewesen sei. Nach Kreiskys Meinung sei das die letzte Chance zur Rettung der Demokratie in Österreich gewesen. Aus heutiger Sicht hat man den Eindruck, dass die SPÖ aus dieser Einschätzung Kreiskys nur die Lektion gezogen hat, man müsse nach jeder Wahl eine Regierungsbeteiligung anstreben und, wenn möglich, unbedingt in eine Koalition eintreten.
Am 19. August 1932 stirbt Johann Schober in Baden bei Wien im Alter von nur 57 Jahren. Sein Grab befindet sich auf dem Friedhof in Perg im oberösterreichischen Mühlviertel.
Am 4. März 1933 löst der Rücktritt aller drei Nationalratspräsidenten eine parlamentarische Geschäftsordnungskrise aus. Der christlichsoziale Kanzler Engelbert Dollfuß nutzt sie zu einem Staatsstreich. Die Regierungspropaganda spricht von der „Selbstausschaltung des Parlaments“, in Wirklichkeit tut Dollfuß aber alles, um dessen Wiederzusammentreten zu verhindern.
Nun zeigt sich, dass die Verfassung von 1920 mit der Novelle von 1929, die dem Bundespräsidenten die Stärkung durch Volkswahl und viele neue Befugnisse beschert hat, für sich genommen ohne die richtige Person in diesem Amt, ohne die verbindliche innere Befürwortung durch die große Mehrheit der politischen Elite und ohne die Kompetenz der Parteiführungen, die Verfassung intelligent zu handhaben, nicht viel bewirken kann.
Bundespräsident Miklas unterlässt es, von der Bundesregierung den nötigen Vorschlag zur Auflösung des Nationalrates und zu Neuwahlen einzufordern oder aber die untätige Regierung durch eine neue verfassungstreue zu ersetzen, was ihm nach der Verfassungsnovelle von 1929 leicht möglich wäre. Er beruft weder den Nationalrat trotz schriftlicher Aufforderung durch die Opposition wieder ein, noch setzt er sonst den verfassungswidrigen Aktionen der Regierung irgendetwas entgegen.
Er unterlässt es auch, von der Regierung die gesetzlich vorgeschriebenen Vorschläge zur Besetzung vakanter Richterposten im Verfassungsgerichtshof einzufordern. Er ist damit hauptverantwortlich für die Lahmlegung einer weiteren Verfassungsinstanz. In sein Tagebuch allerdings schreibt er: "Ist das noch ein Rechtsstaat? Nach der Zerstörung des Parlaments jetzt auch noch die Zerstörung des Verfassungsgerichtshofs. Das soll ein katholisches Gewissen aushalten!"
Dollfuß beruft im September 1933 den früheren Kanzler Ender als Bundesminister im Bundeskanzleramt und ohne Portefeuille in sein Kabinett. Ender erhält den Auftrag, eine neue Verfassung auszuarbeiten. Er bleibt gleichzeitig Landeshauptmann und pendelt regelmäßig zwischen Bregenz und Wien.
Am 10. Februar 1934 zerschlägt die Regierung Dollfuß den Republikanischen Schutzbund zuerst in Linz, dann in Wien und in ganz Österreich. Sie errichtet die austrofaschistische Diktatur und verbietet alle Parteien.
Am 12. Februar 1934 wird das Standrecht per Notverordnung auch für den Tatbestand des "Aufruhrs" verkündet, so dass Schutzbündler, die bewaffnet gefangen genommen werden, durch Standgerichte zum Tode verurteilt werden können. Der deutsche Politikwissenschaftler Everhard Holtmann kritisiert in seiner Darstellung diese Standgerichtsbarkeit: ""Im Verfahren gegen Emmerich Sailer, Josef Kastinger und drei weitere Schutzbündler aus Wien-Margareten habe sich das Standgericht beispielsweise auf die polizeilichen Angaben gestützt, obwohl die Angeklagten davon berichten, dass ihre 'Geständnisse' gewaltsam erzwungen worden sind." Holtmann sieht in den Sprüchen der involvierten Richter wie z.B. in den Todesurteilen gegen Sailer und Kastinger "nicht etwa nur simple prozessurale Fahrlässigkeit, sondern Voreingenommenheit und eine über die institutionalisierten Unterdrückungsmechanismen hinausweisende, subjektive Bereitschaft, dem Regime bei der gewaltsamen und rechtswidrigen Ausschaltung der sozialdemokratischen Arbeiterbewegung mittels tendenziöser Rechtsprechung zu assistieren".
Insgesamt verurteilen die Standgerichte 24 Personen zum Tode, von denen 15 später begnadigt werden. 9 Personen, teils prominente Schutzbündler, werden hingerichtet.
Am 12. Februar 1934 flüchten viele Führungspersonen von SAPD und Republikanischem Schutzbund, u.a. Otto Bauer und Julius Deutsch, in die Tschechoslowakei, was von den Vertretern des Ständestaates propagandistisch ausgewertet wird, aber auch so bei den zurückgebliebenen Mitgliedern der SAPD für eine große Enttäuschung sorgt und den Ruf v.a. Bauers und Deutschs sehr schadet. Bauer sollte den Krieg nicht überleben, Deutsch schon, dafür aber nach dem 2. Weltkrieg trotz seiner Rückkehr aus dem Exil keine wichtige politische Rolle mehr spielen können. Auch die geistige Verarbeitung dieser Flucht trägt sicher antisemitische Züge, da die "Verurteilung" Bauers und Deutschs und ihrer Politik sich ganz einfach auf antisemitische Vorurteile stützen kann. Danach ist die Opposition größtenteils ausgeschaltet und der Weg frei zur offiziellen Errichtung des Ständestaats.
Am 18. Februar 1934 nimmt Bruno Kreisky, der nicht geflohen ist, an einem Treffen ehemaliger SAJ-Funktionäre im Wienerwald teil, wo die Revolutionäre Sozialistische Jugend (RSJ) unter der Leitung von Roman Felleis und Kreisky gegründet wird. Kreisky nimmt auch mehrfach an Treffen der nun illegalen SDAP in der Tschechoslowakei teil.
Am 1. Mai 1934 tritt die neue autoritäre Verfassung, die sogenannte Maiverfassung in Kraft und aus der Republik Österreich wird der Bundesstaat Österreich. Alle Parteien außer der Vaterländischen Front (VF) als Einheitspartei werden verboten, sodass alle folgenden Regierungen formal VF-Regierungen sind. Der federführende Autor der Verfassung, Otto Ender bezeichnet die Inkraftsetzung seines Entwurfs als "Verfassungsbruch", lässt sich aber gerne für den Verfassungsbruch mit der Rechnungshofpräsidentschaft während der gesamten Existenz des Bundesstaats Österreich "belohnen". Das "Volk", als dessen Vertreter Ender sich zeitlebens sieht, sei "noch nicht reif für die Demokratie" gewesen.
In einer Wahlkampfrede 1928 hat Ender einerseits in Feldkirch und Bregenz lebende jüdische Kaufleute und Bankiers lobend erwähnt, andererseits gleichzeitig ganz allgemein vor "dem Juden", der "heute in fast allen europäischen Staaten die Finanzen" kontrolliere und bestrebt sei, "die Kontrolle des Parlaments zu übernehmen und selbst die Kontrolle der Regierung" gewarnt.
Nach dem 1. Weltkrieg ist Engelbert Dollfuß in Wien Mitglied der katholisch-deutschnationalen Deutschen Gemeinschaft gewesen, der auch Arthur Seyß-Inquart angehört hat. Diese Gruppe hat sich zwar 1930 aufgelöst, aber im Juli 1934 nimmt Dollfuß erneut Verbindung zu Seyß-Inquart auf, um Zugang zum deutschnationalen Lager zu finden. Es kommt zu zwei Treffen Dollfuß' mit Seyß-Inquart in Mattsee und Wien.
Am 25. Juli 1934 wird Engelbert Dollfuß im Zuge eines nationalsozialistischen Putschversuchs ermordet, Kurt Schuschnigg wird Bundeskanzler und damit Führer der Vaterländischen Front und des Bundesstaats Österreich. Am 11. März 1938 wird Schuschnigg unter dem politischen und militärischen Druck des NS-Regimes des 3. Deutschen Reichs seinen Rücktritt erklären und den Weg für den „Anschluss“ freimachen.
Am 30. Jänner 1935 wird Bruno Kreisky in der Wohnung seiner Eltern verhaftet und kommt für 15 Monate ins Gefängnis. In der Untersuchungshaft lernt er vom Ständestaat verfolgte Nationalsozialisten kennen. Dies soll manchen Beobachtern zufolge dazu geführt haben, dass Kreisky persönlich und politisch nach dem 2. Weltkrieg ehemalige Austrofaschisten, von denen es in der ÖVP noch viele gibt, heftiger ablehnt als ehemalige Nationalsozialisten.
Nach dem „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich am 13. März 1938 gibt Karl Renner dem Neuen Wiener Tagblatt ein vom NS-Staat autorisiertes Interview, das am 3. April 1938 erscheint. In dem Beitrag mit dem Titel „Ich stimme mit Ja“ erklärt er: "Obschon nicht mit jenen Methoden, zu denen ich mich bekenne, errungen, ist der Anschluß nunmehr doch vollzogen, ist geschichtliche Tatsache, und diese betrachte ich als wahrhafte Genugtuung für die Demütigungen von 1918 und 1919, für St-Germain und Versailles. Ich müßte meine ganze Vergangenheit als theoretischer Vorkämpfer des Selbstbestimmungsrechtes der Nationen wie als deutschösterreichischer Staatsmann verleugnen, wenn ich die große geschichtliche Tat des Wiederzusammenschlusses der deutschen Nation nicht freudigen Herzens begrüßte. […] Als Sozialdemokrat und somit als Verfechter des Selbstbestimmungsrechtes der Nationen, als erster Kanzler der Republik Deutschösterreich und als gewesener Präsident ihrer Friedensdelegation zu St-Germain werde ich mit Ja stimmen."
Renner hat zuvor sogar eine aktive Ja-Kampagne angeboten. Er hat dazu den Wiener NS-Bürgermeister Hermann Neubacher angeschrieben: "Ja, ich möchte sie bitten, dass sie mir die Möglichkeiten verschaffen, entweder in der Zeitung oder in Aufrufen, die man auf Plakaten drucken könnte, die alten Sozialdemokraten Wiens in meinem Namen aufzurufen, am 10. April für Großdeutschland und Adolf Hitler zu stimmen." Die NS-Machthaber lehnen eine so weitgehende Hilfe eines prominenten "Roten" jedoch ab und begnügen sich mit dem einen Zeitungsinterview.
Sowohl 1938 wie auch noch nach 1945 sagt Renner selbst, dass er die Erklärungen aus freien Stücken abgegeben habe. In der englischen World Review begründet er seine Zustimmung, kritisiert aber gleichzeitig Zwänge eines militärischen Staatssozialismus und ein "umfassendes Rassenregime". Man kann nicht anders als verwundert zur Kenntnis nehmen, dass dieser Mann zwar 2 mal an allererster Stelle an der Gründung der demokratischen Republik Österreich beteiligt gewesen ist aber auch 2 mal freiwillig, teils aus Ablehnung, aber auch aus Ungeschicklichkeit und Dummheit massiv an ihrer Zerstörung mitgewirkt hat.
Renner gehört sicher zu der Strömung der österreichischen Sozialdemokratie mit einer ganz starken, heutzutage von der SPÖ und ihren Freunden gerne verschwiegenen, deutschnationalen Komponente in ihrem Denken. Diese Komponente hatte schon der jüdische Gründer der österreichischen Sozialdemokratie, Viktor Adler, mitgebracht. Auch beim austromarxistischen jüdischen Vizevorsitzenden Otto Bauer, der in der parlamentarischen Opposition von 1920 bis 1934 den größten ideologischen Einfluss hat, lässt sich dieser Zug leicht erkennen.
Viele Äußerungen Renners in Parlamentsprotokollen sind verschiedentlich benutzt worden, um ihm auch Antisemitismus vorzuwerfen. Die Historiker Robert Knight und Oliver Rathkolb relativieren das allerdings. Knight will Renner "nicht glatt als Antisemiten bezeichnen, weil es gar nicht der Kern seiner Weltanschauung war. Er war nicht ein ideologischer Antisemit im Unterschied zu Kunschak oder Lueger. Es scheint mir klar, dass Renner das Judentum nicht als Kollektiv angegriffen hat.
" Und Rathkolb schreibt: "Es gibt einen Unterschied zwischen antisemitischen Zurufen in einer Debatte durch Renner, die teilweise, aber nicht immer, provozierend gegen Leopold Kunschak gemeint waren, und Luegers Strategie. Das Gesamtprofil des Antisemitismus eines Lueger mit Renners gleichzusetzen, ist schlicht und einfach falsch."Die beiden erwähnten Historiker-Zitate stammen aus einer Debatte, die der ehemalige Landeshauptmann von Salzburg, Franz Schausberger von der ÖVP, mit einem Artikel, in dem er aus dem Zusammenhang gerissene Sätze aus einer parlamentarischen Rede Renners benutzt hatte, um nachzuweisen, dass Renner nicht nur deutschnational, sondern aus massiv antisemitisch gewesen sei. Diesen Artikel eines gebildeten und demokratischen ÖVP-Führes kann man leider nicht anders auffassen, denn als x-ten Entlastungsangriff mit dem Zweck, den programmatischen Antisemitismus und die Demokratiefeindlichkeit der Partei, aus der die ÖVP hervorgegangen ist, zu relativieren.
Dem steht gegenüber, dass historisch gebildete Sozialdemokratinnen und -demokraten diese Eigenschaften der CSP, die nach dem Krieg ja auch nicht einfach verschwunden sind, sondern umgewandelt bis heute weiterleben, benutzen, um ihre eigenen demokratischen Defizite auszublenden und die deutschnationlen Züge ihrer Vorkriegsmutterpartei zu übertünchen. Am schönsten zeigen sich all diese Momente der österreichischen Demokratie immer wieder bei den Debatten um die Schaffung, Streichung und Umbenennung von Straßen- und Platznahmen in unseren schönen Städten und Dörfern.
Die erwähnte Rede hat Renner im Herbst 1920 im Nationalrat gehalten. Er kritisiert darin, sozusagen als "abgesägter" Staatskanzler die neue bürgerliche Regierung und fordert sie ironisch auf "die Judenfrage zu lösen". Ebenso prangert er die Versäumnisse der Wiener CSP-Stadtregierung bei der Integration der galizischen Jüdinnen und Juden in Wien an. Am nächsten Tag lobt die jüdische Zeitschrift "Die Wahrheit" die "denkwürdige Rede Dr. Renners" so: "nie wurde mit weniger Worten mehr Wahrheit über den Wiener Antisemitismus gesagt".
Schausberger hat diesen ganzen Kontext in seinem Artikel weggelassen. Man kann heute mit den rhetorischen Tricks und der grenzwertigen Ironie Renners nicht mehr einverstanden sein, sollte aber keinesfalls vergessen, dass sich niemand mehr die Körpergefühls-, Sprech- und Gedankenwelt der Menschen in den ersten 30 Jahren des 20. Jahrhunderts vorstellen kann. Auch dann nicht, wenn man dutzende Bücher gelesen und jede Menge Filme gesehen hat, die in dieser Zeit gedreht wurden oder handeln. Man kann darüber nur im Kopf etwas wissen und sollte sich bewusst sein, dass eigene Gefühle dazu nichts anderes sein können als Ähnlichkeitsprojektionen. Wir wollen hier aber festhalten, dass Deutschnationalismus und Antisemitismus historisch eng verwoben gewesen sind, deswegen aber noch lange nicht unausweichlich zusammengehören.
Am 15. Oktober 1944 nimmt der ungarische Reichsverweser Horthy m it der Roten Armee Waffenstillstandsverhandlungen auf.
Am 16. Oktober 1944 wird er von SS-Truppen gestürzt und auf Schloss Hirschberg am Haarsee in Bayern interniert. Die faschistische Pfeilkreuzlerpartei unter Ferenc Szálasi übernimmt die Regierung in Ungarn.
Am 1. Mai 1945 wird Horthy von der US-Armee befreit. 1948 geht er ins Exil, zunächst in die Schweiz, dann nach Portugal. Er verfasst seine Memoiren, die er unter dem Namen Nikolaus von Horthy 1953 auf Deutsch veröffentlicht. Darin verteidigt er seine revisionistische Außenpolitik und erklärt, nur das Beste für sein Land gewollt zu haben. Er stirbt 1957 in Estoril. Im Juni 2017 lobt der ungarische Ministerpräsident Orbán Horthy als einen „Ausnahmestaatsmann“. Der Verband der jüdischen Gemeinden Ungarns und der Jüdische Weltkongress kritisieren prompt den Reinwaschungsversuch für einen Hitler-Verbündeten. Der Spiegel zitiert den ungarischen Historiker Krisztián Ungváry: "Orbán will seine Wähler bedienen. Die Botschaft ist eindeutig: Wir sind brav, wertvoll und unschuldig. Wer diese Aussagen infrage stellt, ist entweder Jude, Agent des Auslands oder Kommunist."
Es gibt viele Parallelen zwischen der 1. und der 2. Republik, allerdings auch sehr große Unterschiede. Zwar steht Kanzlerin Brigitte Bierlein grundsätzlich dem konservativ-bürgerlichen Bild von der Welt vermutlich nahe, so wie seinerzeit Johann Schober. Dieses Weltbild hat sich in einer Reihe von Grundannahmen vielleicht wenig, in den meisten Einzelheiten und in der Praxis in den vergangenen 100 Jahren erheblich verändert. Die Bundeskanzlerin ist auch kein Polizeipräsident, sondern eine Verfassungsrichterin und, was wohl auch eine Rolle spielt, eine juristisch geprägte Frau und kein militaristisch geprägter Mann. Beides kann man leicht als ziemliche Verbesserung betrachten.
Die historische Bedeutung von Michael Mayr wird wegen seiner Mitarbeit an der österreichischen Bundesverfassung hoffentlich größer bleiben als die von Kurz und Schüssel zusammengerechnet. Van der Bellen und Bierlein sind wahrscheinlich schon jetzt in den Herzen vieler Österreicherinnen und Österreicher mehr gelandet als Hainisch und Schober oder Miklas das je vermochten. 2020 wird es hoffentlich entweder am 1. Oktober (Beschluss) oder am 10. November (Gültigkeit) eine 100-Jahre-Verfassungsfeier geben, die sich gewaschen hat. Jetzt schon ist der Google-Suchtrend für Kelsen besser als lange und dann sollte Herr Kelsen endlich einmal massenhaft hierzulande die Würdigung erfahren, die er immer schon verdient hat.
Die Zeit heilt fast alle Wunden und löscht gnädig fast alle Erinnerungen. Es wäre interessant, jetzt schon zu wissen, wie die aktuelle Geschichte in 100 Jahren erzählt werden wird. Ich wünschte nur, die österreichische Filmwirtschaft hätte nach 1945 den Mut und die Größe besessen, statt Sissi-Filmen Renner-, Mayr- und Kelsen-Filme zu drehen. Die hätte der ORF endlos an verregneten Samstag Nachmittagen senden können und wird hätten uns hierzulande jede Menge vor der Welt peinliche Wahlen, Regierungsbildungen und für den Gefühlshaushalt unangenehme Dinge erspart. Vielleicht wäre die Weitergabe der von der Zeitheilung gebliebenen nationalen, unbewussten Phantomwunden nicht so umfassend gewesen, wie es in der beißenden Realität doch den Anschein hat, geschehen zu sein.
Man wird sich auch fragen, warum sich die Zeiten und politischen Verhältnisse heute langsam aber sicher der Zwischenkriegszeit von 1919 bis 1934 mehr anzunähern und sich von der Nachkriegszeit von 1945-1980 immer mehr zu entfernen scheinen. Wir haben in Europa keinen Krieg hinter uns, Wirtschaftskrisen haben wir, zuletzt jene von 2008, ohne Hyperinflation, Massenarmut bei gleichzeitigem Fehlen eines Sozialsystems und Staatsbankrott, bewältigt. Ein paar Banken hat es erwischt, andere wurden von der politisch-wirtschaftlichen Elite als "too big too fail" eingestuft und mit dem Einsatz von "Volksvermögen" gerettet. Die Glaubwürdigkeit der politischen und medialen Elite hat nachhaltig gelitten, sie aber nicht handlungsunfähig gemacht oder zur Unterstützung von Putschen getrieben.
Die staatstragenden Parteien, die EU-Kommission und die Generaldirektionen in Brüssel haben bei aller Kritik praktisch alles dennoch viel besser gemacht als die verschiedenen Regierungschefs und Staatssekretariate der europäischen Zwischenkriegszeit. Keine einzige rechtspopulistische Partei hat bisher einen einzigen Putschversuch sich vor-, geschweige den unternommen. Sicher hegen in diesen Parteien einige durchgeknallte Kleinfunktionäre solche Fantasien und sprechen heimlich darüber, aber ihre Parteileitungen fressen am Ende immer Kreide und tun fast alles, um "im Verfassungsbogen" und so ministrabel zu bleiben.
Alle führen den Frieden im Mund und keiner bedroht die Nachbarstaaten oder hat vor, Minderheiten im eigenen Land zu massakrieren, höchstens ihnen Geld wegzunehmen oder ihre kriminellen Mitglieder ins Ausland zu verschaffen. Internationale Organisationen sind in vieler Hinsicht mächtiger geworden als nationale Regierungen. Niemand kann aus Nationalismen mehr, so wie in der Zwischenkriegszeit, kurzfristige unfundierte Gewinne ziehen, die man später mit Mord, Totschlag und Verwüstung bezahlen muss.
Der Hass zwischen den Lagern lebt wieder auf oder war vielleicht gar nie verschwunden, sondern nur verborgen. Angeblich ist eine digitale Revolution im Gang, die nicht wenige Leute beängstigt, aber die viele unter den Jungen eher enthusiasmiert, weil sie scheinbar die Macht der Alten untergräbt. Wir haben auf diesen Seiten schon darauf hingewiesen, dass, wenn überhaupt, nach ca. 5-7-tausendjähriger Herrschaft digitaler Codes natürlich eine analog-holistische Rückkehr-Revolution im Gang ist, die sich halt binär-digitaler elektrischer und optischer Technologien bedient.
Auch das ist nach unserer Auffassung etwas, was wir tatsächlich mit den 20-er und 30-er Jahren des vorigen Jahrhunderts teilen. Auch damals war, wenn man schon bei dieser Begrifflichkeit bleibt, ein schwerer, analoger Schub im Gang, bewirkt durch die Einführung des Hörfunks mittels tatsächlich analoger Medien, der sogenannten Radiowellen. Dieses Medium und seine Modulation bedienten wie davor das Telefon und im Gegensatz zum fast rein digitalen Medium Papier mit Alphabetschrift und Rasterbilddruck tatsächlich verschiedener Analog- oder Ähnlichkeitsphänomene, die auf dem Wellenaspekt der materiellen Welt beruhen. In der Wahrnehmung hatte das, einschließlich des ganz und gar digitalen Stummfilms und des Tonfilms mit digitalem Bild und analogem Ton einen mit dem, was heute geschieht, durchaus verwandten Effekt. Die Sichtbarkeit der Abstraktion durch Papier und Schrift begann in den Hintergrund zu treten, die akzentfreien Hochsprachen, die aus der Zeitung, Romanen und geschriebenen Theaterstücken schallten, machten mit regionalen Akzenten geschmückter, massenhaft gehörter Sprache Platz. All das, auch wenn das Vermittelte noch so weit entfernt war, erschien plötzlich wie selbst erlebte, lebendige, gleichzeitige Realität. Das wäre ein Punkt, von dem aus es sich lohnte, weiter nachzudenken.
Man wird natürlich auch die wirtschaftlichen Umstände betrachten müssen. In den letzten Jahren kommen ökonomische Theoretiker wie Praktiker, Wirtschaftspsychologen wie Politikexperten mehr und mehr zur Überzeugung, dass der "grenznutzenoptimierende" bürgerliche Homo oeconomicus, dessen Untergang gescheite Menschen wie Schumpeter, Hajek und Drucker schon in den 30-er Jahren so beredt beschrieben und beweint haben, in vieler Hinsicht eine Fiktion der bürgerlichen ökonomischen Theorie ist. Am Ende eines so langen Textes soll das jetzt nicht weiter ausgewalzt werden. Vielmehr muss es genügen, festzuhalten, dass Risikoeinschätzungen wichtige Elemente von Entscheidungsprozessen sind und sich dabei auch extrem intelligente und gebildete, rationale Menschen wie Universitätsprofessorinnen und Nobelpreisträger aus Fächern mit mathematisch-statistischen Grundlagen erstaunlich oft irren.
Es stellt sich heraus, dass Risikoeinschätzungen, bewusst oder unbewusst, kollektiv erfolgen und dabei versuchen, komplexe Strukturen mit vielen Teilnehmern, wie es Politik und Märkte nun einmal sind, intuitiv auf einfache Verhältnisse zu reduzieren. Risikoeinschätzungen vergleichen mit Erfahrung und versuchen in die Zukunft zu blicken, halten sich aber meist nicht andas, was sie vorne sehen. Vielmehr nehmen sie das Bild im Rückspiegel für den Spiegel der Zukunft. Wie dem auch sei, die Zukunft sah die ganze Zwischenkriegszeit hindurch sehr instabil und unsicher aus, dann lange in der Nachkriegszeit stabil und sonnig und sieht jetzt wieder, trotz aller Appelle an konstruktives und positives Denken und Sprechen wieder unstabil und unsicher aus. Umso mehr dann, wenn man an seine Kinder und Kindeskinder denkt. Und diese Appelle sind für alle, die sich nicht eh schon auf der Siegerstraße wähnen, das, wonach es sich anhört, Appelle und Prep Talk. Für die auf der Siegerstraße sind sie natürlich auch Preptalk und dazu ein Vorhutangriff auf die faulen und neidischen anderen, damit man diese, wenn der Appell, wie leicht vorauszusehen, nichts nützt, umso besser verurteilen kann.
Klar geht es den Leuten in Europa und anderswo zumindest wirtschaftlich und gesundheitlich unvergleichlich besser als 1949, 1919 oder gar die meiste Zeit davor. Wer hätte sich damals schon denken können, dass die Mehrheit der Leute in Europa einen Job hat, andere von den Eltern oder der Pensionskassa versorgt werden, fast alle eine eigene Wohnung haben und in der Mehrheit der Jahre entscheiden müssen, wohin in der Welt sie in Urlaub fahren oder fliegen sollen. Es ist mit der Armut hierzulande sicher nicht ganz so schlimm wie in den USA oder im UK und mit früheren Jahrhunderten gar nicht vergleichbar. Aber spüren, dass es irgendwie nicht mehr so wie in den 50ern, 60ern und 70ern richtig auf- und vorwärts geht, das tun viele schon ihr halbes oder ganzes Leben lang.
plink, nix, praise or blame!Are You Ready For The Darkness, Experts?
Eine Chronik, eine Analyse und ein Ausblick der tinytalk-Redaktion
Vom 19. Oktober bis 1. November 1943 findet die Moskauer Konferenz der drei führenden alliierten Mächte USA, Großbritannien und UdSSR statt. An ihr nehmen die 3 Außenminister Cordell Hull, Jurist und Demokrat aus Tennessee, Robert Anthony Eden, 1. Earl of Avon und Konservativer aus Nordengland, und Wjatscheslaw Michailowitsch Molotow, Redakteur und Kommunist aus Mittelrussland, teil. Die Resultate der Konferenz werden als Moskauer Deklaration, auch Moskauer Erklärung, am 30. Oktober 1943 beschlossen und am 1. November 1943 veröffentlicht.
Es geht darin um die Klärung, zu welchen Bedingungen das Bündnis von USA, Großbritannien und der Sowjetunion in der Endphase des Krieges und in der unmittelbaren Nachkriegszeit trotz der vorhandenen politischen Gegensätze aufrechterhalten werden kann. Der Abschlusstext nennt neben den drei durch ihre Außenminister vertretenen Alliierten der USA, der UdSSR und Großbritanniens in der Einleitung China als weiteren unterzeichnenden Partner. Der Drei-Mächte-Konferenz folgt somit eine gemeinsame Vier-Nationen-Erklärung (Joint Four-Nation-Declaration).
Bezugnehmend auf die Deklaration der Vereinten Nationen 1942 verpflichten sich die Alliierten zu einem weiterhin gemeinsamen Vorgehen gegen die Achsenmächte. Neben diesen grundsätzlichen Bestimmungen enthält die Moskauer Deklaration bereits Ansätze, welche Nachkriegsordnung nach dem angestrebten Sieg der Alliierten angestrebt wird. Konkret wird auf Italien (Declaration Regarding Italy) und Österreich (Declaration on Austria) eingegangen.
Der Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich im März 1938 wird für ungültig erklärt und die Absicht ausgesprochen, nach Kriegsende den Staat Österreich wiederherstellen zu wollen.
"Die Regierungen des Vereinigten Königreiches, der Sowjetunion und der Vereinigten Staaten von Amerika sind darin einer Meinung, dass Österreich, das erste freie Land, das der typischen Angriffspolitik Hitlers zum Opfer fallen sollte, von deutscher Herrschaft befreit werden soll. ... Österreich wird aber auch daran erinnert, dass es für die Teilnahme am Kriege an der Seite Hitler-Deutschlands eine Verantwortung trägt, der es nicht entrinnen kann, und dass anlässlich der endgültigen Abrechnung Bedachtnahme darauf, wieviel es selbst zu seiner Befreiung beigetragen haben wird, unvermeidlich sein wird.
Mit der in Aussicht gestellten Wiederherstellung Österreichs ist die Vorstellung einer Befreiung verbunden, ganz im Gegensatz zum Deutschen Reich, das zu einer bedingungslosen Kapitulation gezwungen werden soll. 1945 wird Österreich tatsächlich in den Grenzen von 1924–38 wiederhergestellt. Die Vertreter aller, wegen der Unterbrechung der Rechtskontinuität durch das 3. Reich und eines aus ehrlichen und opportunistischen Motiven zusammengesetzten Willens zur Distanzierung von der austrofaschistischen und nationalsozialistischen Diktatur neu gegründeten politischen Parteien konstruieren aus dem ersten Satz mit dem Kriegsende einen gesellschaftlichen Konsens, dass tatsächlich "Österreich das erste Opfer" der nationalsozialistischen Aggression gewesen sei, der beim größten Teil der österreichischen Bevölkerung nunmehr, nachdem die ursprünglich weit verbreitete Begeisterung für das 3. Reich und seine nationalsozialistische Politik einer großen Enttäuschung und Ernüchterung gewichen ist, eine sehr positive Aufnahme findet.
Die Alliierten dagegen werden 1945 in der Frage der Behandlung Österreich uneins sein. Die britische Regierung, wird fordern, die Bevölkerung insgesamt zur Verantwortung zu ziehen und eine Reeducation zu betreiben. Im Unterschied dazu ist die Sowjetunion vorrangig an der wirtschaftlichen Kompensation interessiert und will den Staat Österreich daher schnell wiederherstellen und in die Pflicht nehmen.
Am 16. März 1945 beginnt die 3. Ukrainische Front der Roten Armee mit mit der 4. und 9. Gardearmee als Vorhut unter Marschall Fjodor Iwanowitsch Tolbuchin die Wiener Operation mit dem Ziel, einerseits die 6. Armee und die 6. Panzerarmee der Wehrmacht kampfunfähig zu machen und andererseits Wien sowie die östlichen Landesteile Österreichs zu erobern. Am Ende wird die Rote Armee lt. Wikipedia 12.190 Geschütze, 1.318 Panzer und 984 Flugzeuge eingesetzt haben.
Am 29. März 1945 überschreiten sowjetische Panzertruppen die österreichische Grenze (zu dieser Zeit deutsche Reichsgrenze) bei Klostermarienberg im Bezirk Oberpullendorf. Ein Teil der Truppen schwenkt nach Norden auf Wiener Neustadt und Mattersburg zu, ein anderer Teil dahinter bewegt sich über Eisenstadt und Gramatneusiedl Richtung Schwechat. Die 9. Gardearmee unter Generaloberst Glagolew dringt auf dem linken Flügel über Aspang mit drei Schützenkorps durch die Bucklige Welt in Richtung Gloggnitz vor. Wien soll von Westen her umfasst werden.
Am 4. April 1945 meldet das Kommando der 103. Gardeschützendivision der Roten Armee an den Stab der 9. Gardearmee, dass sich der im Auftrag von Josef Stalin gesuchte ehemalige Staatskanzler Karl Renner im Raum Gloggnitz aus eigenem Antrieb gemeldet und sich bezüglich einer von Moskau beabsichtigten raschen Bildung einer österreichischen Regierung zur Verfügung gestellt habe. Renner wird zum Stab der 9. Gardearmee weitergeleitet. Die sowjetischen Truppen weisen Renner nach Rücksprache mit Moskau das Schloss Eichbüchl bei Wiener Neustadt als Arbeitstätte zu, wo er gemäß Korpskommissar A. S. Scheltow seine Vorschläge bezüglich der Regierungsbildung zu Papier bringen soll.
Renner richtet nun einen Brief an Stalin, der peinlich wirkende Schmeicheleien enthält, aber keine Zusage bezüglich der gewünschten Bildung einer Volksfront mit der KPÖ aufweist. Stalin nimmt den Brief dennoch zum Anlass, Renner nun tatsächlich mit der Bildung einer Regierung zu beauftragen. Renner sucht das Gespräch mit möglichst vielen erreichbaren Politikern, die keine Nationalsozialisten gewesen sind.
Am 6. April beginnt die Schlacht um das eigentliche Stadtgebiet von Wien. Der Straßenkampf dauert eine Woche.
Am 12. April 1945 findet im schwer beschädigten Wiener Rathaus das erste Treffen führender in Österreich befindlicher Sozialdemokraten statt. 2 Tage später, am 14. April 1945, wird im Roten Salon des Rathauses ein provisorischer Parteivorstand bestellt. Da sich der Vorsitzende der ehemaligen SDAP, Karl Seitz noch in Deutschland befindet und erst im Juni nach Wien kommen kann, wird Adolf Schärf zum provisorischer Vorsitzenden gewählt.
Schärf, geboren in Nikolsburg in Südmähren, ist ab dem 10. Lebensjahr als Sohn einer armen Arbeiterfamilie in Wien aufgewachsen, wo beide Eltern eine Anstellung als Glasperlenbläser gefunden haben. Er ist 1914, vier Wochen vor Kriegsausbruch zum Doktor der Rechtswissenschaften promoviert worden. Seine politischen Sporen hat er sich von 1918 bis 1933 als Sekretär des sozialdemokratischen Abgeordnetenklubs und der sozialdemokratischen Parlamentspräsidenten Karl Seitz, Matthias Eldersch und Karl Renner verdient. Am 4. März 1933 hat Schärf im Alter von 42 Jahren die schwere Aufgabe gehabt, Renner während der, wie sich herausstellen sollte, letzten Nationalratssitzung der 1. Republik den dringenden und, wie sich ebenfalls herausstellen wird, fatalen Rat Karl Seitz' und Otto Bauers (Parteivorsitzender und Vizeparteivorsitzender) zu überbringen, er möge als Nationalratspräsident sofort zurücktreten.
Am 13. April endet die Schlacht um Wien. Die ganze Stadt ist nun von der Roten Armee erobert und die deutsche Wehrmacht kämpft nicht mehr weiter.
Am 14. April 1945 wird in Wien der Österreichische Arbeiter- und Angestelltenbund (ÖAAB) gegründet. Erster Bundesobmann ist Lois Weinberger. Leopold Kunschak, 1892 Gründer eines christlichsozialen Arbeitervereins und als dessen Vorstand bis 1934 einer der führenden Persönlichkeiten der christlichen Gewerkschaften, hatte die Obmannschaft zuvor abgelehnt. Kunschak ist in der 1. Republik "überzeugter Demokrat" und aufgrund dieser Einstellung innerhalb der CSP ein Gegner der Heimwehr und von Engelbert Dollfuß gewesen. Auf der anderen Seite ist Kunschak, den mit dem Wiener Bürgermeister Lueger eine enge Freundschaft verbunden hatte, wiederholt schon während der Monarchie und ebenfalls in der 1. Republik öffentlich als Antisemit in Erscheinung getreten. So hat er in Reden und Artikeln die „judenliberale Presse“ angeklagt und hat die christlich-sozialen Arbeiter "von jüdischen Arbeitgebern gefährdet" gesehen. Bereits 1919 hat er einen Gesetzentwurf mit dem Titel "Die Rechtsverhältnisse der Jüdischen Nation" ausgearbeitet, der die österreichischen Junden unter Sondergesetze stellen sollten. Der Entwurf wird aber auf Anraten von Ignaz Seipel nie veröffentlicht.
Am 17. April 1945 gründen Leopold Kunschak (Obmann), Hans Pernter (geschäftsführender Obmann), Lois Weinberger, Leopold Figl, Julius Raab und Felix Hurdes (Generalsekretär) im Schottenstift in Wien die Österreichische Volkspartei. Ein breites Spektrum an Positionen soll in der neuen Partei Platz haben. Es geht um eine Ausbalancierung zwischen den „Vaterländischen“, die Anfang der 1930er Jahre, noch auf dem Boden des „Korneuburger Eides“ die Demontage des Parlamentarismus in Österreich betrieben hatten, und jenen Christlichsozialen, die sich zur parlamentarischen Demokratie bekennen und dem autoritären Kurs unter Engelbert Dollfuß schon länger abgeschworen hatten.
Am 23. April 1945 treffen sich in der Wiener Wohnung des von den Autoritäten der Roten Armee als Staatskanzler designierten und der Vorbereitung einer Regierungsbildung beauftragten Karl Renner 7 Männer, die Sozialisten Karl Renner, Paul Speiser und Adolf Schärf, die Kommunisten Johann Koplenig, Franz Honner, und Ernst Fischer und der Christlichsoziale und frische Mitgründer von ÖAAB und ÖVP, Leopold Kunschak und einigen sich auf die Bildung einer Staatsregierung. Auf der Basis der Ereignisse der letzten Tag können sie als Vertreter von Parteien, die zwar gegründet aber in keiner Weise aufgebaut sind, auftreten.
Johann Koplenig ist ein Schuhmacher aus Kärnten. Auf der Gesellenwalz 1909-1910 ist der mit der Sozialdemokratie in Kontakt gekommen und Mitglied der SDAP geworden. Er landet in Judenburg, wo er 1910 den Ortsverband der Schuh- und Lederarbeiter mitbegründet. Nach der Organisation eines Schuhmacherstreiks ist er entlassen worden und hat in Knittelfeld eine Ortsgruppe des „Verbandes jugendlicher Arbeiter Österreichs“ gegründet. 1913 wird Koplenig als Delegierter für den Kongress der Sozialistischen Jugendinternationale gewählt. Der Ausbruch des Krieges verhindert die Durchführung des Kongresses, Koplenig kommt an die Ostfront und gerät schon 1914 in russische Gefangenschaft. Er ist 1918 den Bolschewiki in Nischni Nowgorod beigetreten und arbeitet später in der Kultur- und Aufklärungsabteilung des Amtes für die Rückführung der Kriegsgefangenen. 1920 ist er nach Knittelfeld zurückgehrt und dort der KPÖ beigetreten. 1938 ist er nach Paris und später nach Moskau geflohen. Er bezeichnet sich gerne als Vizekanzler Renners, wird bis 1959 Nationalratsabgeordneter und bis 1965 Vorsitzender der KPÖ bleiben.
Aus heutiger Sicht scheint es uns so zu sein, dass, weil das "dritte Reich" im Gegensatz zum Kaiserreich Österreich keinerlei Restparlament mit Restlegitimierung übrig gelassen hat und weil das Demokratieverständnis aller 7 Herren mit hoher Wahrscheinlichkeit eher enge Grenzen hatte, sie "sich praktisch gezwungen sahen" eben nicht wie 1918 das Treffen einer "Provisorische Nationalversammlung" sondern eben gleich die Bildung einer "Provisorischen Staatsregierung" anzustreben. Die Geschichte sollte ihnen rechtgeben. Auf der anderen Seite kann auch schwer geleugnet werden, dass die Republik Österreich ihr inhärentes Demokratiedefizit bis heute nicht vollständig losgeworden ist.
Am 26. April 1945 erfahren die USA und Großbritannien am Rande der Außenministerkonferenz vom sowjetischen Projekt "Provisorische Regierung Österreich". Dort teilt der stellvertretende sowjetische Außenminister Wyschinski seinen britischen und amerikanischen Amtskollegen nur beiläufig mit, dass man am Folgetag in Wien das Kabinett Renner angeloben werde. Zu diesem Zeitpunkt stehen deutsche Truppen noch am Stadtrand von Wien im Kampf mit der Roten Armee. Die Briten legen unverzüglich Protest ein. Die USA schließen sich diesem Protest nicht an, verweigern Renners geplanter Ministerriege zunächst aber ebenso die Anerkennung wie die Briten.
Am 27. April 1945 einigen sich der "Vorstand der Christlichsozialen Volkspartei bzw. nunmehr Österreichische Volkspartei“, die „Kommunistische Partei Österreichs“ und der „Vorstand der österreichischen Sozialdemokratie, nunmehr Sozialistische Partei Österreichs“ auf eine Unabhängigkeitserklärung (Staatsgesetzblatt Nr. 1 / 1945), mit der „die demokratische Republik Österreich … wiederhergestellt“ und der „im Jahre 1938 dem österreichischen Volk aufgezwungene Anschluß“ für „null und nichtig“ erklärt wird. Das Schicksal der jüdischen Österreicher und die Beteiligung von Österreichern an den NS-Verbrechen werden in der Erklärung nicht erwähnt. Die Unabhängigkeitserklärung wird von Renner und Schärf für die SPÖ, von Kunschak für die ÖVP und von Johann Koplenig für die KPÖ unterzeichnet.
Am 27. April werden Renner und seine provisorische Regierung von Marschall Tolbuchin, dem Oberkommandierenden der 3. Ukrainischen Front, offiziell empfangen. Tolbuchin teilt dem Kommitte mit, dass es als Provisorische Staatsregierung anerkannt sei, allerdings bloß von den Kommandostellen der Roten Armee, die dazu von "Moskau autorisiert" seien. Über die Anerkennung durch die anderen Alliierten kann Tolbuchin nichts sagen. Die Anwesenden sind laut Adolf Schärf enttäuscht, weil sie davon ausgegangen waren, die Rote Armee spräche für alle Alliierten. Tolbuchin stellt dem provisorischen Kabinett die Vorbereitung bundesweiter Wahlen als wichtigste Aufgabe. Anschließend folgt ein Mittagessen beim Marschall, bei dem die Österreicher die russsische Gastffreundschaft und eine Reihe hoher Funktionäre der Roten Armee kennenlernen.
Am nächsten Tag nimmt das von 7 österreichischen Politikern eingesetzte und nun von den Behörden der Roten Armee offiziell anerkannte Regierungskabinett mit 29 Männern und einer Frau sowohl die provisorische parlamentarische als auch die Verwaltungsarbeit auf.
Am 8. Mai 1945 endet der 2. Weltkrieg auch in Österreich offiziell durch die bedingungslose Kapitulation der deutschen Wehrmacht. Die 3. Ukrainische Front triff an der Erlauf in Niederösterreich auf die Truppen der USA.
Am 9. Mai 1945 wird Dr. Kurt Waldheim aus der deutschen Wehrmacht, einer der mörderischsten Männer-Organisationen aller Zeiten, entlassen.
Der von der französischen Besatzungsmacht eingesetzte provisorische Landeshauptmann von Tirol und spätere Außenminister, Karl Gruber, startet im Mai eine Initiative für ein ungeteiltes Österreich und die Vorbereitungen für die Bildung jetzt einer auch von den westlichen Alliierten anerkannten Regierung. Der Plan scheitert einerseits daran, dass in allen provisorischen Landesregierungen die Sozialdemokraten sich weigern und auf einer Zusammenarbeit "mit Wien" beharren. Von den Ländern haben nur 2, nämlich Steiermark und Kärnten, einen sozialdemokratischen Landeshauptmann.
Am 24. Mai 1945 konstituiert sich die provisorische Landesregierung von Salzburg, bestehend aus zwei Christlichsozialen, zwei Sozialdemokraten, einem Kommunisten und einem Parteilosen und erklärt sich für die "Wiener Regierung". Sie sendet eine entsprechende Mitteilung nach Wien: Die Landesregierung von Salzburg hat sich mit heutigem Tage konstituiert und hat das Bedürfnis, der Bundesregierung dies zur Kenntnis zu bringen; sie begrüßt die österreichische Bundesregierung auf das herzlichste und hofft, mit ihr und allen alliierten Mächten gemeinsam am Wiederaufbau Österreichs arbeiten zu können.
Möglicherweise hat Österreich im Mai 1945 einfach Glück, dass im Mai keine Regierung für die Gesamtheit der westlichen Besatzungszonen als Gegenregierung zur sowjetisch initiierten Regierung Renner gebildet werden konnte. Fakt ist, dass dem Land eine jahrzehntelange Teilung wie Deutschland erspart geblieben ist.
Am 4. Juli 1945 schließen die 4 allierten Mächte das Erste Kontrollabkommen. Darin wird ein Alliierter Rat mit der "Kontrolle" von Österreich betraut. Kontrolle muss man aber nicht wie in der deutschen Sprache als Kontrolle sondern wie in der englischen als Herrschaft verstehen. Damit ist nun eine echte Regierung für ganz Österreich eingesetzt.
Der Alliierte Rat ist eine Militärregierung mit der vollen Gesetzgebungs- und Vollzugsmacht. Er ist ein "Kontrollsystem, das in Österreich bis zur Errichtung einer frei gewählten, von den vier Mächten anerkannten österreichischen Regierung funktionieren wird." Sie besteht aus den 4 militärischen Befehlshabern, die als "Hochkommissare" eingesetzt im Vorsitz wechseln und alle 10 Tage zusammentreten müssen. Darunter üben in jeder Besatzungszone Besatzungsbehörden die Staatsgewalt aus.
Am 9. Juli 1945 schließen die Regierungen der Allierten ein Abkommen über die Besatzungszonen und die Verwaltung der Stadt Wien ab. Vorarlberg und Nordtirol, das zuerst von den amerikanischen Truppen erobert und besetzt worden ist, bilden die französische Zone, Salzburg und Oberösterreich südlich der Donau einschließlich des steiermärkischen Ausseer Gebiets die amerikanische. Die Steiermark, die zum größeren Teil von der Sowjetunion befreit worden ist, Kärnten und Osttirol werden als britische Zone festgelegt, das Burgenland, Niederösterreich und Oberösterreich nördlich der Donau bleiben sowjetische Zone. In Wien gibt es ebenso 4 Zonen und die gemeinsam verwaltete, interalliierte Innenstadt.
Vom 17. Juli bis zum 2. August 1945 findet in Potsdam die Dreierkonferenz zwischen Stalin, Truman und Churchill (bzw. Clement Attlee) statt. Die Sowjetunion schlägt vor, die Autorität der Regierung Renner auf ganz Österreich auszudehnen und hat damit keinen Erfolg. Es wird nur festgelegt, dass nach der Aufteilung Wiens die Frage noch einmal zur Sprache kommen wird.
Am 25. August kommen die 4 Hochkommissare erstmals zusammen. Es sind Marschall S.J. Konjew, der Tolbuchin abgelöst hat, General Mark W. Clark für die US Army, Generalleutenant Sir Richard McCreery für die Streitkräfte des Vereinigten Königreichs und Korpsgeneral M.E. Béthouart für die Armée francaise.
Am 11. September 1945 konstituiert sich der Alliierte Rat für Österreich auch formell. Er wendet sich mit einer Proklamation an die österreichische Bevölkerung. Er erwähnt die im Kontroll niedergelegten Vollmachten, erinnert die Österreicherinnen und Österreicher an die Moskauer Deklaration und erklärt "die Vereinheitlichung und wirtschaftliche Wiederherstellung des Landes und die Ausschaltung der Kriegsfolgen" zu seiner dringendsten Aufgabe. Ebenso kündigt er die Freiheit der politischen Parteien, der Presse, der Versammlung und die Abhaltung von Wahlen an.
Am 20. September 1945 erklären sich die Vertreter des Vereinigten Königreichs nach zähen Verhandlungen bereit, der provisorischen Regierung Renner zumindest bezüglich der Durchführung von Wahlen eine Kompetenz über ganz Österreich zuzubilligen. Sie sind auch mit einer der Wahlvorbereitung dienenden Länderkonferenz einverstanden.
Von 24. bis 26. September 1945 findet auf Einladung Renners und mit Bewilligung des Alliierten Rats eine erste Länderkonferenz zur Vorbereitung freier Wahlen in Wien statt. Damit ist die Regierung Renner von allen 9 Bundesländern anerkannt.
Am letzten Tag der Länderkonferenz kommt es zu einer ernsten Vertrausenskrise. Die kommunistischen Mitglieder der provisorischen Regierung weigern sich, den Vertretern der westlichen Bundesländer Kabinettsposten einzuräumen, die Konferenz steht knapp vor dem Abbruch. Ernst Koref, der sozialdemokratische Bürgermeister von Linz, schafft es aber, einen Kompromissvorschlag einzubringen, den auch die KPÖ annimmt.
Vom 9. bis 11. Oktober 1945 findet die 2. Länderkonferenz statt. Dabei und danach werden auch zuvor getroffene Entscheidungen der Provisorischen Staatsregierung rückwirkend und bundesweit für rechtens erklärt.
Am 19. Oktober 1945 wird die Regierung auch formell von den Alliierten für das gesamte Bundesgebiet anerkannt.
Die nicht öffentlichen Plenarsitzungen der Provisorischen Staatsregierung Renner mit allen Staatssekretären und Unterstaatssekretären, inzwischen 41 Personen, werden als Kabinettsrat bezeichnet. In ihm sind seit 26. September 12 Politiker der SPÖ, 15 der ÖVP, 6 Politiker und eine Politkerin der KPÖ und 3 parteilose Fachleute im Staatsamt für Justiz und jenem für Finanzen an. Im Kabinettsrat wird nicht nur administriert und entschieden, mangels Parlament werden auch Gesetze beschlossen. Für Adolf Schärf ist das "nach den Jahren des Faschismus sozusagen die erste Gehschule der Demokratie".
Der Staatskanzler und seine drei Staatssekretäre ohne Portefeuille, quasi als Vizekanzler, Leopold Figl für die ÖVP, Adolf Schärf für die SPÖ und Johann Koplenig für die KPÖ, üben die politische Leitung aus und treten als politischer Kabinettsrat zu eigenen Sitzungen zusammen. Sie sind gemeinsam, ähnlich wie 1919, nach der provisorisch wieder in Kraft gesetzen Verfassung, auch mit den Aufgaben des Staatsoberhauptes betraut.
Am 25. November 1945 findet die von der Regierung angestrebte und vorbereitete Nationalratswahl statt. Es ist die erste demokratische Wahl nach der militärischen Niederschlagung des Nationalsozialismus und zugleich die fünfte Nationalratswahl in der Geschichte Österreichs. Bundesweit lassen die Besatzungsmächte nur ÖVP, SPÖ und KPÖ zur Wahl zu. Lediglich in Kärnten, das vollständig in der britischen Besatzungszone liegt, wird auch die Demokratische Partei Österreichs als wahlwerbende Gruppe zugelassen. Am gleichen Tag wie die Nationalratswahl finden Landtagswahlen in allen 9 Bundesländern statt.
Die NSDAP ist unmittelbar nach dem Kriegsende per Gesetz verboten worden und kann nicht mehr zu den Wahlen antreten. Rund 800.000 ehemalige NSDAP-Mitglieder sind bei der ersten Nationalratswahl 1945 nicht wahlberechtigt. Viele eigentlich wahlberechtigte Männer sind noch nicht aus der Kriegsgefangenschaft heimgekehrt. Frauen stellen die überweigende Mehrheit der Wählerschaft. Die ÖVP geht zur Überraschung und zum Ärger der Sowjetunion als Siegerin aus der Wahl hervor und erreicht 49,80% der gültigen Stimmen und eine absolute Mandatsmehrheit mit 85 Mandaten. Zweite wird die SPÖ, geführt vom Vorsitzenden Adolf Schärf und Staatskanzler Karl Renner, mit 44,60% der Stimmen und 76 Mandaten. Die Kommunistische Partei Österreichs bleibt hinter ihren Erwartungen und erhält 5,42% der Stimmen und 4 Mandate. Die Westalliierten sind über den Wahlausgang natürlich erfreut.
Leopold Figl, im "Ständestaat" Mitglied des Bundeswirtschaftsrats und niederösterreichischer Führer der "Ostmärkischen Sturmscharen", bildet eine neue Bundesegierung mit SPÖ und KPÖ. Figl hat 5 Jahre als Häftling in den KZs Dachau und Flossenburg verbracht und ist 1943 wieder auf freien Fuß gesetzt worden. Trotz der erlittenen Verfolgung und Qualen in den KZs hat er sich im Untergrund betätigt. Im Oktober 1944 ist Figl neuerlich verhaftet und ins KZ Mauthausen verbracht worden. Im Jänner 1945 ist er nach Wien ins Landesgericht für Strafsachen überstellt worden und ist dort monatelang in einer Todeszelle eingesessen.
In der Regierung Figl I verbleibt nur ein einziger kommunistischer Minister, Karl Altmann, der Bezirksvorsteher von Liesing und zuvor Unterstaatssekretär im Justizministerium, nun Leiter des neu geschaffenen Ministeriums für Energiewirtschaft und Elektrifizierung.
Unterrichtsminister (bis 1952) wird der ÖVP-Politiker Felix Hurdes, 1953 - 1959 1. Parlamentspräsident, der einen schweren Autounfall seines Sohnes vertuschen lässt und ein TV-Programm 1958 von Gerhard Bronner und Helmut Qualtinger mit der bis heute bekannten Musiknummer "Der Papa wird's schon richten" von Bronner politisch nicht lange überleben wird.
Innenminister wird bis 1959 Oskar Helmer, Parteiobmann der niederösterreichischen SPÖ, vor der Ernennung zum Minister schon Unterstaatssekretär im Amt für Inneres als sozialdemokratischer "Aufpasser" für den kommunistischen Staatssekretär Franz Honner und später, nach seinem Rückzug aus der Regierung, Präsident der staatseigenen Länderbank. Die antisemitischen Abneigungen Helmers sind überall bekannt./p>
Die ambivalente Haltung des SPÖ-Parteivorsitzenden Schärf gegenüber der Rückkehr sozialdemokratischer Exilanten jüdischer Herkunft wird von Josef Hindels in seinen Erinnerungen beschrieben, in denen er Schärf vorwirft, zwar die Rückkehr Bruno Kreiskys zu befürworten, aber gleichzeitig die Rückkehr anderer Emigranten allgemein und die jüdischer Emigranten ganz besonders abzulehnen. Noch deutlicher formuliert es 1946 der aus den USA zurückgekehrte Gewerkschaftsfunktionär Friedl Schorsch, der Schärf und Helmer als die treibenden Antisemiten der SPÖ nach dem Krieg darstellt.
Im Gegensatz zu Helmers Neigungen sind Schärfs Motive schwerer festmachbar. Klar scheint zu sein, dass Schärf schon in der 1. Republik die jüdische Bevölkerung Österreichs in der in der Führungsriege der Sozialdemokratie als überrepräsentiert angesehen hat, was die SPD nach Schärfs Ansicht für die christlich-soziale und die deutschnationale Propaganda als "Judenpartei" angreifbar und die jüdischen Kollegen zu einer "Belastung" gemacht hat. Andererseits beteuert Schärf sein Leben lang, nie "gegen die Juden" oder "Antisemit" gewesen zu sein, sondern sich nur um Partei und das Land gesorgt habe.
Am 20. Dezember 1945 wird Karl Renner von der Bundesversammlung zum ersten Bundespräsidenten der Zweiten Republik gewählt und bleibt dies bis zu seinem Tod am 31. Dezember 1950.
Im Februar 1946 glaubt Bundespräsident Karl Renner nicht, "dass Österreich in seiner jetzigen Stimmung Juden noch einmal erlauben würde, diese Familienmonopole aufzubauen. Sicherlich würden wir nicht zulassen, dass eine neue jüdische Gemeinde aus Osteuropa hierher käme und sich hier etablierte, während unsere eigenen Leute Arbeit brauchen."
Renner gehört sicher zu den österreichischen Sozialdemokraten mit einer ganz starken und heute von der SPÖ und ihren Freunden gerne verschwiegenen, deutschnationalen Komponente in ihrem Denken. Diese Komponente hatte schon der jüdische Gründer der österreichischen Sozialdemokratie, Victor Adler mitgebracht. Auch beim austromarxistischen jüdischen stellvertretenden Parteivorsitzender der SAPD, Otto Bauer, der während der Zeit der parlamentarischen Opposition ab 1920 auch mehr Einfluss auf die Partei hat als der Vorsitzende Seitz, lässt sich diese Tendenz leicht erkennen.
Robert Knight, britischer Historiker und früheres Mitglied der Österreichischen Historikerkommission, schätzt Renner dennoch anders ein als die vielen "echten" Antisemiten der CSP: "Obwohl Renners deutschnationale Seite seines sozialdemokratischen Denkens außer Streit steht - das wurde in der Nachkriegszeit nur lange verschwiegen -, ist der Unterschied eben die zentrale Position des Antisemitismus. Lueger war ja der österreichische Gründer des politischen Antisemitismus". Knight würde Renner aber "nicht glatt als Antisemiten bezeichnen, weil es gar nicht der Kern seiner Weltanschauung war. Er war nicht ein ideologischer Antisemit im Unterschied zu Kunschak oder Lueger. Es scheint mir klar, dass Renner das Judentum nicht als Kollektiv angegriffen hat."
Als Renner im Herbst 1920 die neue bürgerliche Regierung in einer Rede im Nationalrat aufgefordert hatte, "die Judenfrage zu lösen", und die einschlägigen Versäumnisse der Christlichsozialen Stadtregierung bei der Integration der galizischen Jüdinnen und Juden in Wien angeprangert hatte, hatte die jüdische Zeitschrift "Die Wahrheit" die "denkwürdige Rede Dr. Renners" so gelobt: "nie wurde mit weniger Worten mehr Wahrheit über den Wiener Antisemitismus gesagt".
Die deutschnationale Komponente im Denken nicht weniger österreichischer Sozialdemokraten und der ihr eigene erhebliche Opportunismus sind sicher die Hauptgründe dafür, dass die SPÖ mit wenigen Ausnahmen in der 2. Republik mit den Themen Nationalsozialismus, Shoa, Restitution, Rückkehr jüdischer Bürger nach Österreich und überhaupt mit der eigenen Vergangenheit und der des Landes so umgegangen ist, dass die ÖVP in all diesen Fragen trotz all ihrer eigenen Verfehlungen immer Vergleiche anstellen konnte, um sich selbst ebenso unschuldig zu fühlen, wie die SPÖ offensichtlich auch tat. Dabei hätte die ÖVP wirklich beachten können, dass sie zwar als katholische transmontane Partei vor deutschnationalen Verfehlungen vielleicht gefeiter war als die SAPD, diese aber andererseits als einzige bedeutende parlamentarische Gruppierung der 1. Republik keine antisemitischen Passagen in ihrem Parteiprogramm hatte, Juden wie Bauer und Deutsch zuoberst in ihrer Führung vertreten waren und nicht wenige bürgerliche österreichische Jüdinnen und Juden deswegen SAPD wählten.
ie FPÖ ihrerseits ist bis heute nicht im Stande, sich ihrer nazistischen Vergangenheit und ihrer braunen Flecken auch nur ein klein wenig zu schämen. Im Gegenteil, sie muss die Taten und das Personal stets nur stur und aggressiv verteidigen oder verleugnen. Wenn sich ein Aggressor als Opfer des Angegriffenen stilisiert, dann ist das wohl eines traurigsten und widerlichsten Schemen, die der menschliche Geist in seiner Geschichte entwickelt hat. Wir müssen aber festhalten, dass Antisemitismus und Deutschnationalismus historisch sehr verwoben sind, sich aber nicht zwanghaft gegenseitig bedingen.
Im November 1947 verlässt der Kommunist Altmann und mit ihm die KPÖ die Regierung. Altmann versteht den Rücktritt als Protest gegen die sogenannte zweite Währungsreform, die zu einer finanziellen Schlechterstellung der unteren Einkommensschichten geführt hat. ÖVP und SPÖ bilden in der Folge erstmals eine Große Koalition, die sich zwei Jahre später den Wählern stellen wird müssen.
Karl Altmann hat im August 1947 seine langjährige Lebensgefährtin Helene Postranecky, genannt "Hella", geheiratet. Hella Altmann-Postranecky ist 1945 die erste Frau in einer demokratischen österreichischen Regierung gewesen.
1919 im Alter von 16 Jahren der SDAP beigetreten, war Postranecky bald in der Frauenbewegung der Partei aktiv. 1927 avanciert sie als 24-jährige Frauensekretärin der niederösterreichischen SDAP, im Oktober 1933 wird sie mit 30 Jahren in den Parteivorstand gewählt. Nach den Februarkämpfen 1934 wird sie wie viele Funktionärinnen und Funktionäre der SDAP verhaftet und muss 8 Monate im Gefängnis verbringen. Nach dem "Anschluss" 1938 verlässt Postranecky die SDAP und schließt sich der illegalen KPÖ an. Sie ist im antifaschistischen Widerstand aktiv. Im April 1945 nominiert die KPÖ Postranecky ebenso wie ihren Lebensgefährten Altmann als Unterstaatssekrektäre, Altmann im Staatsamt für Justiz, Postranecky in jenem für Volksernährung. Sie ist bis Dezember 1945 für die Lebensmittelaufbringung in Österreich verantwortlich. Es sollten 21 Jahre vergehen, bis 1966 mit Grete Rehor, ÖVP, als Sozialministerin die nächste Frau in eine österreichisch Regierung kommt. 1968 wird Postranecky wegen der Niederschlagung des "Prager Frühlings" aus der KPÖ austreten.
Am 25. März 1949 gründen Herbert Alois Kraus und Viktor Reimann den Verband der Unabhängigen (VdU) als Verein. Am nächsten Tag findet die konstituierende Hauptversammlung in Salzburg statt. Kraus wird Bundesobmann, Bundesobmann-Stellvertreter sind Josef Karoly, Karl Hartleb, Karl Winkler und Viktor Reimann.
Während die ÖVP eine Aufsplitterung des bürgerlichen Lagers befürchtet, erhoffen Teile der SPÖ genau das und unterstützen die Gründung, ganz besonders der SPÖ-Innenminister Oskar Helmer. Der VdU sieht sich als Sammelbecken für den untergegangenen österreichischen Nationalliberalismus aber auch als politische Vertretung ehemaliger NSDAP-Mitglieder, Heimatvertriebener und Heimkehrer.
Am 28. Mai 1949 organisiert Alfred Maleta, ehemaliger Erster Sekretär der Arbeiterkammer Oberösterreich während der Ständestaat-Diktatur, ehemaliger KZ-Häftling in Dachau und Flossenbürg, Mitgründer der oberösterreichischen Volkspartei, Nationalratsabgeordneter und, über den Schwiegervater, Mitbesitzer der "Oberösterreichischen Nachrichten", die sogenannte Oberweiser Konferenz in der Villa Thonet seines Schwiegervaters in Oberweis, Laakirchen.
Es handelt sich bei dem mehrstündigen Gespräch um eine Kontaktaufnahme der Volkspartei mit ehemaligen Nationalsozialisten und den Versuch, die sogeannten "Ehemaligen" von der Gründung einer eigenen Partei abzuhalten und eventuell als „nationalen Flügel“ der ÖVP zu integrieren. Wichtigster Teilnehmer der Konferenz ist der spätere Bundeskanzler Julius Raab, Präsident der Bundeswirtschaftskammer und Klubobmann der ÖVP im Nationalrat. Raab soll bei der Konferenz, unter Berufung auf seine Funktion in der Heimwehr, gesagt haben: „Meine Herren, i' war nie a Demokrat“.
In der Steiermark gibt es ähnliche Versuche unter der Führung Alfons Gorbachs, eines weiteren späteren Bundeskanzlers der ÖVP. In Kärnten gelingt es eher der SPÖ, die „Ehemaligen“ mit neuen Parteibüchern auszustatten. Allerdings nimmt dort auch die ÖVP das ehemalige NSDAP-Mitglied Karl Schleinzer, der es bis zum Bundesobmann und Kanzlerkandidaten bringen sollte, nach kurzer Weigerung auf.
Die Konferenz, deren Zustandekommen bereits mehrere Tage zuvor in der VdU-Parteizeitung Neue Front angekündigt worden war, erregt international Aufsehen, auch die New York Times berichtet darüber. Einige der Teilnehmer werden in der Folge der Konferenz von der Staatspolizei in Wien kurzzeitig verhaftet, wahrscheinlich im Auftrag des SPÖ-Innenministers Oskar Helmer. Vizekanzler Adolf Schärf erklärt bei einer Wahlveranstaltung in Wels, er sei überzeugt, die ÖVP würde sogar Adolf Hitler um eine Wahlempfehlung bitten, sofern dieser noch lebte. Ähnliche Kontakte der SPÖ zu früheren NS-Funktionären finden während derselben Zeit in Ried im Innkreis statt, gelangten jedoch im Gegensatz zur Konferenz von Oberweis nicht zur Kenntnis der Öffentlichkeit. Im August 1949 kommt es in Gmunden zu einer Konferenz ehemaliger Nationalsozialisten mit SPÖ-Innenminister Helmer, wobei dieser erklärt: „Wenn ich die Nazi net betreu, betreut sie der Maleta in Oberweis“.
Am 9. Oktober 1949 findet die Nationalratswahl statt. Von den rund 556.000 österreichischen Nationalsozialisten sind 90 Prozent wieder wahlberechtigt. Der VdU gründet die Wahlpartei der Unabhängigen (WdU), kandidiert und erreicht mit 11,7 % der Stimmen sein bestes Ergebnis, wobei er von beiden Großparteien im gleichen Ausmaß Stimmen gewinnt, Helmers Kalkül einer „Spaltung des bürgerlichen Lagers“ ist nicht aufgegangen. Die besten Ergebnisse erzielt der VdU im Inn- und Hausruckviertel, in Wels über 30%, in Oberkärnten und in Vorarlberg und somit in den traditionellen Hochburgen des „Dritten Lagers“ in der Republik Österreich.
Die ÖVP erhält 44,03% der gültigen Stimmen (-5,77 Prozentpunkte) und 77 Mandate, die SPÖ 38,71% (-5,89 Prozentpunkte) und 67 Mandate. Zum zweiten Mal ist in Österreich nur die "Große Koalition möglich, wenn man die Nazis nicht wieder in die Regierung lassen will. Leopold Figl behält das Bundeskanzleramt und bildet die Bundesregierung Figl II, weiterhin mit Adolf Schärf als Vizekanzler.
Im November 1947 verlässt der einzige kommunistische Minister, der frühere Bezirksvorsteher von Liesing und Bundesminister für Elektrifizierung und Energiewirtschaft und mit ihm die KPÖ die Bundesregierung Figl I. Altmann versteht seinen Rücktritt als Protest gegen die zweite Währungsreform, die zu einer finanziellen Schlechterstellung der unteren Einkommensschichten geführt hat. ÖVP und SPÖ bildeten in der Folge erstmals eine "Große Koalition", die sich 1949 den Wählern wird stellen müssen.
Karl Altmann war ein Obersenatsrat der Gemeinde Wien, 1945 Mitglied der provisorischen Staatsregierung Renner und nach der Nationalratswahl als Bundesminister angelobt. Altmann ist mit Helene Altmann-Postranecky, genannt "Hella", verheiratet. Altmann-Postranecky war die erste Frau gewesen, die einer österreichischen Bundesregierung angehört hatte.
Am 6. Mai 1951 erhält Dr. Burghard Breitner, ein Chirurg, Hochschullehrer und Schriftsteller im 1. Wahlgang der Bundespräsidentenwahl 622.501 Stimmen, das sind 15,4% der gültigen Stimmen. Er ist vom VdU als Kandidat aufgestellt worden. Breitner ist deutschnational orientiert. Mit einer niedrigen Mitgliedsnummer ist er 1932 der NSDAP beigetreten. Nach dem Verbot der NSDAP im Ständestaat (Österreich) ist er aus der Partei ausgetreten. Nach dem Anschluss Österreichs 1938 hat er dummerweise den "großen Ariernachweis" nicht erbringen können, weil die Herkunft seiner Großmutter väterlicherseits nicht zu klären ist. Dennoch wird er am 1. Dezember 1939 mit einer hohe Mitgliedsnummer wieder in die NSDAP aufgenommen. Im Jahr 1945 tritt er wiederum sozusagen automatisch ein zweites Mal aus der NSDAP aus und setzt nach kurzer Pause seine zivile Karriere in Österreich fort. Im Lauf seines Lebens hat Breitner wichtige Funktionen bekleidet: Präsident des Österreichischen Zentralverbandes für das Rettungswesen (1922), Beratender Chirurg der Reichswehr und der Wehrmacht (ab 1932), Präsident des Österreichischen Roten Kreuzes (1950).
Der 78-jährige unkonventionelle Außenseiter Theodor Körner, ein ehemaliger k.u.k. Generalsstabschef, seit 1924 Mitglied der SAPD und Berater im Republikanischen Schutzbund gewinnt auch die Stichwahl gegen den christlichsozialen Favoriten, den Landeshauptmann von Oberösterreich, Heinrich Gleißner. Seine eigene Partei ist vom Wahlsieg überrascht, er selbst verärgert und die Volkspartei schockiert.
In der Folge wird die SPÖ alle 6 Bundespräsidentenwahlen von 1955 - 1985 (2 x Adolf Schärf, 2 x Franz Jonas, 2 x der parteilose Rudolf Kirchschläger) gewinnen. Die ÖVP bereut die von ihr durchgesetzte Verfassungsänderung von 1929, wegen der seit 1951 das Volk und nicht die Bundesversammlung das Staatsoberhaupt wählt, wie man nur je eine Verfassungsänderung bereuen kann. Ohne diese Novelle hätte die ÖVP wohl recht locker durchgehend dieses von ihrer Vorgängerin 1919 geforderte und 1929 mit viel mehr Befugnissen und direkter Volkslegitimation versehene Amt besetzen können.
Am 28. Oktober 1952 bestellt Bundespräsident Theodor Körner auf Vorschlag von Bundeskanzler Leopold Figl ohne vorherige Neuwahlen die Bundesregierung Figl III. Es handelt sich um eine Regierungsumbildung unter Fortsetzung der Großen Koalition. Die Regierung wird bis zum 25. Februar 1953 amtieren. Anschließend wird sie von Bundespräsident Körner bis zur Ernennung der nächsten Regierung mit der Fortführung der Geschäfte betraut. Die Fortführung endet am 2. April 1953.
Am 22. Februar 1953 behält die ÖVP mit 41,3% der gültigen Stimmen die relative Mandatsmehrheit von 74 Mandaten, die SPÖ erreicht die relative Stimmenmehrheit mit 42,1% der Stimmen aber nur 73 Mandate. Nach der österreichischen Gepflogenheit beansprucht die ÖVP trotz der Niederlage weiterhin das Bundeskanzleramt, die SPÖ akzeptiert das, fühlt sich aber doch politisch gestärkt und erhebt in den Regierungsverhandlungen Anspruch auf zusätzliche Staatssekretäre im Außen- und im Handelsministerium.
Der VdU hat vor der Wahl ein Wahlbündnis mit der Aktion zur politischen Erneuerung, einer rechtskonservativen ÖVP-Abspaltung gebildet, verliert leicht an Stimmen, kann 10,9% auf sich vereinen und erhält 14 Mandate. Diese Stimmenverluste und interne Querelen zwischen den Parteifunktionären führen dazu, dass sich der VdU nicht zu einer nationalliberalen, gleichzeitig antisozialistischen und antikatholischen Massenpartei entwickeln kann, sondern hauptsächlich ein Auffangbecken für deutschnational gesinnte Gruppen wird.
Auch die KPÖ ist vor der Wahl ein Wahlbündnis eingegangen und kandidiert als Wahlgemeinschaft Österreichische Volksopposition (VO). Es nützt ihr wenig, sie schafft nur 5,28% der Stimmen und wieder 4 Mandate.
Die ÖVP strebt nun unter der Führung Leopold Figls eine Konzentrationsregierung unter Beteiligung der WdU an. Bundespräsident Körner weigert sich strikt, diese Partei in die Regierung aufzunehmen. Er verschiebt damit den Zutritt des „dritte Lagers“ zu Regierungsfunktionen und der entsprechenden Besetzung einflussreicher Posten um dreißig Jahre, bis zur Bundesregierung Sinowatz.
Auf der anderen Seite hängt aber auch Körner der gefährlichen österreichischen These an, dass das, was nicht sein soll, am besten verschwiegen und das, was nicht sein darf, am besten versteckt wird. Deswegen beteiligt er sich mehr als einmal an der Verleugnung des österreichischen Antisemitismus. Z.B. tut er 1947 in einem Artikel in der Wiener Zeitung "Nachrichten über Antisemitismus" als "planmäßige Agitation" ab, die nach seiner Meinung "den Staatsvertrag gefährden solle". An dieser Leugnung beteiligen sich teilweise in den 50er Jahren leider auch einige Österreicher jüdischer Religionszugehörigkeit. Linksstehende jüdische Antifaschisten wie Otto Tausig werden, weil sie mit der Kritik der österreichischen Verhältnisse nicht aufhören wollen, so lange drangsaliert und zur Unterwerfung aufgefordert, dass dieser später gerne und oft erzählte, er "sei zweimal im Exil gewesen, einmal unter Hitler und einmal unter Waigel und Torberg".
Die sehr kurze und unkonsequente Entnazifizierung nach dem Friedensschluss 1945 und der von Beginn an politisch viel zu sehr ausgenutzte Mythos von Österreich als erstem Opfer des Nationalsozialismus befestigen die schnell einsetzende Angst der gesamten politischen Elite, ohne die nationalsozialistisch eingestellte Mehrheit der Richter, Beamten, Lehrer, Manager, Redakteure und Universitätsprofessoren könne Österreich keinesfalls auskommen. Diese Vorstellungen haben zur Folge, dass ein riesiger Bestand an faschistischen Weltbildern, Gefühlen und Einstellungen im Untergrund weiter exisitiert und bis heute sehr viel davon weiter tradiert wird, manchmal auch in beunruhigender Offenheit.
Am 2. April 1953 wird Leopold Figl nach ÖVP-interner Kritik wegen seiner "zu großen Kompromissbereitschaft" gegenüber der SPÖ als Bundeskanzler von Julius Raab abgelöst, der die Bundesregierung Raab I bildet. Figl wird am 26. November 1953 als Nachfolger von Karl Gruber Außenminister, hat als solcher großen Anteil am Abschluss des Staatsvertrags und gewinnt sogar noch an Popularität. Bruno Kreisky wird Staatssekretär für auswärtige Angelegenheiten, zuerst unter Außenminister Gruber (ÖVP) und ab November unter Figl.
Julius Raab ist von 1927 bis 1934 Abgeordneter der Christlichsozialen Partei zum Nationalrat gewesen. Er hat am 18. Mai 1930 als Führer der niederösterreichischen Heimwehr den Korneuburger Eid abgelegt, in dem der „westliche demokratische Parlamentarismus“ und der Parteienstaat „verworfen“ wird. Entsprechend der christlichsozialen Ideologie ist er damals ein „nachgewiesener Antisemit“ gewesen. Als Abgeordneter hat er den Vizevorsitzenden der SAPD, Otto Bauer, in einer Parlamentssitzung 1930 als „frechen Saujud“ beschimpft.
Seine Berufung in die erste österreichische Nachkriegsregierung wird 1945, aufgrund seiner Tätigkeit als niederösterreichischer Heimwehrführer und weil er im Gegensatz zu anderen hohen Funktionären der Vaterländischen Front nie in NS-Haft gewesen war, von den Alliierten abgelehnt. Er ist aber Mitgründer der ÖVP, Mitgründer der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft, und ab 1947 ihr Präsident. 1945 gründet er auch den Österreichischen Wirtschaftsbund mit und ist sein erster Präsident. Ebenso ist er von 1945 bis 1959 Landesparteiobmann der ÖVP Niederösterreich, der neben der SPÖ Wien mächtigsten Landespartei in Österreich.
Wie andere Politiker in der ÖVP und SPÖ rekrutiert Raab ehemalige NSDAP-Mitglieder als Mitarbeiter, etwa Reinhard Kamitz. Als parteiloser Finanzminister gehört dieser den Bundesregierungen Figl III und Raab I-III in der Zeit von 1952 bis 1960 an. Raab und Kamitz propagieren ihre liberale Wirtschaftspolitik stets als Raab-Kamitz-Kurs und Rettung vor Sozialismus und Volksfront.
Am 5. Juni 1955 gründet sich aus dem Kärntner VdU heraus die Freiheitspartei Kärntens. Interne Querelen, Wahlniederlagen und heftige Debatten um die richtige Nähe und Entfernung zur NSDAP und das Verhältnis zu Österreich bzw. dem "deutschen Volk" bringen den ganzen VdU zum Kochen.
Am 3. November 1955 wird die Freiheitliche Partei Österreichs mit der Abhaltung einer konstituierenden Sitzung gegründet. Die Kärntner Freiheitspartei fügte sich in die Struktur und gleicht ihren Namen an, bleibt jedoch eine eigenständige Körperschaft.
Am 7. April 1956 findet der Gründungsparteitag in Wien-Josefstadt statt, dabei wird als erster Parteiobmann Anton Reinthaller, ein ehemaliger SS-Brigadeführer, der von 1950 bis 1953 wegen nationalsozialistischer Betätigung als Schwerstbelasteter inhaftiert gewesen war, gewählt. Reinthaller, der der NSDAP schon vor dem „Anschluss“ Österreichs beigetreten war, 1938 die Funktion des NS-Landwirtschaftsministers im Anschlusskabinett Seyß-Inquart bekleidet hatte und anschließend bis 1945 Reichstagsabgeordneter war, erklärt in seiner Antrittsrede: "Der nationale Gedanke bedeutet in seinem Wesen nichts anders als das Bekenntnis der Zugehörigkeit zum deutschen Volk."
Am 5. Mai 1957 findet die Bundespräsidentenwahl in Österreich als zweite Volkswahl des österreichischen Staatsoberhauptes statt. Der bisherige Bundespräsident Theodor Körner war am 4. Jänner verstorben. Seit diesem Tag hatte Bundeskanzler Julius Raab verfassungsgemäß die Funktionen des Bundespräsidenten aus geübt. Anders als bei der vorherigen Wahl, treten bei dieser Wahl lediglich zwei Kandidaten an, der bisherige Vizekanzler, Adolf Schärf als Kandidat seiner Partei und Wolfgang Denk, Chirurg, Präsident der Ärztegemeinschaft in Wien als gemeinsamer Kandidat von ÖVP und FPÖ. Man braucht deswegen nur einen Wahlgang. Von 4.630.997 Wahlberechtigten geben bei allgemeiner Wahlpflicht 4.499.565 ihre Stimme ab, das entspricht einer Wahlbeteiligung von 97,2%. 81.706 Stimmen werden als ungültig gewertet, das entspricht 1,8% der abgegebenen Stimmen. 213.138 Wahlberechtigte verweigern also den Kandidaten ihre Stimme.
Schärf erhält 2.258.255 Stimmen, das 51,1% der gültigen, Denk dagegen 2.159.604 Stimmen und damit 48,9%. Schärf wird am 22. Mai 1957 vor der Bundesversammlung angelobt.
Die bedeutendsten Fakten bezüglich der Nationalratswahl am 10. Mai 1959 sind, dass die SPÖ mit dem neuen Parteiobmann Bruno Pittermann an der Spitze erstmals seit der Wahl zur Konstitierenden Nationalversammlung der 1. Republik stimmenstärkste Partei wird und dass die ÖVP unter Bundeskanzler Julius Raab zwar auf dem zweiten Platz landet, allerdings aufgrund der Wahlarithmetik ein Mandat mehr bekommt, dass die FPÖ unter dem ehemaligen SS-Obersturmführer Friedrich Peter Stimmen und Mandate hinzugewinnt und die KPÖ erstmals kein Grundmandat schafft. Zu erwähnen ist auch, dass die Koalitionsverhandlungen ergeben, dass Bruno Kreisky Außenminister der Republik Österreich wird und damit eine viel größere Bühne für sein politisches Wirken erhält.
Am 11. April 1961 ernennt Bundespräsident Schärf Dr. Karl Schleinzer zum Verteidigungsminister und Otto Rösch zu seinem Staatssekretär. Josef Klaus, der spätere Bundeskanzler und "echte Österreicher" wird als Finanzminister angelobt. Schleinzer war von 1942 bis 1945 Mitglied der NSDAP gewesen und wird trotzdem von 1971 bis 1975 die ÖVP als Bundesobmann führen.
Am 18. November 1962 folgt auf die Regierungsumbildung die zehnte Nationalratswahl in Österreich. Die ÖVP setzt erstmals auf eine andere Farbe als schwarz, nämlich grün und auf "Red Scare". Sie gewinnt 1,24 Prozentpunkte sowie 2 Mandate hinzu. Die SPÖ unter Bruno Pittermann büßt 0,78 Prozentpunkte ein und verliert 2 Mandate. Die FPÖ mit Peter als Spitzenkandidaten kann sich behaupten, muss aber auch Stimmenverluste in der Höhe von 0,66 Prozentpunkten hinnehmen, kann jedoch ihren Mandatsstand halten. Die KPÖ verliert weiter Stimmen und erreicht zum zweiten Mal seit 1945 kein Grundmandat.
Am 28. April 1963 kommt es zur dritten Volkswahl des österreichischen Staatsoberhaupts. Der Amtsinhaber, Schärf, wird bereits im ersten Wahlgang in seinem Amt bestätigt. Die ÖVP hatte den früheren Bundeskanzler Julius Raab nominiert. Weil die 1960 gegründete Europäische Föderalistische Partei Österreichs (EFP oder EFPÖ) einen eigenen Kandidaten, Josef Kimmel nominiert hatte, erhält Raab nur 40,6% der gültigen Stimmen (1.814.125). Kimmel erhält 176.646 oder 4,0% der Stimmen. Am 22. Mai 1963 wird Adolf Schärf zum 2. Mal vor der Bundesversammlung angelobt.
Am 16. Februar 1965 stehen der Bundespräsident, der Vizekanzler, der Bürgermeister und der Polizeipräsident auf dem Flugfeld in Schwechat und frieren. Der Schah-in-Schah (König der Könige) von Persien, Reza Pahlevi besucht wieder einmal Österreich. Als der aus dem Jet der Fluglinie Pan-Ams steigt, fegt ein eisiger Böe über die Piste. Der bereits 74-jährige Bundespräsident Schärf hat sich allen ärztlichen Verboten entzogen und trotzt dem Eisregen. Schärf kennt Pahlevi gut, er ist ihm schon mehr als einmal begegnet. Er müsste eigentlich wissen, aus welchem Holz dieser Herr geschnitzt ist. Als europäischer Sozialdemokrat sollte er froh sein, dass er krank ist und dem Schlächter keine Aufwartung machen muss. Das Gegenteil ist leider der Fall. Schärf holt sich in Schwechat eine Lungenentzündung. 14 Tage später ist er tot. Reza Pahlevi erholt sich in der Zwischenzeit bei einer Kur in Bad Gastein. Nach der notwendig gewordenen vorgezogenen Bundespräsidentenwahl 1965 folgt der sozialistische Bürgermeister von Wien, Franz Jonas, Schärf als Staatsoberhaupt nach.
Am 6. März 1966 findet die 11. Nationalratswahl in der Geschichte der Republik Österreich statt. Die ÖVP unter Bundeskanzler Josef Klaus erhält 48,35% der gültigen Stimmen und kann damit im Nationalrat eine absolute Mehrheit von 85 Mandaten erringen. Zweitstärkste Partei wird mit 42,56% und 74 Mandaten die SPÖ unter Bruno Pittermann, die Stimmen und Mandate verliert. Die FPÖ mit dem ehemaligen SS-Obersturmführer Friedrich Peter als Spitzenkandidaten erreichte 5,35% und 6 Mandate, büßte Stimmen und Mandate ein.
Aufgrund einer Finanzhilfe aus Gewerkschaftskassen an die FPÖ in der Höhe von einer Million Schilling war der ehemalige ÖGB-Vorsitzende und Innenminister Franz Olah 1964 bei der SPÖ in starke innerparteiliche Kritik geraten. Es wird vermutet, dass Olah damit die Weichen in Richtung einer kleinen Koalition zwischen SPÖ und FPÖ hatte stellen wollen. Infolge des Ausschlusses aus der SPÖ gründet er 1965 die Demokratische Fortschrittliche Partei (DFP). Diese rechtspopulistische Partei gewinnt 1966 vor allem auf Kosten der SPÖ Stimmen, verfehlt aber selbst die Grundmandatshürde.
Dennoch tritt die ÖVP zunächst, vielleicht auch nur zum Schein und um den Großkoalitionären in den eigenen Reihen die Unmöglichkeit zu beweisen, in Koalitionsverhandlungen mit der SPÖ ein. Die Verhandlungen, die Bruno Pittermann, Bruno Kreisky und Alfred Schachner-Blazizek auf Seiten der SPÖ führen, erweisen sich "als sehr schwierig". Die SPÖ ihrerseit ist in der Frage des Ganges in die Opposition auch gespalten. Pittermann, Karl Waldbrunner und Anton Benya sind für die Opposition, während vor allem Kreisky vor dem Gang in die Opposition warnt und einen Rückfall in die Erste Republik und die gescheiterte Politik Otto Bauers befürchtet. Die ÖVP bildet schließlich eine Alleinregierung, die SPÖ geht in Opposition. Sie sollte sich gerade für den Skeptiker Kreisky als sehr fruchtbar und erfolgsträchtig erweisen.
In der Bundesregierung Klaus II wird auch Grete Rehor, die 2. österreichische Politikerin in einer demokratischen Regierung, als Sozialministerin angelobt. Rehor ist 56 Jahre alt, Tochter einer diplomierten Krankenschwester und eines Beamten aus Wien. Sie hat 1945 im neu gegründeten ÖGB als Fachgruppensekretärin der Weber innerhalb der Gewerkschaft der Textil-, Bekleidungs-, und Lederarbeiter engagiert. Am 16. April 1948 ist sie, bereits Bundesvorsitzende der Fraktion christlicher Gewerkschafter, zur Vorsitzenden-Stellvertreterin in dieser damals sehr bedeutenden Gewerkschaft gewählt worden.
Ebenfalls 1966 kommt es in der FPÖ zu einem schweren Konflikt, als der Parteiobmann Friedrich Peter, ein ehemaliges Mitglied der SS eine Balance zwischen nationalen und liberalen Teilen der Partei herstellen will. Diese Bestrebung löst vehemente Kritik des rechten Flügels der Partei, vor allem von vielen Burschenschaftern aus. In der Folge kommt es zur Abspaltung der Nationaldemokratischen Partei unter Norbert Burger.
Am 1. Februar 1967 kommt es beim Parteitag der SPÖ, zu einer Kampfabstimmung es um die Nachfolge von Wahlverlierers Bruno Pittermann als Parteivorsitzendem. Die Kandidaten sind der ehemalige Innenminister Hans Czettel, ein nüchtern-pragmatischer Gewerkschafter, und der ehemalige Außenminister Bruno Kreisky, der innerhalb der SPÖ durch seine Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit Kräften außerhalb der Partei polarisiert. Kreisky wird beim Parteitag von ÖGB-Präsident Anton Benya und Teilen der Wiener Partei scharf angegriffen. Dennoch befürwortet der Parteivorstand mit 33:19 Stimmen eine Kandidatur Kreiskys.
Kreisky wird trotz des Widerstands der Parteigranden Pittermann, Waldbrunner und Benya von 347 der 497 Parteitagsdelegierten, das sind 69,8% und das historisch niedrigstes Ergebnis, das mit dem je ein Parteivorsitzender der SPÖ gekürt worden ist, gewählt. Er bemüht sich rasch, die in der Opposition sichtbar gewordenen Gräben zwischen "Realos und Fundis" in der SPÖ zuzuschütten. Das ist im anscheinend besonders mit Anton Benya gelungen. Von Beobachtern wird das oft als entscheidend für Kreiskys und große und vor allem langanhaltende Akzeptanz als Parteivorsitzender bewertet.
Am 1.März 1970 wird die zwölfte Nationalratswahl in der Geschichte der Republik Österreich abgehalten. Stimmen- und mandatstärkste Partei wird erstmals die SPÖ mit Bruno Kreisky als Kanzlerkandidat. Den zweiten Platz belegt diesmal die ÖVP mit Josef Klaus, die Stimmen und Mandate verliert. Die FPÖ, die mit dem ehemaligen SS-Obersturmführer Friedrich Peter als Spitzenkandidaten antritt, kann leichte Stimmengewinne verbuchen. Nach langwierigen Koalitionsverhandlungen mit der ÖVP bildet die SPÖ mit Unterstützung der FPÖ eine Minderheitsregierung. Es wird spekuliert, Kreisky habe von vorneherein dieses Ziel gehabt und mit der ÖVP nur zum Schein verhandelt. Preis für die FPÖ-Unterstützung ist eine Wahlrechtsänderung, die kleinere Parteien wie damals die FPÖ weniger benachteiligt und eine damit verbundene Anhebung der Mandatszahl im Nationalrat. Bruno Kreisky wird Bundeskanzler und sollte es bis 1983 bleiben.
Im Wahlkampf hat die ÖVP Bundeskanzler Josef Klaus auf Plakaten als "echten Österreicher" dargestellt, womit sie indirekt auf Kreiskys jüdische Herkunft und seine Emigration hingwiesen hat. Ein Teil der Plakate weist links auch die Anhänger der FPÖ darauf hin, dass sie mit ihrem Kreuz bei der FPÖ nur Kreisky (in der Gedanken- und Begriffswelt der Zeit ein "roter Jude") helfen würden. Die SPÖ dagegen hat Kreisky auf ihren Plakaten und Inseraten als würdigen Staatsmann mit seiner Brille in der Hand gezeigt. Sie hat auf Plakaten Mütter mit Kindern gezeigt und steigende Kaufkraft und ein gesundes Leben versprochen. Sie hat Schallplatten mit dem Wahlkampflied „Nimm dein Schicksal in die Hand“, gespielt vom populären Ensemble des Jazzmusikers Erich Kleinschuster, bei Veranstaltungen verteilt und ein positives Interview mit Karlheinz Böhm, dem Darsteller des jungen Franz Josef I. aus den "Sissi"-Filmen mit Romy Schneider organisiert.
Der Österreichische Rundfunk betreibt einen bisher nie dagewesenen Aufwand in der Wahlberichterstattung. Eine stundenlange Wahlsondersendung mit Außenstellen in den Parteizentralen der beiden Großparteien, in allen Landeshauptstädten, sowie einem Hauptstudio im Innenministerium, wo sich auch die FPÖ-Führung befindet läuft vom Nachmittag bis in die Nacht hinein. Die Außenstellen mit 4 Übertragungswagen, 6 Reportage-Kamerawagen und insgesamt 20 Kameras sind durch 15 Richtfunkleitungen für Bild und Ton und 45 Post-Tonleitungen für verschiedene Zwecke, vor allem des immer noch wichtigen Hörfunks, verbunden.
Zum zweiten Mal gibt es in Österreich bei einer Wahl eine Hochrechnung, mit dem damals größten Computer Österreichs, einem System/360 bei IBM am Donaukanal, dem „Hochrechnungszentrum“. Die Vergleichsdaten der vorherigen Wahlen sind auf Magnetplatten gespeichert, die aktuellen Ergebnisse werden mit Lochkarten eingegeben und das Ergebnis ausgedruckt. Gerhart Bruckmann präsentiert mit Hugo Portisch die Hochrechnungsergebnisse und bleibt bis in die 1980er Jahre „Hochrechner der Nation“.
Am 21. April 1970 wird die Bundesregierung Kreisky I angelobt. Der als österreichischer "Nazi-Jäger" international bekannte Shoa-Überlebende Simon Wiesenthal, politisch ein Konservativer, kritisiert, dass vier Minister Kreiskys (Hans Öllinger, Josef Moser, Erwin Frühbauer und Otto Rösch) der NSDAP, der SS oder der SA angehört hatten. Kreisky kritisiert daraufhin den Kritiker. SS-Mann Öllinger, dem Kanzler von der SPÖ Kärnten empfohlen, als Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft angelobt und ein ehemaliger SS-Untersturmführer, tritt einen Monat später "freiwillig und nur aus Krankheitsgründen" von seinem Amt zurück. Er wird durch Oskar Weihs - ebenso wie sein späterer Nachfolger Günter Haiden ehemaliges NSDAP-Mitglied - ausgetauscht.
Otto Rösch, der neue Innennminister behält dieses Amt bis 1977 und wird in diesem Jahr für einen Tag, am 8. Juni, und später wieder, vom 5. Juni 1979 bis zum 24. April 1983 Verteidigungsminister der Republik Österreich. Rösch ist 1938 der NSDAP beigetreten und daneben später auch Mitglied im „NS-Soldatenring“ gewesen. Nach dem Krieg ist dem eine Laufbahn in sozialistischen Jugendorganisationen, als Bundesrat, Landtagsabgeordneter in der Steiermark und nun als Minister gefolgt.
Am 21. August werden auf der anderen Seite aber auch die 3. und 4. österreichische Politikerin in einer Regierung angelobt. Hertha Firnberg wird Bundesministerin ohne Portfeuille im Bundeskanzleramt und Gertrude Wondrack wird Staatssekretärin im Bundesministerium für Soziale Verwaltung.
Die ÖVP, die seit 1945 alle Bundeskanzler gestellt hat, geht in die Opposition und verbleibt dort 17 Jahre lang bis 1987.
Am 25. April 1971 kommt es planmäßig zur fünften Volkswahl eines österreichischen Staatsoberhaupts. Der bisherige Amtsinhaber, Franz Jonas, tritt gegen einen neuen ÖVP-Kandidaten an, Kurt Waldheim. Jonas erhäl 2.478.239 Stimmen, das sind 52,8%. Er ist nach Wilhelm Miklas und Adolf Schärf der 3. Bundespräsident, der für eine zweite Amtsperiode gewählt wird. Jonas stirbt im April 1974, wodurch eine vorgezogene Neuwahl notwendig wird. Sein Gegenkandidat Waldheim erhhält 2.224.809 Stimmen und 47,2%. Die FPÖ hat es nicht gewagt bzw. für sinnlos erachtet, einen eigenen Kandidaten für die Wahl aufzustellen.
Von 5.024.324 Wahlberechtigten geben bei allgemeiner Wahlpflicht 4.787.706 (95,3%) Wahlberechtigte ihre Stimme ab. 75.658 Stimmen, das entspricht 1,6% der abgegebenen Stimmen oder 1,5% der Wahlberechtigten 1müssen als ungültig gewertet werden. Wenn man alle verweigerten und ungültigen Stimmen zusammenrechnet, dann sind das 312.276 Stimmen oder 6,2% der Wahlberechtigten. Obwohl also offensichtlich die Zustimmung, wenngleich auch mit ein wenig gesetzlichem Zwang gestützt zur selbst deklarierten politischen Mitte demnach überwältigend ist, ist die Volkspartei leise enttäuscht, weil die seit 1951 übliche Konstellation, dass Bundespräsident und Bundeskanzler zu verschiedenen Lagern gehören, diesmal nicht eintritt und den "Roten" jetzt auf Bundesebene außer dem schwachen Bundesrat "alles gehört".
Am 4. Juni 1971 wählen die Delegierten bei einem außerordentlichen Parteitag in Wien mit 286 von 423 gültigen Stimmen (67%) Karl Schleinzer zum Bundesparteiobmann der ÖVP. Ab diesem Tag ist Schleinzer auch als Spitzenkandidat der ÖVP für die Nationalratswahl 1975 gesetzt.
Am 19. Juli 1975, noch vor Beginn der heißen Phase seines ersten großen Wahlkampfs, kehrt Schleinzer von einem Familienurlaub in Rhodos zurück und fährt anschließend alleinevon Wien mit seinem Privatwagen nach Hause in Richtung Kärnten. Auf der damals berüchtigten Gastarbeiterroute bei Bruck an der Mur kommt Schleinzer durch einen Frontalzusammenstoß mit einem türkischen Sattelzug ums Leben. Als Unfallursache wird starke Übermüdung und Sekundenschlaf vermutet.
Am 2. März 1980 wird Norbert Steger auf einem Sonderparteitag der FPÖ in einer Kampfabstimmung zum Bundesparteiobmann gewählt. Die Mehrheit im neuen FPÖ-Vorstand sieht nun die Zeit zur Verwirklichung des großen Traumes des allergrößten Teils aller FPÖ-Parteimitglieder gekommen, nämlich nach 35 Jahren Trockenzeit endlich wieder an der nächsten österreichischen Bundesregierung und dem ganzen damit einhergehenden Nutzen für seine Partei beteiligt zu werden. Kein Chef des "dritten Lagers" konnte sich so eine Gelegenheit entgehen lassen. Das ist jedenfalls die feste Überzeugung Stegers, seines Langzeit-Vorgänger als Obmann und nunmehrigen parlamentarischen Clubobmanns Friedrich Peter sowie des gesamten nationalliberalen Flügels der FPÖ, zudem Steger sich selbst zählt.
Die FPÖ hatte in der Wählergunst seit ihrer Gründung in den Jahren 1955 und 1956 beständig verloren. Ihre Vorgängerpartei, die WdU (Wahlpartei der Unabhängigen) war bei den Wahlen 1949 und 1953 angetreten und jeweils mehr als 10% der gültigen Stimmen gewonnen. Die FPÖ war danach über die 7,7% bei der Nationalratswahl 1959 nie mehr hinausgekommen und hatte sich bei den folgenden Urnengängen zwischen 5 und 6 Prozent eingependelt. Der Hauptgrund für diesen Wählerschwund war mit hoher Wahrscheinlichkeit die Politik von SPÖ und FPÖ gegenüber ehemaligen NSDAP-Mitgleidern gewesen. Für jede auch nur mit etwas mehr Opportunismus und Individualität als Nibelungentreue "zur Sache des deutschen Volkes" im Leib gesegnete Person, war dort einfach viel mehr zu holen gewesen.
Die erfolgte Ablöse von Alexander Götz durch Norbert Steger erbost zwar die für die Parteiarbeit so wichtigen "Ewig-Gestrigen" und empfindliche Burschenschafter-Herzen, erleichtert aber die Umsetzbarkeit der Koalitionsvariante Rot-Blau innerhalb der SPÖ sehr. Friedrich Peter, Götz' Vorgänger, der 1978 nicht mehr zur Bundesobmannwahl der FPÖ angetreten war, ist durch seine Kriegsvergangenheit als Angehöriger der 1. SS-Infanteriebrigade schwerstens belastet, war zwar von 1970 - 1971 von Kreisky als Beschaffer von Mehrheiten für die SPÖ-Minderheitsregierung geschätzt worden, der Bundeskanzler hatte den FPÖ-Obmann nach der Nationalratswahl 1975 auch massiv gegen Vorwürfe von Simon Wiesenthal wegen seiner Kriegsvergangenheit verteidigt, doch all das hatte Peter bei den SPÖ-Mitgliedern, bei der ÖVP und in seiner eigenen Partei, die damals noch mehr als später viele explizite Antisemiten in ihren Reihen hatte, auch nicht gerade beliebter gemacht.
Außerdem hatte Peters Verhalten 1971 das vorzeitige Ende der Minderheitsregierung Kreisky I und die vorgezogene Neuwahl des Nationalrats ausgelöst, weil er der SPÖ die Unterstützung für die Einführung der Fristenlösung verweigert hatte. Mit dem dreimaligen Erreichen der absoluten Mehrheit 1971, 1975 und 1979 hatte es auch einfach keinen Grund für die SPÖ mehr über eine Regierungsbeteiligung der FPÖ nachzudenken. Diese hätte sowies sehr unangenehme öffentliche und interne Debatten der Parteiführung mit ihrem linken und antifaschistischen Flügelund vor allem ihren Jugend- und Studentenorganisationen provoziert. Die Situation stellt sich 1981 weitgehend verändert dar. Die absolute Mehrheit der SPÖ schwindet in allen Umfragen zunehmend dahin. Norbert Steger als Vertreter der Liberalen innerhalb der Freiheitlichen, geboren 1944 und also auch in dieser Hinsicht unbelastet, führt einen mehrheitlch liberalen FPÖ-Parteivorstand an.
Am 18. Mai 1980 erhält der von der FPÖ-Führung nominierte deutschnationale Ex-ÖVP-Politiker und Diplomat Dr. Willfried Gredler im 1. Wahlgang der Bundespräsidentenwahl 751.400 Stimmen, das sind 16,9% der gültigen Stimmen. Norbert Burger erhält 140.741 Stimmen, das sind 3,2% der gültigen Stimmen. Man kann das Gesamtpotential erkennen.
Ende der absoluten Mehrheiten, Wiedereinzug des "dritten Lagers" in die Regierung
1980 deckt der Journalist Alfred Worm den AKH-Skandal auf. Ausufernde Kosten und das Bekanntwerden der Zahlung von Schmiergelder beim Bau des Allgemeinen Krankenhauses in Wien hatten Worm zu seinen Recherchen gebracht. Als Hauptschuldiger wird der technische Direktor der Allgemeinen-Krankenhaus-Planungs- und Errichtungsgesellschaft (AKPE) Adolf Winter, festgemacht. Als Untersuchungsrichterin wirkte Helene Partik-Pablé, die dadurch in Österreich Popularität erlangt und später für die FPÖ in den Nationalrat einzieht. Im September 1981 folgt der AKH-Prozess, das bis dahin größte Gerichtsverfahren in Österreichs Nachkriegsgeschichte mit 30.000 Seiten in 67 Aktenordnern, ebenso vielen Beilagenseiten, vier Sachverständigen und mehr als 100 geladenen Zeugen. Die beiden enorm populären "Kronprinzen" Kreiskys, Leopold Gratz, der Bürgermeister von Wien und Hannes Androsch, Vizekanzler und Finanzminister, sind als Nachfolger diskreditiert.
Am 20. Jänner 1981 wird der Androsch von seiner Partei gezwungen, alle politischen Ämter zurück zu legen. Seine politische Karriere scheitert an als unvereinbar mit seinem Staatsamt angesehenen Privatgeschäften mit seiner Steuerkanzlei.Zusätzlich wird er 1988 in der Folge des AKH-Skandals verurteilt werden. Er wird deswegen sein Amt als Generaldirektor der staatseigenen Creditanstalt verlieren.
Erst danach kommt es zur Aufnahme von gerichtlichen Erhebungen wegen länger zurückliegender finanzieller Unklarheiten und zur Anklage wegen privater Schwarzgeldkonten Androschs. Seine Angabe, sein reicher Wahlonkel Gustav Steiner habe ihm viel Geld zur Verfügung gestellt, erweist sich nicht als tragfähig: Androsch wird nach einem langen Gerichtsverfahren, welches sämtliche Instanzen durchlaufen hatte, schließlich rechtskräftig wegen Steuerhinterziehung verurteilt.
Der Bau des Konferenzzentrums "Austria Center Vienna" wird trotz massiven Widerstands aus der Bevölkerung rücksichtslos umgesetzt. Ein Volksbegehren, das ÖVP-Abgeordneteninitiiert hatten, richtet sich gegen das Projekt und ist mit 1.361.562 Unterschriften das erfolgreichste der Zweiten Republik.
Am 24. April 1983 wird die 16. Nationalratswahl abgehalten. Stärkste Partei wird zum 5. Mal hintereinander die SPÖ unter Führung von Bundeskanzler Bruno Kreisky. Allerdings verliert die Partei nach 12 Jahren die absolute Mehrheit bei den Stimmen (47,6%, -3,4 Prozentpunkte) und Mandaten (90, -5). Mit leichten Stimmen- (43,2%, +1,3 Prozentpunkte) und Mandatsgewinnen (81, +4) belegt die ÖVP mit Spitzenkandidat Alois Mock den zweiten Platz. Die FPÖ, die erstmals mit Norbert Steger als Spitzenkandidat antritt, fährt ihr bisher schlechtestes Ergebnis bei den Stimmen(5,0%, −1,1 Prozentpunkte) ein, gewinnt aber wegen der Wahlrechtsreform ein Mandat (12, +1) dazu. Weder die Vereinten Grünen Österreichs (VGÖ) noch die Alternative Liste Österreich (ALÖ) erreichen bei ihrem ersten Antreten ein Grundmandat.
Die VGÖ scheitert dabei nicht zuletzt aufgrund einer Medienkampagne gegen ihren Spitzenkandidaten, den Schauspieler Herbert Fux. Dieser wird mittels eines Interviews in der von Wolfgang Fellner herausgegebenen Zeitschrift Basta sexuell verunglimpft. Später wird gerichtlich festgestellt, dass das Interview inhaltlich entstellt und teilweise frei erfunden ist. Der Image-Schaden für Fux ist jedoch enorm und führte zu seiner Ablösung als Spitzenkandidat der VGÖ.
Ein parlamentarisches Nachspiel bringen das Ergebnis und die Verhandlungen Kreiskys mit Steger auch noch. Als FPÖ-Klubobmann Peter zum dritten Nationalratspräsidenten gewählt werden soll, erheben sich dagegen zahlreiche Proteststimmen innerhalb und außerhalb der SPÖ. Der SPÖ-Jungabgeordnete Josef Cap, der seinen Einzug ins Parlament durch einen fulminanten Vorzugsstimmenwahlkampf erreichen hatte müssen, weil er auf der SPÖ-Kandidatenliste auf einem hoffnungslos elegenen Platz gereiht worden war, sagte der Abendjournalredation des ORF am 13. Mai 1983, er werde Peter nicht wählen.
Cap war von der Parteiführung der SPÖ an unwählbarer Stelle gereiht worden, weil er im Vorjahr, anlässlich des SPÖ-Parteitages am 28. Oktober 1982 öffentlich drei unangenehme Fragen an den sozialdemokratischen burgenländischen Landeshauptmann Theodor Kery zu dessen Monatsverdienst, seiner Stromrechnung und seinen Schiessgewohnheiten gestellt hatte.
Am 17. Mai 1983 jedenfalls verzichtet Peter auf die Kandidatur zum dritten Nationalratspräsidenten um den Weg für eine rot-blaue Koalition nicht zu verbauen. Am selben Tag erteilt Bundespräsident Rudolf Kirchschläger dem Wahlsieger Kreisky den Auftrag zur Regierungsbildung. Der Weg für eine rot-blaue Koalition ist offen und die Verhandlung schreiten "unerwartet" zügig voran. Am 18. Mai werden letzte Personalentscheidungen innerhalb der FPÖ getroffen und am darauf folgenden Tag unterzeichnen SPÖ und FPÖ ein Arbeitsübereinkommen für die Legislaturperiode.
Am 24. Mai 1983 gelobt Präsident Kirchschläger die rot-blaue Bundesregierung Sinowatz an. Bruno Kreisky zieht sich aus gesundheitlichen Gründen aus der Politik zurück, hatte aber nach 13 Jahren als Chef einer roten Alleinregierung die sogenannte kleine Koalition fertig ausgehandelt und sie seinem letzten verbliebenen Mitstreiter Sinowatz "ins Bett gelegt", damit die "Schwarzen" noch weiter von Kabinettsposten und den entsprechenden Personalplatzierungen ausgeschlossen blieben. Fred Sinowatz, der seit 1971 Bundesminister für Unterricht und Kunst sowie seit 1981 Vizekanzler gewesen ist, wird widerstrebend Bundeskanzler in der ersten Regierung, in der die FPÖ und der ersten Nachkriegsregierung, in der das "dritte Lager", das in der 1. Republik so oft Juniorpartner der Christlichsozialen Partei gewesen war, vertreten ist. FPÖ-Obmann Steger folgt Sinowatz als Vizekanzler und übernimmt gleichzeitig das Handelsministerium.
Am 10. September 1984 kehrt Leopold Gratz in den Nationalrat und die Bundespolitik zurück und wird der Außenminister der Regierung Sinowatz. Sinowatz war 1973 bei Gratz' Wechsel ins Wiener Rathaus sein Nachfolger als Unterrichtsminister gewesen. 1975 war Gratz der beliebteste österreichische Politiker gewesen und vom TIME-Magazin unter jene 150 Menschen gereiht worden, die weltweit größte Popularität genossen.
Am 1. März 1985 bietet Fred Sinowatz dem ehemaligen UN-Generalsekretär Dr. Kurt Waldheim an, ihn gemeinsam mit der ÖVP als Präsidentschaftskandidaten aufzustellen. Am Folgetag nominiert ÖVP-Obmann Dr. Alois Mock Waldheim jedoch als Kandidaten seiner Partei, die damit laut Umfragen gute Chancen auf ihren ersten Sieg bei einer Präsidentenwahl seit 1945 hat. Die SPÖ stellt am 16. April Gesundheitsminister Dr. Kurt Steyrer als Gegenkandidaten für's Verlieren auf.
Nach einer Umfrage des österreichischen Gallup-Institutes lässt sich für den Zeitraum von 1985 bis Anfang 1986 (noch vor Beginn der Waldheim-Debatte) im Vergleich zu den Jahren zuvor “eine signifikante Steigerung von Österreich-Artikeln in der bundesdeutschen und amerikanischen Presse nachweisen". In den Monaten von Januar bis April 1986 steigt die Artikelflut weiter an. Das Land erhält "eine extrem hohe mediale Aufmerksamkeit (...), die überwiegend durch eine negative Bewertung Österreichs gekennzeichnet war".
Am 4. Mai 1986 erhält Dr. Kurt Waldheim im 1. Wahlgang der Bundespräsidentenwahl 2.343.463 Stimmen, das sind 49,6% der gültigen Stimmen und 5,9 Prozentpunkte mehr als Dr. Kurt Steyrer. Die Krone hält voll zu ihm. In der Stichwahl am 8. Juni 1986 erhält Waldheim dann noch 121.324 Stimmen mehr, das sind dann 53,9%.
Die Folgen bis zum Jahresende sind dramatisch. Sinowatz tritt nach der verlorenen Bundespräsidentenwahl zurück. Da er sich während des Wahlkampfs um das Bundespräsidentenamt wegen dessen nationalsozialistischer Vergangenheit stark gegen den ÖVP-Kandidaten Kurt Waldheim exponiert und vor der drohenden Isolation durch westliche Staaten gewarnt hatte, tritt Leopoöd Gratz als Außenminister ebenso zurück und in der folgenden Bundesregierung Vranitzky I nicht mehr als solcher an.
Gratz wird überhaupt kein Ministeramt mehr bekleiden. 1989 wird er wieder als Beteiligter in zwei Skandalen genannt, dem Fall Lucona und der Noricum Affäre. Am Beginn der Nationalratssitzung am 25. Jänner 1989 wird er seinen Rückzug aus der österreichischen Politik bekannt geben und erklären, "seine Entscheidung sei eine persönlich und sie sei politisch begründet." Gratz wird 1993 wegen falscher Zeugenaussage zu einer Geldstrafe verurteilt werden. Im gleichen Jahr wird Gratz im Noricum-Prozess ebenso wie der frühere Bundeskanzler Fred Sinowatz vom Verdacht des Amtsmissbrauchs und des Beitrags zur Neutralitätsgefährdung freigesprochen werden.
Am 16. Juni 1986 wird Franz Vranitzky anstelle von Fred Sinowatz Bundeskanzler, Jörg Haider putscht in der FPÖ. Vranitzky wirft die FPÖ aus der Regierung und zieht nach ca. 20 Jahren Versenkung die Gro-Ko, die nicht wenige Funktionäre in den beiden noch "großen" Parteien immer noch lieben, wieder aus der Tasche.
Am 23. November 1986 findet die 17. Nationalratswahl statt. Stärkste Partei wird die SPÖ von Bundeskanzler Franz Vranitzky, die wieder empfindlich Stimmen (43,11%, -4,54 Prozentpunkte) und Mandate (-10) verliert. Doch auch die ÖVP von Alois Mock, die schon gewohnheitsmäßig den zweiten Platz belegt, verliert Stimmen (41,29%, -1,93 Prozentpunkte) und Mandate (-4). Die FPÖ, die erstmals mit Jörg Haider an der Spitze antritt, belegte den ansgestammten dritten Platz und kann ihren Stimmanteil im Vergleich zur letzten Wahl mit Steger als Spitzenkandidat fast verdoppeln (9,73%, +4,75 Prozentpunkte, 18 Mandate). Nachdem bei der Nationalratswahl 1983 weder den Vereinten Grünen Österreichs noch der Alternative Liste Österreichs der Gewinn eines Grundmandates gelang, schaffte 1986 die Grüne Alternative mit Spitzenkandidatin Freda Meissner-Blau erstmals den Einzug in den Nationalrat (4,82%, +3,46 Prozentpunkt, 8 Mandate). Franz Vranitzky bleibt Bundeskanzler und bildet die Bundesregierung Vranitzky II.
Am 11. Mai 1988 wird Vranitzky auf einem außerordentlichen Parteitag auch Sinowatz’ Nachfolger als Parteivorsitzender der SPÖ. Er verbietet Koalitionen mit der FPÖ österreichweit und für immer und gewinnt die Nationalratswahlen 1986, 1990, 1994 und 1995 jeweils relativ gegen wechselnde Bundesobleute der ÖVP. Die SPÖ wird am nächsten Ende der großen Koalition fast 30 Jahre in der Regierung gewesen sein und ebenso lange den österreichischen Bundeskanzler gestellt haben.
Die ÖVP scheint sich vom politischen Genickbruch, den sie in den 70er Jahren erlitten hat, vorläufig immer nocht nicht erholen zu können. Wegen der fortgesetzten Wahlsiege Vranitzkys vergießt die SPÖ rasch wieder, wie sehr das Bild von der Korruption in ihren Reihen dem Wahlpublikum bewusst geworden ist.
Am 4. Mai 1995 wechselt Wolfgang Schüssel vom Wirtschafts- ins Außenministerium und übernimmt damit 2 Schlüssel zur Macht hierzulande, den Vizekanzler von Dr. Erhard Busek und das von der SPÖ schon 1987 ohne Not an die ÖVP verschenkte Außenamt von Dr. Alois Mock. Zuvor hatte er in langen geduldigen Manövern seine 3 Vorgänger als ÖVP-Obmann, die Großkoalitionäre Mock, Riegler und Busek parteiintern „geschlagen“. Diverse Ergebnisse an den Urnen und die Ungeduld der Volkspartei nach 17 Jahren ohne Kanzler tragen das ihre dazu bei. Schüssel bricht innerlich mit dem Vranitzky'schen Gesetz. An der Kinokasse "Vom Zaun gebrochene Neuwahl 1995" muss Schüssel bitter erfahren, dass er hinter den Kulissen ein Politgenie aber an der "Kinokasse" ein Giftl und Flopbringer ist. Er reißt sich zusammen und macht als Vizekanzler weiter.
1999 führt er die ÖVP zu ihrem Tiefpunkt und erstmals bei einer Nationalratswahl auf den 3. Platz hinter SPÖ und FPÖ. Er manövriert den SPÖ-Chef Klima und den FPÖ-Chef Haider genau dahin, wo er sie haben will, erringt vom 3. Platz aus den Bundeskanzlersessel und ist am Ziel seiner Träume und seiner Realität angekommen. Die Empörung großer Teile der Bevölkerung und der traditionellen Eliten lässt ihn kalt. Er tötet alle lästigen Gegner und verwirrt den beiden anderen Parteien den Kopf so, dass sich die eine, die das Regieren seit 55 Jahren mit einer misslungenen Unterbrechung von 1983 - 1986 nicht geübt hat, ihre Selbstvernichtung vorbereitet. Die andere, die das Opponieren in den 30 Jahren ihrer Regierungstätigkeit, davon 13 Jahre Alleinregierung und durchgehen mit Bundeskanzler, völlig verlernt hat, kann wegen ihrer fortgesetzten Siege nicht aufhören, an ihr Anrecht auf eine unbefristete Dauermiete am Ballhausplatz zu glauben, ist von Entsetzen komplett gelähmt und hat nichts anderes mehr im Kopf als Ferienhäuser in der Toskana und italienische Rotweine.
Im September 2002 findet der außerordentliche Parteitag der FPÖ in Knittelfeld statt, wo das Hauen und Stechen kein Ende hat.
Am 24. November 2002 fährt Schüssel nachdem er zum zweiten Mal vorzeitig eine Koalition beendet hat, diesfalls die erste schwarz-blaue, einen Windfall-Profit-Kantersieg mit 42,30% der gültigen Stimmen und 79 Mandaten gegen 36,51% der Stimmen und 69 Mandate für die SPÖ sowie katastrophale 10,01% und 18 Mandate für die FPÖ und damit den ersten schwarzen Sieg bei einer Nationalratswahl ein. Dieser Sieg ist sehr viel schöner als der UHBP-Sieg von Alois Mock, obwohl das Ausland, die Ostküste und die roten Gutmenschen und Vaterlandsverräter genau so dagegen sind wie seinerzeit. Die gesamte ÖVP-Führung wird in der Sekunde größenwahnsinnig.
Am 23. April 2005 wird Heinz-Christian Strache zum Bundesparteiobmann der „neuen“ gespaltenen FPÖ gewählt. Herbert Kickl verrät seinen Meister endgültig und geht mit H.-C. davon. Wär’s doch 8 Tage später und im Mai gewesen, dann würde es noch besser hierher passen.
2006 zeigt sich bei der regulären NR-Wahl die fundamentale Kassengifteigenschaft von Schüssel erneut, obwohl er doch bis einen Monat vor der Wahl den ORF sowie ÖBB, ÖAV und ÖIAG überhaupt im Griff zu haben schien. Er verliert gegen das amtliche Kassengift Alfred Gusenbauer mit 34,33:35,34 (gemessene Weite) bzw. 66:68 (Stilnote) die Wahl und das Kanzleramt. Schüssel geht in sich, beschließt, nie mehr ohne Verkäufer zu arbeiten. Er tauscht mit Wilhelm Molterer (ÖVP-Obmann gegen Club-Obmann und) und übernimmt diverse lockere Aufsichtsjobs, im Kuratorium der Bertelsmann Stiftung, im Aufsichtsrat von RWE, im European Advisory Board von Investcorps, im Kuratorium der Konrad-Adenauer-Stiftung, Aufsichtsrat des russischen Mobilfunkanbieters MTS, zuletzt 2019 im Board of Directors von Lukoil. Gusenbauer wird Bundeskanzler, Molterer Vizekanzler, die GroKo ist zurück. Die gesamte SPÖ-Führung wird in der Sekunde größenwahnsinnig.
Am 12. August 2008 gibt Dr. Jörg Haider bekannt, dass er vor hat, wieder in den Ring zu steigen und bei der Nationalratswahl 2008 gegen seine verräterischen Erben anzutreten. Das "Bündnis Zukunft Österreich, das seit 2006 mit 7 Mandaten im Parlament werkt, kann bei der Nationalratswahl am 28. September seinen Stimmenanteil mit 10,7 % mehr als verdoppeln, was Beobachter Haiders Antreten als Spitzenkandidat seiner Partei zuschreiben. Das BZÖ erreicht in Kärnten mit 39,4% ihr bestes Ergebnis, während sie in den anderen Bundesländern nur zwischen 4,7% (Wien) und 13,2% (Steiermark) schafft.
Am 11. Oktober 2008 wiederholt sich nach 33 Jahren der Fall, dass ein österreichischer Parteichef aus Kärnten, der wegen der allgemeinen Umstände keine Chance hat, je Bundeskanzler zu werden, durch einen (selbst verschuldeten) Autounfall stirbt. Jörg Haider fährt mit überhöhter Geschwindigkeit und stark alkoholisiert bei der kleinen Ortschaft Lambichl nach einem Überholvorgang mitten in der Nacht in eine Gartenbegrenzung. Sein VW-Phaeton zerschellt und Haider kommt ums Leben.
Das BZÖ kauft das Wrack nach dem Unfall um 40.000 Euro mit Parteigeldern und bringt ihn "an einen geheimen Ort", wo er bis heute versteckt wird.
Am 18. Oktober 2008 findet die Trauerfeier für Jörg Haider in Klagenfurt statt. Die Bischöfe Alois Schwarz und Egon Kapellari zelebrieren das Requiem. An den verschiedenen Feiern nehmen mehr als 25.000 Menschen teil. Darunter sind Bundespräsident Heinz Fischer, Bundeskanzler Alfred Gusenbauer und alle Landeshauptleute, Stefan Petzner, zahlreiche Veteranen des Zweiten Weltkriegs, Saif al-Islam al-Gaddafi sowie zahlreiche seiner früheren Wegbegleiter und Vertreter von mehreren deutschnationalen Burschenschaften. An ausländischen Politikern erscheinen allerdings nur der Präsident der Region Friaul-Julisch Venetien, Renzo Tondo, mit Fahne und Wappen seiner Region sowie der Präsident der Region Veneto, Gianfranco Galan. In Lambichl und anderswo in Kärnten werden zahlreiche Pilgerstätten für den "heiligen Jörg" eingerichtet.
Am 2. Dezember 2008 ist es mit der GroKo-Regierung und der Kanzlerkarriere von Dr. Alfred Gusenbauer nach knapp 2 Jahren schon wieder aus. Er wird wegen sinkender Popularitätswerte und Fehlverhalten während der großen Überschwemmung 2008 von der eigenen Partei gestürzt und durch Werner Faymann ersetzt. Eine Zeitung zitiert einen Genossen des Kanzlers mit den Worten: "Gegen Faymann ist ein Aal ein sehr rauhäutiges Tier.
Am 16. Dezember 2013, anlässlich der Amtsübernahme der Regierung Faymann II lässt sich trotz aller Mahnungen Dr. Christian Konrads der Studienabbrecher Sebastian Kurz als Minister für Europa, Integration und Äußeres angeloben.
Am 17. Mai 2016 erreicht die Verwirrung, Arroganz und daher Denkunfähigkeit der österreichischen Sozialdemokratie mit der Übernahme des Bundeskanzleramts durch den Journalisten, studierten Kommunikationswissenschaftler und ÖBB-Generaldirektor Mag. Christian Kern einen neuen Höhepunkt. Kurz wird zum 2. Mal gemeinsam mit der restlichen Regierung Kern I als Europa-, Integrations- und Außenminister angelobt.
Am 22. Mai 2016 erhält Ing. Norbert Hofer im 2. Wahlgang der Bundespräsidentenwahl 2.220.654 Stimmen, das sind 49,65% der gültigen Stimmen und Prozentpunkte 0,7 Prozentpunkte als Dr. Dr. Alexander Van der Bellen. Der VfGH hebt die Wahl auf der Basis einer Rechnung ohne Matura-Niveau auf. Die spätere Expertenkanzlerin führt bei dieser Peinlichkeit den Vizevorsitz oder so.
Am 4. Dezember 2016 wird die Stichwahl zwischen Hofer und Van der Bellen wiederholt. Die Wahlbeteiligung steigt wiederum und liegt nun bei 74,21% der Wahlberechtigten, im Vergleich zu 72,75% beim aufgehobenen 2. Wahlgang im Mai. Alexander Van der Bellen kann seinen Stimmanteil auf 53,79% erhöhen, während Hofer im Vergleich zur Wahl in Mai sowohl Prozentpunkte als auch Stimmen verliert. Auf ihn entfallen nun 46,21% der gültigen Stimmen.
Am 26. Jänner 2017 tagt die Bundesversammlung zum 18. Mal seit Inkraft-Treten der österreichischen Bundesverfassung. Der neue Bundespäsident Alexander Van der Bellen wird angelobt. Vor der Verfassungsnovelle von 1929 und noch 2 mal nach ihr (Wilhelm Miklas, CSP, ohne Not im Oktober 1931, Karl Renner, nach der NR-Wahl im Dezember 1945) hatte die Bundesversammlung den Bundespräsidenten auch gewählt, wie es ähnlich bis heute in der Bundesrepublik Deutschland geschieht. Van der Bellen ist erst der 9. Bundespräsident der Republik Österreich.
Die Bundesversammlung ist wegen der erwähnten Verfassungsnovelle eine Einrichtung mit etwas assymetrischen Kompetenzen. Das Bundes-Verfassungsgesetz regelt in Art. 38 die grundsätzlichen Aufgaben der Bundesversammlung wie folgt:
Die Bundesversammlung wird grundsätzlich vom Bundespräsidenten einberufen. Ausgenommen sind die Fälle, in denen das Staatsoberhaupt selbst Beratungssubjekt der Versammlung ist - etwa zum Zweck der Absetzung oder Anklage - und die Angelobung eines neuen Bundespräsidenten, wenn das Amt - etwa durch den Tod des Staatsoberhauptes - dauerhaft erledigt ist. Zu diesen Anlässen geht das Einberufungsrecht auf den Bundeskanzler bzw. das Kollegium der drei Nationalratspräsidenten über.
Am 10. Mai 2017 gibt Vizekanzler Reinhold "Django" Mitterlehner bekannt, er werde sowohl als Bundesparteiobmann der ÖVP, wie auch von seinen Ämtern als Minister und Vizekanzler zurücktreten. Als Termin nennt er den 15. Mai. Sein Nachfolger als zunächst nur designierter ÖVP-Obmann wird am 14. Mai Außenminister Sebastian Kurz, der umgehend Neuwahlen fordert, es aber ablehnt, in der Regierung das Amt des Vizekanzlers zu übernehmen. Nach einem Gespräch mit Bundespräsident Alexander Van der Bellen sagt Mitterlehner am 15. Mai zu, vorerst seine Regierungsämter weiter auszuüben. Vizekanzler wird am 17. Mai der parteilose Justizminister Wolfgang Brandstetter. Kurz und Schüssel beginnen mit der verbesserten Durchführung des bewährten, aber auch schon schiefgegangen Manövers "Koalition Sprengen mit anschließendem Wahlsieg.
Am 15. Oktober 2017 findet die 26. Nationalratswahl in Österreich fand statt. Zuvor war die 25. Legislaturperiode durch Beschluss des Nationalrates verkürzt worden. Stimmenstärkste Partei wird die ÖVP mit 31,5% der gültigen Stimmen, einem Plus von 7,5 Prozentpunkte und 62 Mandaten. Die SPÖ mit Bundeskanzler Christian Kern gewinnt 4 Hundertstelprozentpunkte zu ihrem historisch schlechtesten Ergebnis 2013 dazu und liegt mit 26,9% der Stimmen und 52 Mandaten auf dem zweiten Platz. Mit 26,0% der Stimmen und 51 Mandaten erreicht die FPÖ mit H.C. Strache als Spitzenkandidat das zweitbeste Ergebnis ihrer Geschichte und den dritten Platz.
Alle 3 traditionellen Parteien gewinnen Stimmanteile, ein Novum in der Zweiten Republik. Zum Debakel wird die Wahl für die "Die Grünen - Die Grüne Alternative". Die Partei stürzt von 12,42% 2013 auf 3,80% der gültigen Stimmen ab und fliegt aus dem Nationalrat, dem sie seit 1986 angehört hatte. Die neoliberale Partei NEOS verbessert sich im Vergleich zu 2013 um 34 Hundertstelprozentpunkte, gewinnt ein Mandat hinzu und wird viertstärkste Kraft. Die Liste Peter Pilz mit dem mit seinen ehemaligen Parteifreunden völlig zerstrittenen ehemaligen Bundessprecher der Grünen an der Spitze schafft den Einzug ins Parlament mit 4,4% und 8 Mandaten. Es wird wohl ein kurzes Gastspiel männlicher Egos werden.
Das Wahlergebnis ermöglicht die Bildung einer stabilen Bundesregierung nur durch eine Koalition von mindestens zwei Parteien, ÖVP-SPÖ (nicht mehr so große Koalition mit 114 Mandaten), ÖVP-FPÖ, Neuauflage von Schwarz-Blau als Türkis-Blau mit 113 Mandaten, SPÖ-FPÖ, Neuauflage von Rot-Blau mit 104 Mandaten. Koalitionen mit NEOS oder Liste Pilz ergeben keinen Sinn. Theoretisch bestünde auch die Möglichkeit einer ÖVP-Minderheitsregierung mit Duldung bzw. Unterstützung von einer oder mehr Parteien. Diese Regierungsform hat in der zweiten Republik keine Tradition und ist bislang nur einmal alsBundesregierung Kreisky I, 1970–71 für eineinhalb Jahre vorgekommen.
Kurz hatte allerdings schon im Wahlkampf ziemlich klar gemacht, wohin die Reise gehen sollte. Bereits am Wahlabend kündigt Bundespräsident Van der Bellen seine Absicht an, ihn mit der Regierungsbildung zu beauftragen, sobald das endgültige amtliche Wahlergebnis vorliegen werde, was am 20. Oktober der Fall ist. Die SPÖ beschließt, mit ÖVP und FPÖ das Gespräch zu suchen. Nach unverbindlichen Sondierungsgesprächen mit allen Parteien ignoriert Kurz die SPÖ sowie NEOS und Liste Pilz, mit denen Gespräche schon arithmetisch keinen Sinn machen. Am 25. Oktober beginnen die Koaltionsverhandlungen zwischen ÖVP und FPÖ mit der Beteiligung von 140 Personen in x Arbeitsgruppen. Die Verhandlungsteams einigen sich rasch und demonstrieren in der Öffentlichkeit eine nie dagewesene Harmonie.
Der Wiener Vizebürgermeister Johann Gudenus, FPÖ, Peter Pilz von der nach ihm benannten Liste nehmen ihre Nationalratsmandate vorerst nicht an. Außerdem verzichten Hans Peter Doskozil und Veronika Matiasek, Beate Meinl-Reisinger von den NEOS, Norbert Nemeth und Hans Jörg Schelling auf ihre Mandate.
Am 18. Dezember 2017 wird die türkis-blaue Bundesregierung Kurz von Bundespräsident Van der Bellen ernannt und angelobt. Die internationale Irritation hält sich im Gegensatz zum Jahr 2000 und ganz besonders in In Israel, "an der Ostküste" und in der Wahrnehmung der österreichischen Medien in engen Grenzen. Kurz beginnt eine sehr lange Weltreise. Wolfgang Schüssel kommt zum 3. Mal am Höhepunkt seiner Träume an. Diesmal ist es vielleicht noch besser als die beiden Male zuvor.
Am 14. Februar 2019 lehnt der Österreichische Bundesrat eine Novelle des Ökostromgesetzes, alle 21 SPÖ-Abgeordneten stimmen dagegen, ab. Die SPÖ will „sofort“ neu verhandeln, ÖVP und FPÖ lehnen das kategorisch ab. Der Bundesrat hatte seit 1920 ein Erfüllungsgehilfen-Schattendasein hinter dem Nationalrat geführt, doch an diesem Tag findet eine bemerkenswerte Premiere statt. Erstmals in der Geschichte verhindert er einen Gesetzesbeschluss.
Am 17. Mai 2019 zündet ein unbekannter Feind eine bereits im Sommer 2017 gebaute und eingelagerte Bombe am Beginn des Wochenendes vor der anstehenden Wahl zum EU-Parlament, die zum ersten Mal die großen Risse in der türkis-blauen Koalition und ihre diversen, schwer behebbaren Dilemmata ans Licht zerren musste. Ob der Zündzeitpunkt tatsächlich optimal gewählt war, wird sich im September 2019 und den Folgejahren zeigen.
Die schon auch rechtes-weltbild-lastige, moralin-freie, aber eher Bitte-keine-Nazis-mehr-wir-wollen-ja-nur-ein-bisschen fuhrwerken-und-dann-mit-ein-paar-Freunden-abstauben-Fraktion der FPÖ geht unter. Die echten "Heimattreuen" kassieren das meiste ein und fliegen dafür aus der Regierung. Die Abstauber und Fuhrwerker haben im Schnitt 3-bis-5-Jahres-Verträge und werden schon noch das eine oder andere admistrative Maßnähmchen durchführen und ihr Network, wie man heute sagt, stärken können. Ein bisschen wird man sie zur weiteren Schächung der sogenannten überflüssig-übertriebenen Sozialleistungen noch weiter machen lassen. Das rot-grüne Reichsdrittel von Österreich jubelt trotzdem wie verrückt.
Am 18. Mai 2019 setzt Bundeskanzler Kurz im Zuge der Beendigung der türkis-baluen Koalitionsregierung für den Herbst eine vorgezogene Neuwahl des Nationalrates an. Der September wird als Wahlmonat rasch wahrscheinlich. Über den Wahlsonntag können sich die Parteien aber nicht einigen. Die ÖVP will möglichst früh, SPÖ und FPÖ möglichst spät wählen lassen.
Am 22. Mai 2019 entlässt UHBP gemäß Art. 70 Abs. 1 B-VG Innenminister Herbert Kickl auf Vorschlag des Bundeskanzlers aus der Regierung. Danach enthebt er die weiteren Regierungsmitglieder der FPÖ auf eigenen Wunsch hin ihres Amtes. Gleichzeitig ernennt Van der Bellen mit diesem Formalakt Bundesfinanzminister Hartwig Löger zum Vizekanzler und gelobt die von Kanzler Kurz vorgeschlagenen 4 Experten als Bundesminister an. Bundesministerin Juliane Bogner-Strauß wird zusätzlich zu ihrem bisherigen Ressort mit den Agenden Beamten und Sport betraut. Ab diesem Tag regiert Kanzler Kurz mit seinem Kabinett als ÖVP-geführte Minderheitsregierung.
Die Ereignisse im Parlament überschlagen sich. Pilz, der nichts mehr zu verlieren hat und einen dramatischen Abgang wünscht, kündigt an, am Montag einen Misstrauensantrag gegen Kurz stellen zu wollen. SPÖ und FPÖ überlegen diskutieren das ganze Wochenende die Vor- und Nachteil der möglichen 2 Antworten auf die Frage, ob sie nicht doch lieber gleich die ganze Regierung stürzen sollen und wollen.
Am 27. Mai 2019 wird der Regierung Kurz schließlich von der Mehrheit des Nationalrats das Vertrauen versagt.
Am 28. Mai wird die gesamte Regierung Kurz vom Bundespräsidenten gemäß der Verfassung des Amtes enthoben. Gleichzeitig beauftragt Van der Bellen den 6 Tage zuvor angelobten Vizekanzler mit der Fortführung der Verwaltung und dem Vorsitz in der einstweiligen Bundesregierung, die nun ohne Kurz auskommen muss. Anschließend werden die bisherigen Minister des Kabinetts Kurz II mit der Fortführung der Amtsgeschäfte bis zur Einsetzung einer Übergangsregierung betraut.
Van der Bellen hat sich im Hintergrund wahrscheinlich erkundigt und schon auf die Suche nach der 4. Expertenregierung für die Republik Österreich gemacht. Er führt Gespräche mit allen Clubobleuten und testet die Akzeptanz für verschiedene verdiente Personen. Alle Beteiligten halten halbwegs dicht. Nach 4 Tagen hat er die Expertenkanzlerin und nach dem nächsten Wochenende die restlichen notwendigen Ministerinnen und Minister ausgemacht.
Am 3. Juni 2019 gelobt UHBP "sein" Expert/inn/en-Kabinett an und ersetzt damit die einstweilige Bundesregierung Löger durch die als Übergangsregierung angelegte Beamt/inn/enregierung Bierlein. Erstmals hat ein Bundespräsident getraut, das Machtpotential, das die Verfassung für ihn in der Krise bereitstellt, zu nutzen und er ist nicht nur der erste sondern, bis der Wahlsieger der vorgezogenen Neuwahl im September, mit hoher Wahrscheinlichkeit wiederum Kurz, feststeht, auch der mächtigste Mann im Staat.
Mehr als die Hälfte der Österreicherinnen und Österreicher sind froh darüber. Große Teile des rot-grünen Reichsdrittels jubeln sogar über die Expertenkanzlerin mit dem sehr konservativen Weltbild und regen sich dafür mächtig über die erste Parteivorsitzende der Sozialdemokratischen Partei auf. Ihnen wird, weil sie immer noch nicht die Sinnhaftigkeit und die Möglichkeiten guter Oppositionspolitik erkannt haben und wieder ankündigen, die Regierungsverantwortung, d.h. die x-te GroKo anzustreben, kurzfristig schwer zu helfen sein. Die ÖVP dagegen verschärft den bereits vorher begonnenen Wahlkampf mit dem altbekannten Schauermärchen von der Gefahr einer praktisch abgemachten österreich-schädlichen rot-blauen Koalition ab Herbst 2019.
Der zuvor schon wegen der verschiedenen gegen ihn gerichteten kolportierten Maßnahmen von ÖVP und FPÖ sehr in Panik erscheinende Österreichische Rundfunk scheint sich zusehends zu entspannen und fährt seine Dauersonderberichterstattung aus Erschöpfung wieder ein wenig zurück.
Am 2. Mai 2022 werden von einer Koalition von Gleichgesinnten der 8. Mai unter dem Namen Freiheit-und-Freudetag sowie der 17. Mai unter dem Namen Ibiza-Tag als gesetzlich festgelegte freiwillige Feiertage gleich- und rechtzeitig in Österreich und Spanien eingeführt. Die deutschen, österreichischen und niederländischen Jusos fordern einen vollständig arbeitsfreien Mai und stimmen nicht mit. Der spanische König besucht Österreich und, obwohl er aus dem Erzfeinde-Haus der Bourbonen stammt, jubeln ihm am Heldenplatz 1.000.000 echte überzeugte österreichische Demokraten und 1000 spanische Diplomaten zu. Nach 500 Jahren sind wir wieder vereint.
Belgien und Luxemburg, Slowenien und die Slowakei treten noch rasch dem neuen Bündnis bei. Karl Habsburg-Lothringen und Felipe Bourbon-Anjou bewerben sich als Apostolische Administratoren und Reichsverweser in Brüssel und Straßburg. Der Ausgang dieser Wahl bleibt vorläufig ungewiss. Man kann nicht beurteilen, ob das Haus Habsburg genug Geld für das notwendige Direkt-Lobbying bei den Elektoren auftreiben kann. Vielleicht wird nach vielen hundert Jahren die Macht doch noch einmal vom Haus Habsburg auf das Haus Valois übergehen.
Alle unangenehmen Ereignisse der österreichischen, spanischen, belgischen, luxemburgischen, slowenischen und slowakischen Vergangenheit werden von einem Bot unter Aufsicht einer kompetenten Kommission (Ma, Bezos, Zuckerberg, Page, Brin, Cook, Musk, Nadella, Rometty, Fiorina, Whitman, Burns, Vestager) gelöscht.
Larry Ellison und Tal Silberstein tun sich zusammen und schicken ein Expert-Executor-Team nach Wien. Dieses Team wirft eine extrem schmutzige Neutronenbombe ab, weil ihre Bosse nicht eingeladen waren. Der Traum von Georg Kreisler, Wien ohne Wiener, geht in Erfüllung.
Und, liebe unschuldige Sozialdemokraten, noch einmal zum Mitschreiben: Die Salonfähigkeit der FPÖ als Regierungspartei in Österreich hat nicht Dr. Schüssel hergestellt, sondern Dr. Kreisky. Und nicht nur, dass er mit ihnen die 70er Jahre hindurch gepackelt hat, um die ÖVP auszumanövrieren, er hat sie auch dem armen Fred im 83er Jahr ins Bett gelegt, bevor er in die ewige Beleidigtheit abging. Dabei hätt’ er ihn nach 13 Jahren Alleinregierung einfach in die Opposition gehen lassen können. Androsch, Gratz, das AKH, der Club 45, war ja alles schon klar. Die Schwarzen sind natürlich an der ganzen Entwicklung seit 1946 voll mitschuldig, daran kann gar kein Zweifel bestehen. Das macht es aber um keinen Deut besser.
Alle hier kolportierten Fakten und Zitate können übrigens in der Wikipedia und auf anderen Websites mehrfach überprüft werden. Wer will, kann das natürlich auch ganz altmodisch in der National- oder anderen Biblitheken unternehmen. Für eingeschlichene Fehler entschuldigen wir uns vorab und werden sie gerne korrigieren, wenn sie vernünftig vorgetragen und mit Recherchehinweisen hinterlegt sind. Für das Kommentieren benötigen sociae et socii p.t. publici einen sogenannten account.
plink, 2 comments, praise or blame!