Eine Chronik, eine Analyse und ein Ausblick der tinytalk-Redaktion
Vom 19. Oktober bis 1. November 1943 findet die Moskauer Konferenz der drei führenden alliierten Mächte USA, Großbritannien und UdSSR statt. An ihr nehmen die 3 Außenminister Cordell Hull, Jurist und Demokrat aus Tennessee, Robert Anthony Eden, 1. Earl of Avon und Konservativer aus Nordengland, und Wjatscheslaw Michailowitsch Molotow, Redakteur und Kommunist aus Mittelrussland, teil. Die Resultate der Konferenz werden als Moskauer Deklaration, auch Moskauer Erklärung, am 30. Oktober 1943 beschlossen und am 1. November 1943 veröffentlicht.
Es geht darin um die Klärung, zu welchen Bedingungen das Bündnis von USA, Großbritannien und der Sowjetunion in der Endphase des Krieges und in der unmittelbaren Nachkriegszeit trotz der vorhandenen politischen Gegensätze aufrechterhalten werden kann. Der Abschlusstext nennt neben den drei durch ihre Außenminister vertretenen Alliierten der USA, der UdSSR und Großbritanniens in der Einleitung China als weiteren unterzeichnenden Partner. Der Drei-Mächte-Konferenz folgt somit eine gemeinsame Vier-Nationen-Erklärung (Joint Four-Nation-Declaration).
Bezugnehmend auf die Deklaration der Vereinten Nationen 1942 verpflichten sich die Alliierten zu einem weiterhin gemeinsamen Vorgehen gegen die Achsenmächte. Neben diesen grundsätzlichen Bestimmungen enthält die Moskauer Deklaration bereits Ansätze, welche Nachkriegsordnung nach dem angestrebten Sieg der Alliierten angestrebt wird. Konkret wird auf Italien (Declaration Regarding Italy) und Österreich (Declaration on Austria) eingegangen.
Der Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich im März 1938 wird für ungültig erklärt und die Absicht ausgesprochen, nach Kriegsende den Staat Österreich wiederherstellen zu wollen.
"Die Regierungen des Vereinigten Königreiches, der Sowjetunion und der Vereinigten Staaten von Amerika sind darin einer Meinung, dass Österreich, das erste freie Land, das der typischen Angriffspolitik Hitlers zum Opfer fallen sollte, von deutscher Herrschaft befreit werden soll.
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Österreich wird aber auch daran erinnert, dass es für die Teilnahme am Kriege an der Seite Hitler-Deutschlands eine Verantwortung trägt, der es nicht entrinnen kann, und dass anlässlich der endgültigen Abrechnung Bedachtnahme darauf, wieviel es selbst zu seiner Befreiung beigetragen haben wird, unvermeidlich sein wird.
Mit der in Aussicht gestellten Wiederherstellung Österreichs ist die Vorstellung einer Befreiung verbunden, ganz im Gegensatz zum Deutschen Reich, das zu einer bedingungslosen Kapitulation gezwungen werden soll. 1945 wird Österreich tatsächlich in den Grenzen von 1924–38 wiederhergestellt. Die Vertreter aller, wegen der Unterbrechung der Rechtskontinuität durch das 3. Reich und eines aus ehrlichen und opportunistischen Motiven zusammengesetzten Willens zur Distanzierung von der austrofaschistischen und nationalsozialistischen Diktatur neu gegründeten politischen Parteien konstruieren aus dem ersten Satz mit dem Kriegsende einen gesellschaftlichen Konsens, dass tatsächlich "Österreich das erste Opfer" der nationalsozialistischen Aggression gewesen sei, der beim größten Teil der österreichischen Bevölkerung nunmehr, nachdem die ursprünglich weit verbreitete Begeisterung für das 3. Reich und seine nationalsozialistische Politik einer großen Enttäuschung und Ernüchterung gewichen ist, eine sehr positive Aufnahme findet.
Die Alliierten dagegen werden 1945 in der Frage der Behandlung Österreich uneins sein. Die britische Regierung, wird fordern, die Bevölkerung insgesamt zur Verantwortung zu ziehen und eine Reeducation zu betreiben. Im Unterschied dazu ist die Sowjetunion vorrangig an der wirtschaftlichen Kompensation interessiert und will den Staat Österreich daher schnell wiederherstellen und in die Pflicht nehmen.
Am 16. März 1945 beginnt die 3. Ukrainische Front der Roten Armee mit mit der 4. und 9. Gardearmee als Vorhut unter Marschall Fjodor Iwanowitsch Tolbuchin die Wiener Operation mit dem Ziel, einerseits die 6. Armee und die 6. Panzerarmee der Wehrmacht kampfunfähig zu machen und andererseits Wien sowie die östlichen Landesteile Österreichs zu erobern. Am Ende wird die Rote Armee lt. Wikipedia 12.190 Geschütze, 1.318 Panzer und 984 Flugzeuge eingesetzt haben.
Am 29. März 1945 überschreiten sowjetische Panzertruppen die österreichische Grenze (zu dieser Zeit deutsche Reichsgrenze) bei Klostermarienberg im Bezirk Oberpullendorf. Ein Teil der Truppen schwenkt nach Norden auf Wiener Neustadt und Mattersburg zu, ein anderer Teil dahinter bewegt sich über Eisenstadt und Gramatneusiedl Richtung Schwechat. Die 9. Gardearmee unter Generaloberst Glagolew dringt auf dem linken Flügel über Aspang mit drei Schützenkorps durch die Bucklige Welt in Richtung Gloggnitz vor. Wien soll von Westen her umfasst werden.
Am 4. April 1945 meldet das Kommando der 103. Gardeschützendivision der Roten Armee an den Stab der 9. Gardearmee, dass sich der im Auftrag von Josef Stalin gesuchte ehemalige Staatskanzler Karl Renner im Raum Gloggnitz aus eigenem Antrieb gemeldet und sich bezüglich einer von Moskau beabsichtigten raschen Bildung einer österreichischen Regierung zur Verfügung gestellt habe. Renner wird zum Stab der 9. Gardearmee weitergeleitet. Die sowjetischen Truppen weisen Renner nach Rücksprache mit Moskau das Schloss Eichbüchl bei Wiener Neustadt als Arbeitstätte zu, wo er gemäß Korpskommissar A. S. Scheltow seine Vorschläge bezüglich der Regierungsbildung zu Papier bringen soll.
Renner richtet nun einen Brief an Stalin, der peinlich wirkende Schmeicheleien enthält, aber keine Zusage bezüglich der gewünschten Bildung einer Volksfront mit der KPÖ aufweist. Stalin nimmt den Brief dennoch zum Anlass, Renner nun tatsächlich mit der Bildung einer Regierung zu beauftragen. Renner sucht das Gespräch mit möglichst vielen erreichbaren Politikern, die keine Nationalsozialisten gewesen sind.
Am 6. April beginnt die Schlacht um das eigentliche Stadtgebiet von Wien. Der Straßenkampf dauert eine Woche.
Neugründung der österreichischen Parteien
Am 12. April 1945 findet im schwer beschädigten Wiener Rathaus das erste Treffen führender in Österreich befindlicher Sozialdemokraten statt. 2 Tage später, am 14. April 1945, wird im Roten Salon des Rathauses ein provisorischer Parteivorstand bestellt. Da sich der Vorsitzende der ehemaligen SDAP, Karl Seitz noch in Deutschland befindet und erst im Juni nach Wien kommen kann, wird Adolf Schärf zum provisorischer Vorsitzenden gewählt.
Schärf, geboren in Nikolsburg in Südmähren, ist ab dem 10. Lebensjahr als Sohn einer armen Arbeiterfamilie in Wien aufgewachsen, wo beide Eltern eine Anstellung als Glasperlenbläser gefunden haben. Er ist 1914, vier Wochen vor Kriegsausbruch zum Doktor der Rechtswissenschaften promoviert worden. Seine politischen Sporen hat er sich von 1918 bis 1933 als Sekretär des sozialdemokratischen Abgeordnetenklubs und der sozialdemokratischen Parlamentspräsidenten Karl Seitz, Matthias Eldersch und Karl Renner verdient. Am 4. März 1933 hat Schärf im Alter von 42 Jahren die schwere Aufgabe gehabt, Renner während der, wie sich herausstellen sollte, letzten Nationalratssitzung der 1. Republik den dringenden und, wie sich ebenfalls herausstellen wird, fatalen Rat Karl Seitz' und Otto Bauers (Parteivorsitzender und Vizeparteivorsitzender) zu überbringen, er möge als Nationalratspräsident sofort zurücktreten.
Am 13. April endet die Schlacht um Wien. Die ganze Stadt ist nun von der Roten Armee erobert und die deutsche Wehrmacht kämpft nicht mehr weiter.
Am 14. April 1945 wird in Wien der Österreichische Arbeiter- und Angestelltenbund (ÖAAB) gegründet. Erster Bundesobmann ist Lois Weinberger. Leopold Kunschak, 1892 Gründer eines christlichsozialen Arbeitervereins und als dessen Vorstand bis 1934 einer der führenden Persönlichkeiten der christlichen Gewerkschaften, hatte die Obmannschaft zuvor abgelehnt. Kunschak ist in der 1. Republik "überzeugter Demokrat" und aufgrund dieser Einstellung innerhalb der CSP ein Gegner der Heimwehr und von Engelbert Dollfuß gewesen. Auf der anderen Seite ist Kunschak, den mit dem Wiener Bürgermeister Lueger eine enge Freundschaft verbunden hatte, wiederholt schon während der Monarchie und ebenfalls in der 1. Republik öffentlich als Antisemit in Erscheinung getreten. So hat er in Reden und Artikeln die „judenliberale Presse“ angeklagt und hat die christlich-sozialen Arbeiter "von jüdischen Arbeitgebern gefährdet" gesehen. Bereits 1919 hat er einen Gesetzentwurf mit dem Titel "Die Rechtsverhältnisse der Jüdischen Nation" ausgearbeitet, der die österreichischen Junden unter Sondergesetze stellen sollten. Der Entwurf wird aber auf Anraten von Ignaz Seipel nie veröffentlicht.
Am 17. April 1945 gründen Leopold Kunschak (Obmann), Hans Pernter (geschäftsführender Obmann), Lois Weinberger, Leopold Figl, Julius Raab und Felix Hurdes (Generalsekretär) im Schottenstift in Wien die Österreichische Volkspartei. Ein breites Spektrum an Positionen soll in der neuen Partei Platz haben. Es geht um eine Ausbalancierung zwischen den „Vaterländischen“, die Anfang der 1930er Jahre, noch auf dem Boden des „Korneuburger Eides“ die Demontage des Parlamentarismus in Österreich betrieben hatten, und jenen Christlichsozialen, die sich zur parlamentarischen Demokratie bekennen und dem autoritären Kurs unter Engelbert Dollfuß schon länger abgeschworen hatten.
Am 23. April 1945 treffen sich in der Wiener Wohnung des von den Autoritäten der Roten Armee als Staatskanzler designierten und der Vorbereitung einer Regierungsbildung beauftragten Karl Renner 7 Männer, die Sozialisten Karl Renner, Paul Speiser und Adolf Schärf, die Kommunisten Johann Koplenig, Franz Honner, und Ernst Fischer und der Christlichsoziale und frische Mitgründer von ÖAAB und ÖVP, Leopold Kunschak und einigen sich auf die Bildung einer Staatsregierung. Auf der Basis der Ereignisse der letzten Tag können sie als Vertreter von Parteien, die zwar gegründet aber in keiner Weise aufgebaut sind, auftreten.
Johann Koplenig ist ein Schuhmacher aus Kärnten. Auf der Gesellenwalz 1909-1910 ist der mit der Sozialdemokratie in Kontakt gekommen und Mitglied der SDAP geworden. Er landet in Judenburg, wo er 1910 den Ortsverband der Schuh- und Lederarbeiter mitbegründet. Nach der Organisation eines Schuhmacherstreiks ist er entlassen worden und hat in Knittelfeld eine Ortsgruppe des „Verbandes jugendlicher Arbeiter Österreichs“ gegründet. 1913 wird Koplenig als Delegierter für den Kongress der Sozialistischen Jugendinternationale gewählt. Der Ausbruch des Krieges verhindert die Durchführung des Kongresses, Koplenig kommt an die Ostfront und gerät schon 1914 in russische Gefangenschaft. Er ist 1918 den Bolschewiki in Nischni Nowgorod beigetreten und arbeitet später in der Kultur- und Aufklärungsabteilung des Amtes für die Rückführung der Kriegsgefangenen. 1920 ist er nach Knittelfeld zurückgehrt und dort der KPÖ beigetreten. 1938 ist er nach Paris und später nach Moskau geflohen. Er bezeichnet sich gerne als Vizekanzler Renners, wird bis 1959 Nationalratsabgeordneter und bis 1965 Vorsitzender der KPÖ bleiben.
Aus heutiger Sicht scheint es uns so zu sein, dass, weil das "dritte Reich" im Gegensatz zum Kaiserreich Österreich keinerlei Restparlament mit Restlegitimierung übrig gelassen hat und weil das Demokratieverständnis aller 7 Herren mit hoher Wahrscheinlichkeit eher enge Grenzen hatte, sie "sich praktisch gezwungen sahen" eben nicht wie 1918 das Treffen einer "Provisorische Nationalversammlung" sondern eben gleich die Bildung einer "Provisorischen Staatsregierung" anzustreben. Die Geschichte sollte ihnen rechtgeben. Auf der anderen Seite kann auch schwer geleugnet werden, dass die Republik Österreich ihr inhärentes Demokratiedefizit bis heute nicht vollständig losgeworden ist.
Am 26. April 1945 erfahren die USA und Großbritannien am Rande der Außenministerkonferenz vom sowjetischen Projekt "Provisorische Regierung Österreich". Dort teilt der stellvertretende sowjetische Außenminister Wyschinski seinen britischen und amerikanischen Amtskollegen nur beiläufig mit, dass man am Folgetag in Wien das Kabinett Renner angeloben werde. Zu diesem Zeitpunkt stehen deutsche Truppen noch am Stadtrand von Wien im Kampf mit der Roten Armee. Die Briten legen unverzüglich Protest ein. Die USA schließen sich diesem Protest nicht an, verweigern Renners geplanter Ministerriege zunächst aber ebenso die Anerkennung wie die Briten.
Am 27. April 1945 einigen sich der "Vorstand der Christlichsozialen Volkspartei bzw. nunmehr Österreichische Volkspartei“, die „Kommunistische Partei Österreichs“ und der „Vorstand der österreichischen Sozialdemokratie, nunmehr Sozialistische Partei Österreichs“ auf eine Unabhängigkeitserklärung (Staatsgesetzblatt Nr. 1 / 1945), mit der „die demokratische Republik Österreich … wiederhergestellt“ und der „im Jahre 1938 dem österreichischen Volk aufgezwungene Anschluß“ für „null und nichtig“ erklärt wird. Das Schicksal der jüdischen Österreicher und die Beteiligung von Österreichern an den NS-Verbrechen werden in der Erklärung nicht erwähnt. Die Unabhängigkeitserklärung wird von Renner und Schärf für die SPÖ, von Kunschak für die ÖVP und von Johann Koplenig für die KPÖ unterzeichnet.
Die ersten Regierungen
Am 27. April werden Renner und seine provisorische Regierung von Marschall Tolbuchin, dem Oberkommandierenden der 3. Ukrainischen Front, offiziell empfangen. Tolbuchin teilt dem Kommitte mit, dass es als Provisorische Staatsregierung anerkannt sei, allerdings bloß von den Kommandostellen der Roten Armee, die dazu von "Moskau autorisiert" seien. Über die Anerkennung durch die anderen Alliierten kann Tolbuchin nichts sagen. Die Anwesenden sind laut Adolf Schärf enttäuscht, weil sie davon ausgegangen waren, die Rote Armee spräche für alle Alliierten. Tolbuchin stellt dem provisorischen Kabinett die Vorbereitung bundesweiter Wahlen als wichtigste Aufgabe.
Anschließend folgt ein Mittagessen beim Marschall, bei dem die Österreicher die russsische Gastffreundschaft und eine Reihe hoher Funktionäre der Roten Armee kennenlernen.
Am nächsten Tag nimmt das von 7 österreichischen Politikern eingesetzte und nun von den Behörden der Roten Armee offiziell anerkannte Regierungskabinett mit 29 Männern und einer Frau sowohl die provisorische parlamentarische als auch die Verwaltungsarbeit auf.
Am 8. Mai 1945 endet der 2. Weltkrieg auch in Österreich offiziell durch die bedingungslose Kapitulation der deutschen Wehrmacht. Die 3. Ukrainische Front triff an der Erlauf in Niederösterreich auf die Truppen der USA.
Am 9. Mai 1945 wird Dr. Kurt Waldheim aus der deutschen Wehrmacht, einer der mörderischsten Männer-Organisationen aller Zeiten, entlassen.
Der von der französischen Besatzungsmacht eingesetzte provisorische Landeshauptmann von Tirol und spätere Außenminister, Karl Gruber, startet im Mai eine Initiative für ein ungeteiltes Österreich und die Vorbereitungen für die Bildung jetzt einer auch von den westlichen Alliierten anerkannten Regierung. Der Plan scheitert einerseits daran, dass in allen provisorischen Landesregierungen die Sozialdemokraten sich weigern und auf einer Zusammenarbeit "mit Wien" beharren. Von den Ländern haben nur 2, nämlich Steiermark und Kärnten, einen sozialdemokratischen Landeshauptmann.
Am 24. Mai 1945 konstituiert sich die provisorische Landesregierung von Salzburg, bestehend aus zwei Christlichsozialen, zwei Sozialdemokraten, einem Kommunisten und einem Parteilosen und erklärt sich für die "Wiener Regierung". Sie sendet eine entsprechende Mitteilung nach Wien: Die Landesregierung von Salzburg hat sich mit heutigem Tage konstituiert und hat das Bedürfnis, der Bundesregierung dies zur Kenntnis zu bringen; sie begrüßt die österreichische Bundesregierung auf das herzlichste und hofft, mit ihr und allen alliierten Mächten gemeinsam am Wiederaufbau Österreichs arbeiten zu können.
Möglicherweise hat Österreich im Mai 1945 einfach Glück, dass im Mai keine Regierung für die Gesamtheit der westlichen Besatzungszonen als Gegenregierung zur sowjetisch initiierten Regierung Renner gebildet werden konnte. Fakt ist, dass dem Land eine jahrzehntelange Teilung wie Deutschland erspart geblieben ist.
Am 4. Juli 1945 schließen die 4 allierten Mächte das Erste Kontrollabkommen. Darin wird ein Alliierter Rat mit der "Kontrolle" von Österreich betraut. Kontrolle muss man aber nicht wie in der deutschen Sprache als Kontrolle sondern wie in der englischen als Herrschaft verstehen. Damit ist nun eine echte Regierung für ganz Österreich eingesetzt.
Der Alliierte Rat ist eine Militärregierung mit der vollen Gesetzgebungs- und Vollzugsmacht. Er ist ein "Kontrollsystem, das in Österreich bis zur Errichtung einer frei gewählten, von den vier Mächten anerkannten österreichischen Regierung funktionieren wird." Sie besteht aus den 4 militärischen Befehlshabern, die als "Hochkommissare" eingesetzt im Vorsitz wechseln und alle 10 Tage zusammentreten müssen. Darunter üben in jeder Besatzungszone Besatzungsbehörden die Staatsgewalt aus.
Am 9. Juli 1945 schließen die Regierungen der Allierten ein Abkommen über die Besatzungszonen und die Verwaltung der Stadt Wien ab. Vorarlberg und Nordtirol, das zuerst von den amerikanischen Truppen erobert und besetzt worden ist, bilden die französische Zone, Salzburg und Oberösterreich südlich der Donau einschließlich des steiermärkischen Ausseer Gebiets die amerikanische. Die Steiermark, die zum größeren Teil von der Sowjetunion befreit worden ist, Kärnten und Osttirol werden als britische Zone festgelegt, das Burgenland, Niederösterreich und Oberösterreich nördlich der Donau bleiben sowjetische Zone. In Wien gibt es ebenso 4 Zonen und die gemeinsam verwaltete, interalliierte Innenstadt.
Vom 17. Juli bis zum 2. August 1945 findet in Potsdam die Dreierkonferenz zwischen Stalin, Truman und Churchill (bzw. Clement Attlee) statt. Die Sowjetunion schlägt vor, die Autorität der Regierung Renner auf ganz Österreich auszudehnen und hat damit keinen Erfolg. Es wird nur festgelegt, dass nach der Aufteilung Wiens die Frage noch einmal zur Sprache kommen wird.
Am 25. August kommen die 4 Hochkommissare erstmals zusammen. Es sind Marschall S.J. Konjew, der Tolbuchin abgelöst hat, General Mark W. Clark für die US Army, Generalleutenant Sir Richard McCreery für die Streitkräfte des Vereinigten Königreichs und Korpsgeneral M.E. Béthouart für die Armée francaise.
Am 11. September 1945 konstituiert sich der Alliierte Rat für Österreich auch formell. Er wendet sich mit einer Proklamation an die österreichische Bevölkerung. Er erwähnt die im Kontroll niedergelegten Vollmachten, erinnert die Österreicherinnen und Österreicher an die Moskauer Deklaration und erklärt "die Vereinheitlichung und wirtschaftliche Wiederherstellung des Landes und die Ausschaltung der Kriegsfolgen" zu seiner dringendsten Aufgabe. Ebenso kündigt er die Freiheit der politischen Parteien, der Presse, der Versammlung und die Abhaltung von Wahlen an.
Am 20. September 1945 erklären sich die Vertreter des Vereinigten Königreichs nach zähen Verhandlungen bereit, der provisorischen Regierung Renner zumindest bezüglich der Durchführung von Wahlen eine Kompetenz über ganz Österreich zuzubilligen. Sie sind auch mit einer der Wahlvorbereitung dienenden Länderkonferenz einverstanden.
Von 24. bis 26. September 1945 findet auf Einladung Renners und mit Bewilligung des Alliierten Rats eine erste Länderkonferenz zur Vorbereitung freier Wahlen in Wien statt. Damit ist die Regierung Renner von allen 9 Bundesländern anerkannt.
Am letzten Tag der Länderkonferenz kommt es zu einer ernsten Vertrausenskrise. Die kommunistischen Mitglieder der provisorischen Regierung weigern sich, den Vertretern der westlichen Bundesländer Kabinettsposten einzuräumen, die Konferenz steht knapp vor dem Abbruch. Ernst Koref, der sozialdemokratische Bürgermeister von Linz, schafft es aber, einen Kompromissvorschlag einzubringen, den auch die KPÖ annimmt.
Vom 9. bis 11. Oktober 1945 findet die 2. Länderkonferenz statt. Dabei und danach werden auch zuvor getroffene Entscheidungen der Provisorischen Staatsregierung rückwirkend und bundesweit für rechtens erklärt.
Am 19. Oktober 1945 wird die Regierung auch formell von den Alliierten für das gesamte Bundesgebiet anerkannt.
Die nicht öffentlichen Plenarsitzungen der Provisorischen Staatsregierung Renner mit allen Staatssekretären und Unterstaatssekretären, inzwischen 41 Personen, werden als Kabinettsrat bezeichnet. In ihm sind seit 26. September 12 Politiker der SPÖ, 15 der ÖVP, 6 Politiker und eine Politkerin der KPÖ und 3 parteilose Fachleute im Staatsamt für Justiz und jenem für Finanzen an. Im Kabinettsrat wird nicht nur administriert und entschieden, mangels Parlament werden auch Gesetze beschlossen. Für Adolf Schärf ist das "nach den Jahren des Faschismus sozusagen die erste Gehschule der Demokratie".
Der Staatskanzler und seine drei Staatssekretäre ohne Portefeuille, quasi als Vizekanzler, Leopold Figl für die ÖVP, Adolf Schärf für die SPÖ und Johann Koplenig für die KPÖ, üben die politische Leitung aus und treten als politischer Kabinettsrat zu eigenen Sitzungen zusammen. Sie sind gemeinsam, ähnlich wie 1919, nach der provisorisch wieder in Kraft gesetzen Verfassung, auch mit den Aufgaben des Staatsoberhauptes betraut.
Am 25. November 1945 findet die von der Regierung angestrebte und vorbereitete Nationalratswahl statt. Es ist die erste demokratische Wahl nach der militärischen Niederschlagung des Nationalsozialismus und zugleich die fünfte Nationalratswahl in der Geschichte Österreichs. Bundesweit lassen die Besatzungsmächte nur ÖVP, SPÖ und KPÖ zur Wahl zu. Lediglich in Kärnten, das vollständig in der britischen Besatzungszone liegt, wird auch die Demokratische Partei Österreichs als wahlwerbende Gruppe zugelassen. Am gleichen Tag wie die Nationalratswahl finden Landtagswahlen in allen 9 Bundesländern statt.
Die NSDAP ist unmittelbar nach dem Kriegsende per Gesetz verboten worden und kann nicht mehr zu den Wahlen antreten. Rund 800.000 ehemalige NSDAP-Mitglieder sind bei der ersten Nationalratswahl 1945 nicht wahlberechtigt. Viele eigentlich wahlberechtigte Männer sind noch nicht aus der Kriegsgefangenschaft heimgekehrt. Frauen stellen die überweigende Mehrheit der Wählerschaft. Die ÖVP geht zur Überraschung und zum Ärger der Sowjetunion als Siegerin aus der Wahl hervor und erreicht 49,80% der gültigen Stimmen und eine absolute Mandatsmehrheit mit 85 Mandaten. Zweite wird die SPÖ, geführt vom Vorsitzenden Adolf Schärf und Staatskanzler Karl Renner, mit 44,60% der Stimmen und 76 Mandaten. Die Kommunistische Partei Österreichs bleibt hinter ihren Erwartungen und erhält 5,42% der Stimmen und 4 Mandate. Die Westalliierten sind über den Wahlausgang natürlich erfreut.
Leopold Figl, im "Ständestaat" Mitglied des Bundeswirtschaftsrats und niederösterreichischer Führer der "Ostmärkischen Sturmscharen", bildet eine neue Bundesegierung mit SPÖ und KPÖ. Figl hat 5 Jahre als Häftling in den KZs Dachau und Flossenburg verbracht und ist 1943 wieder auf freien Fuß gesetzt worden. Trotz der erlittenen Verfolgung und Qualen in den KZs hat er sich im Untergrund betätigt. Im Oktober 1944 ist Figl neuerlich verhaftet und ins KZ Mauthausen verbracht worden. Im Jänner 1945 ist er nach Wien ins Landesgericht für Strafsachen überstellt worden und ist dort monatelang in einer Todeszelle eingesessen.
In der Regierung Figl I verbleibt nur ein einziger kommunistischer Minister, Karl Altmann, der Bezirksvorsteher von Liesing und zuvor Unterstaatssekretär im Justizministerium, nun Leiter des neu geschaffenen Ministeriums für Energiewirtschaft und Elektrifizierung.
Unterrichtsminister (bis 1952) wird der ÖVP-Politiker Felix Hurdes, 1953 - 1959 1. Parlamentspräsident, der einen schweren Autounfall seines Sohnes vertuschen lässt und ein TV-Programm 1958 von Gerhard Bronner und Helmut Qualtinger mit der bis heute bekannten Musiknummer "Der Papa wird's schon richten" von Bronner politisch nicht lange überleben wird.
Innenminister wird bis 1959 Oskar Helmer, Parteiobmann der niederösterreichischen SPÖ, vor der Ernennung zum Minister schon Unterstaatssekretär im Amt für Inneres als sozialdemokratischer "Aufpasser" für den kommunistischen Staatssekretär Franz Honner und später, nach seinem Rückzug aus der Regierung, Präsident der staatseigenen Länderbank. Die antisemitischen Abneigungen Helmers sind überall bekannt./p>
Die ambivalente Haltung des SPÖ-Parteivorsitzenden Schärf gegenüber der Rückkehr sozialdemokratischer Exilanten jüdischer Herkunft wird von Josef Hindels in seinen Erinnerungen beschrieben, in denen er Schärf vorwirft, zwar die Rückkehr Bruno Kreiskys zu befürworten, aber gleichzeitig die Rückkehr anderer Emigranten allgemein und die jüdischer Emigranten ganz besonders abzulehnen. Noch deutlicher formuliert es 1946 der aus den USA zurückgekehrte Gewerkschaftsfunktionär Friedl Schorsch, der Schärf und Helmer als die treibenden Antisemiten der SPÖ nach dem Krieg darstellt.
Im Gegensatz zu Helmers Neigungen sind Schärfs Motive schwerer festmachbar. Klar scheint zu sein, dass Schärf schon in der 1. Republik die jüdische Bevölkerung Österreichs in der in der Führungsriege der Sozialdemokratie als überrepräsentiert angesehen hat, was die SPD nach Schärfs Ansicht für die christlich-soziale und die deutschnationale Propaganda als "Judenpartei" angreifbar und die jüdischen Kollegen zu einer "Belastung" gemacht hat. Andererseits beteuert Schärf sein Leben lang, nie "gegen die Juden" oder "Antisemit" gewesen zu sein, sondern sich nur um Partei und das Land gesorgt habe.
Am 20. Dezember 1945 wird Karl Renner von der Bundesversammlung zum ersten Bundespräsidenten der Zweiten Republik gewählt und bleibt dies bis zu seinem Tod am 31. Dezember 1950.
Im Februar 1946 glaubt Bundespräsident Karl Renner nicht, "dass Österreich in seiner jetzigen Stimmung Juden noch einmal erlauben würde, diese Familienmonopole aufzubauen. Sicherlich würden wir nicht zulassen, dass eine neue jüdische Gemeinde aus Osteuropa hierher käme und sich hier etablierte, während unsere eigenen Leute Arbeit brauchen."
Renner gehört sicher zu den österreichischen Sozialdemokraten mit einer ganz starken und heute von der SPÖ und ihren Freunden gerne verschwiegenen, deutschnationalen Komponente in ihrem Denken. Diese Komponente hatte schon der jüdische Gründer der österreichischen Sozialdemokratie, Victor Adler mitgebracht. Auch beim austromarxistischen jüdischen stellvertretenden Parteivorsitzender der SAPD, Otto Bauer, der während der Zeit der parlamentarischen Opposition ab 1920 auch mehr Einfluss auf die Partei hat als der Vorsitzende Seitz, lässt sich diese Tendenz leicht erkennen.
Robert Knight, britischer Historiker und früheres Mitglied der Österreichischen Historikerkommission, schätzt Renner dennoch anders ein als die vielen "echten" Antisemiten der CSP: "Obwohl Renners deutschnationale Seite seines sozialdemokratischen Denkens außer Streit steht - das wurde in der Nachkriegszeit nur lange verschwiegen -, ist der Unterschied eben die zentrale Position des Antisemitismus. Lueger war ja der österreichische Gründer des politischen Antisemitismus". Knight würde Renner aber "nicht glatt als Antisemiten bezeichnen, weil es gar nicht der Kern seiner Weltanschauung war. Er war nicht ein ideologischer Antisemit im Unterschied zu Kunschak oder Lueger. Es scheint mir klar, dass Renner das Judentum nicht als Kollektiv angegriffen hat."
Als Renner im Herbst 1920 die neue bürgerliche Regierung in einer Rede im Nationalrat aufgefordert hatte, "die Judenfrage zu lösen", und die einschlägigen Versäumnisse der Christlichsozialen Stadtregierung bei der Integration der galizischen Jüdinnen und Juden in Wien angeprangert hatte, hatte die jüdische Zeitschrift "Die Wahrheit" die "denkwürdige Rede Dr. Renners" so gelobt: "nie wurde mit weniger Worten mehr Wahrheit über den Wiener Antisemitismus gesagt".
Die deutschnationale Komponente im Denken nicht weniger österreichischer Sozialdemokraten und der ihr eigene erhebliche Opportunismus sind sicher die Hauptgründe dafür, dass die SPÖ mit wenigen Ausnahmen in der 2. Republik mit den Themen Nationalsozialismus, Shoa, Restitution, Rückkehr jüdischer Bürger nach Österreich und überhaupt mit der eigenen Vergangenheit und der des Landes so umgegangen ist, dass die ÖVP in all diesen Fragen trotz all ihrer eigenen Verfehlungen immer Vergleiche anstellen konnte, um sich selbst ebenso unschuldig zu fühlen, wie die SPÖ offensichtlich auch tat. Dabei hätte die ÖVP wirklich beachten können, dass sie zwar als katholische transmontane Partei vor deutschnationalen Verfehlungen vielleicht gefeiter war als die SAPD, diese aber andererseits als einzige bedeutende parlamentarische Gruppierung der 1. Republik keine antisemitischen Passagen in ihrem Parteiprogramm hatte, Juden wie Bauer und Deutsch zuoberst in ihrer Führung vertreten waren und nicht wenige bürgerliche österreichische Jüdinnen und Juden deswegen SAPD wählten.
ie FPÖ ihrerseits ist bis heute nicht im Stande, sich ihrer nazistischen Vergangenheit und ihrer braunen Flecken auch nur ein klein wenig zu schämen. Im Gegenteil, sie muss die Taten und das Personal stets nur stur und aggressiv verteidigen oder verleugnen. Wenn sich ein Aggressor als Opfer des Angegriffenen stilisiert, dann ist das wohl eines traurigsten und widerlichsten Schemen, die der menschliche Geist in seiner Geschichte entwickelt hat. Wir müssen aber festhalten, dass Antisemitismus und Deutschnationalismus historisch sehr verwoben sind, sich aber nicht zwanghaft gegenseitig bedingen.
Im November 1947 verlässt der Kommunist Altmann und mit ihm die KPÖ die Regierung. Altmann versteht den Rücktritt als Protest gegen die sogenannte zweite Währungsreform, die zu einer finanziellen Schlechterstellung der unteren Einkommensschichten geführt hat. ÖVP und SPÖ bilden in der Folge erstmals eine Große Koalition, die sich zwei Jahre später den Wählern stellen wird müssen.
Karl Altmann hat im August 1947 seine langjährige Lebensgefährtin Helene Postranecky, genannt "Hella", geheiratet. Hella Altmann-Postranecky ist 1945 die erste Frau in einer demokratischen österreichischen Regierung gewesen.
1919 im Alter von 16 Jahren der SDAP beigetreten, war Postranecky bald in der Frauenbewegung der Partei aktiv. 1927 avanciert sie als 24-jährige Frauensekretärin der niederösterreichischen SDAP, im Oktober 1933 wird sie mit 30 Jahren in den Parteivorstand gewählt. Nach den Februarkämpfen 1934 wird sie wie viele Funktionärinnen und Funktionäre der SDAP verhaftet und muss 8 Monate im Gefängnis verbringen. Nach dem "Anschluss" 1938 verlässt Postranecky die SDAP und schließt sich der illegalen KPÖ an. Sie ist im antifaschistischen Widerstand aktiv. Im April 1945 nominiert die KPÖ Postranecky ebenso wie ihren Lebensgefährten Altmann als Unterstaatssekrektäre, Altmann im Staatsamt für Justiz, Postranecky in jenem für Volksernährung. Sie ist bis Dezember 1945 für die Lebensmittelaufbringung in Österreich verantwortlich. Es sollten 21 Jahre vergehen, bis 1966 mit Grete Rehor, ÖVP, als Sozialministerin die nächste Frau in eine österreichisch Regierung kommt. 1968 wird Postranecky wegen der Niederschlagung des "Prager Frühlings" aus der KPÖ austreten.
Die Wiedereingliederung der "Ehemaligen"
Am 25. März 1949 gründen Herbert Alois Kraus und Viktor Reimann den Verband der Unabhängigen (VdU) als Verein. Am nächsten Tag findet die konstituierende Hauptversammlung in Salzburg statt. Kraus wird Bundesobmann, Bundesobmann-Stellvertreter sind Josef Karoly, Karl Hartleb, Karl Winkler und Viktor Reimann.
Während die ÖVP eine Aufsplitterung des bürgerlichen Lagers befürchtet, erhoffen Teile der SPÖ genau das und unterstützen die Gründung, ganz besonders der SPÖ-Innenminister Oskar Helmer. Der VdU sieht sich als Sammelbecken für den untergegangenen österreichischen Nationalliberalismus aber auch als politische Vertretung ehemaliger NSDAP-Mitglieder, Heimatvertriebener und Heimkehrer.
Am 28. Mai 1949 organisiert Alfred Maleta, ehemaliger Erster Sekretär der Arbeiterkammer Oberösterreich während der Ständestaat-Diktatur, ehemaliger KZ-Häftling in Dachau und Flossenbürg, Mitgründer der oberösterreichischen Volkspartei, Nationalratsabgeordneter und, über den Schwiegervater, Mitbesitzer der "Oberösterreichischen Nachrichten", die sogenannte Oberweiser Konferenz in der Villa Thonet seines Schwiegervaters in Oberweis, Laakirchen.
Es handelt sich bei dem mehrstündigen Gespräch um eine Kontaktaufnahme der Volkspartei mit ehemaligen Nationalsozialisten und den Versuch, die sogeannten "Ehemaligen" von der Gründung einer eigenen Partei abzuhalten und eventuell als „nationalen Flügel“ der ÖVP zu integrieren. Wichtigster Teilnehmer der Konferenz ist der spätere Bundeskanzler Julius Raab, Präsident der Bundeswirtschaftskammer und Klubobmann der ÖVP im Nationalrat. Raab soll bei der Konferenz, unter Berufung auf seine Funktion in der Heimwehr, gesagt haben: „Meine Herren, i' war nie a Demokrat“.
In der Steiermark gibt es ähnliche Versuche unter der Führung Alfons Gorbachs, eines weiteren späteren Bundeskanzlers der ÖVP. In Kärnten gelingt es eher der SPÖ, die „Ehemaligen“ mit neuen Parteibüchern auszustatten. Allerdings nimmt dort auch die ÖVP das ehemalige NSDAP-Mitglied Karl Schleinzer, der es bis zum Bundesobmann und Kanzlerkandidaten bringen sollte, nach kurzer Weigerung auf.
Die Konferenz, deren Zustandekommen bereits mehrere Tage zuvor in der VdU-Parteizeitung Neue Front angekündigt worden war, erregt international Aufsehen, auch die New York Times berichtet darüber. Einige der Teilnehmer werden in der Folge der Konferenz von der Staatspolizei in Wien kurzzeitig verhaftet, wahrscheinlich im Auftrag des SPÖ-Innenministers Oskar Helmer. Vizekanzler Adolf Schärf erklärt bei einer Wahlveranstaltung in Wels, er sei überzeugt, die ÖVP würde sogar Adolf Hitler um eine Wahlempfehlung bitten, sofern dieser noch lebte. Ähnliche Kontakte der SPÖ zu früheren NS-Funktionären finden während derselben Zeit in Ried im Innkreis statt, gelangten jedoch im Gegensatz zur Konferenz von Oberweis nicht zur Kenntnis der Öffentlichkeit. Im August 1949 kommt es in Gmunden zu einer Konferenz ehemaliger Nationalsozialisten mit SPÖ-Innenminister Helmer, wobei dieser erklärt: „Wenn ich die Nazi net betreu, betreut sie der Maleta in Oberweis“.
Am 9. Oktober 1949 findet die Nationalratswahl statt. Von den rund 556.000 österreichischen Nationalsozialisten sind 90 Prozent wieder wahlberechtigt. Der VdU gründet die Wahlpartei der Unabhängigen (WdU), kandidiert und erreicht mit 11,7 % der Stimmen sein bestes Ergebnis, wobei er von beiden Großparteien im gleichen Ausmaß Stimmen gewinnt, Helmers Kalkül einer „Spaltung des bürgerlichen Lagers“ ist nicht aufgegangen. Die besten Ergebnisse erzielt der VdU im Inn- und Hausruckviertel, in Wels über 30%, in Oberkärnten und in Vorarlberg und somit in den traditionellen Hochburgen des „Dritten Lagers“ in der Republik Österreich.
Die ÖVP erhält 44,03% der gültigen Stimmen (-5,77 Prozentpunkte) und 77 Mandate, die SPÖ 38,71% (-5,89 Prozentpunkte) und 67 Mandate. Zum zweiten Mal ist in Österreich nur die "Große Koalition möglich, wenn man die Nazis nicht wieder in die Regierung lassen will. Leopold Figl behält das Bundeskanzleramt und bildet die Bundesregierung Figl II, weiterhin mit Adolf Schärf als Vizekanzler.
Die "Großen Koalitionen"
Im November 1947 verlässt der einzige kommunistische Minister, der frühere Bezirksvorsteher von Liesing und Bundesminister für Elektrifizierung und Energiewirtschaft und mit ihm die KPÖ die Bundesregierung Figl I. Altmann versteht seinen Rücktritt als Protest gegen die zweite Währungsreform, die zu einer finanziellen Schlechterstellung der unteren Einkommensschichten geführt hat. ÖVP und SPÖ bildeten in der Folge erstmals eine "Große Koalition", die sich 1949 den Wählern wird stellen müssen.
Karl Altmann war ein Obersenatsrat der Gemeinde Wien, 1945 Mitglied der provisorischen Staatsregierung Renner und nach der Nationalratswahl als Bundesminister angelobt. Altmann ist mit Helene Altmann-Postranecky, genannt "Hella", verheiratet. Altmann-Postranecky war die erste Frau gewesen, die einer österreichischen Bundesregierung angehört hatte.
Am 6. Mai 1951 erhält Dr. Burghard Breitner, ein Chirurg, Hochschullehrer und Schriftsteller im 1. Wahlgang der Bundespräsidentenwahl 622.501 Stimmen, das sind 15,4% der gültigen Stimmen. Er ist vom VdU als Kandidat aufgestellt worden. Breitner ist deutschnational orientiert. Mit einer niedrigen Mitgliedsnummer ist er 1932 der NSDAP beigetreten. Nach dem Verbot der NSDAP im Ständestaat (Österreich) ist er aus der Partei ausgetreten. Nach dem Anschluss Österreichs 1938 hat er dummerweise den "großen Ariernachweis" nicht erbringen können, weil die Herkunft seiner Großmutter väterlicherseits nicht zu klären ist. Dennoch wird er am 1. Dezember 1939 mit einer hohe Mitgliedsnummer wieder in die NSDAP aufgenommen. Im Jahr 1945 tritt er wiederum sozusagen automatisch ein zweites Mal aus der NSDAP aus und setzt nach kurzer Pause seine zivile Karriere in Österreich fort. Im Lauf seines Lebens hat Breitner wichtige Funktionen bekleidet: Präsident des Österreichischen Zentralverbandes für das Rettungswesen (1922), Beratender Chirurg der Reichswehr und der Wehrmacht (ab 1932), Präsident des Österreichischen Roten Kreuzes (1950).
Der 78-jährige unkonventionelle Außenseiter Theodor Körner, ein ehemaliger k.u.k. Generalsstabschef, seit 1924 Mitglied der SAPD und Berater im Republikanischen Schutzbund gewinnt auch die Stichwahl gegen den christlichsozialen Favoriten, den Landeshauptmann von Oberösterreich, Heinrich Gleißner. Seine eigene Partei ist vom Wahlsieg überrascht, er selbst verärgert und die Volkspartei schockiert.
In der Folge wird die SPÖ alle 6 Bundespräsidentenwahlen von 1955 - 1985 (2 x Adolf Schärf, 2 x Franz Jonas, 2 x der parteilose Rudolf Kirchschläger) gewinnen. Die ÖVP bereut die von ihr durchgesetzte Verfassungsänderung von 1929, wegen der seit 1951 das Volk und nicht die Bundesversammlung das Staatsoberhaupt wählt, wie man nur je eine Verfassungsänderung bereuen kann. Ohne diese Novelle hätte die ÖVP wohl recht locker durchgehend dieses von ihrer Vorgängerin 1919 geforderte und 1929 mit viel mehr Befugnissen und direkter Volkslegitimation versehene Amt besetzen können.
Am 28. Oktober 1952 bestellt Bundespräsident Theodor Körner auf Vorschlag von Bundeskanzler Leopold Figl ohne vorherige Neuwahlen die Bundesregierung Figl III. Es handelt sich um eine Regierungsumbildung unter Fortsetzung der Großen Koalition. Die Regierung wird bis zum 25. Februar 1953 amtieren. Anschließend wird sie von Bundespräsident Körner bis zur Ernennung der nächsten Regierung mit der Fortführung der Geschäfte betraut. Die Fortführung endet am 2. April 1953.
Am 22. Februar 1953 behält die ÖVP mit 41,3% der gültigen Stimmen die relative Mandatsmehrheit von 74 Mandaten, die SPÖ erreicht die relative Stimmenmehrheit mit 42,1% der Stimmen aber nur 73 Mandate. Nach der österreichischen Gepflogenheit beansprucht die ÖVP trotz der Niederlage weiterhin das Bundeskanzleramt, die SPÖ akzeptiert das, fühlt sich aber doch politisch gestärkt und erhebt in den Regierungsverhandlungen Anspruch auf zusätzliche Staatssekretäre im Außen- und im Handelsministerium.
Der VdU hat vor der Wahl ein Wahlbündnis mit der Aktion zur politischen Erneuerung, einer rechtskonservativen ÖVP-Abspaltung gebildet, verliert leicht an Stimmen, kann 10,9% auf sich vereinen und erhält 14 Mandate. Diese Stimmenverluste und interne Querelen zwischen den Parteifunktionären führen dazu, dass sich der VdU nicht zu einer nationalliberalen, gleichzeitig antisozialistischen und antikatholischen Massenpartei entwickeln kann, sondern hauptsächlich ein Auffangbecken für deutschnational gesinnte Gruppen wird.
Auch die KPÖ ist vor der Wahl ein Wahlbündnis eingegangen und kandidiert als Wahlgemeinschaft Österreichische Volksopposition (VO). Es nützt ihr wenig, sie schafft nur 5,28% der Stimmen und wieder 4 Mandate.
Die ÖVP strebt nun unter der Führung Leopold Figls eine Konzentrationsregierung unter Beteiligung der WdU an. Bundespräsident Körner weigert sich strikt, diese Partei in die Regierung aufzunehmen. Er verschiebt damit den Zutritt des „dritte Lagers“ zu Regierungsfunktionen und der entsprechenden Besetzung einflussreicher Posten um dreißig Jahre, bis zur Bundesregierung Sinowatz.
Auf der anderen Seite hängt aber auch Körner der gefährlichen österreichischen These an, dass das, was nicht sein soll, am besten verschwiegen und das, was nicht sein darf, am besten versteckt wird. Deswegen beteiligt er sich mehr als einmal an der Verleugnung des österreichischen Antisemitismus. Z.B. tut er 1947 in einem Artikel in der Wiener Zeitung "Nachrichten über Antisemitismus" als "planmäßige Agitation" ab, die nach seiner Meinung "den Staatsvertrag gefährden solle". An dieser Leugnung beteiligen sich teilweise in den 50er Jahren leider auch einige Österreicher jüdischer Religionszugehörigkeit. Linksstehende jüdische Antifaschisten wie Otto Tausig werden, weil sie mit der Kritik der österreichischen Verhältnisse nicht aufhören wollen, so lange drangsaliert und zur Unterwerfung aufgefordert, dass dieser später gerne und oft erzählte, er "sei zweimal im Exil gewesen, einmal unter Hitler und einmal unter Waigel und Torberg".
Die sehr kurze und unkonsequente Entnazifizierung nach dem Friedensschluss 1945 und der von Beginn an politisch viel zu sehr ausgenutzte Mythos von Österreich als erstem Opfer des Nationalsozialismus befestigen die schnell einsetzende Angst der gesamten politischen Elite, ohne die nationalsozialistisch eingestellte Mehrheit der Richter, Beamten, Lehrer, Manager, Redakteure und Universitätsprofessoren könne Österreich keinesfalls auskommen. Diese Vorstellungen haben zur Folge, dass ein riesiger Bestand an faschistischen Weltbildern, Gefühlen und Einstellungen im Untergrund weiter exisitiert und bis heute sehr viel davon weiter tradiert wird, manchmal auch in beunruhigender Offenheit.
Am 2. April 1953 wird Leopold Figl nach ÖVP-interner Kritik wegen seiner "zu großen Kompromissbereitschaft" gegenüber der SPÖ als Bundeskanzler von Julius Raab abgelöst, der die Bundesregierung Raab I bildet. Figl wird am 26. November 1953 als Nachfolger von Karl Gruber Außenminister, hat als solcher großen Anteil am Abschluss des Staatsvertrags und gewinnt sogar noch an Popularität. Bruno Kreisky wird Staatssekretär für auswärtige Angelegenheiten, zuerst unter Außenminister Gruber (ÖVP) und ab November unter Figl.
Julius Raab ist von 1927 bis 1934 Abgeordneter der Christlichsozialen Partei zum Nationalrat gewesen. Er hat am 18. Mai 1930 als Führer der niederösterreichischen Heimwehr den Korneuburger Eid abgelegt, in dem der „westliche demokratische Parlamentarismus“ und der Parteienstaat „verworfen“ wird. Entsprechend der christlichsozialen Ideologie ist er damals ein „nachgewiesener Antisemit“ gewesen. Als Abgeordneter hat er den Vizevorsitzenden der SAPD, Otto Bauer, in einer Parlamentssitzung 1930 als „frechen Saujud“ beschimpft.
Seine Berufung in die erste österreichische Nachkriegsregierung wird 1945, aufgrund seiner Tätigkeit als niederösterreichischer Heimwehrführer und weil er im Gegensatz zu anderen hohen Funktionären der Vaterländischen Front nie in NS-Haft gewesen war, von den Alliierten abgelehnt. Er ist aber Mitgründer der ÖVP, Mitgründer der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft, und ab 1947 ihr Präsident. 1945 gründet er auch den Österreichischen Wirtschaftsbund mit und ist sein erster Präsident. Ebenso ist er von 1945 bis 1959 Landesparteiobmann der ÖVP Niederösterreich, der neben der SPÖ Wien mächtigsten Landespartei in Österreich.
Wie andere Politiker in der ÖVP und SPÖ rekrutiert Raab ehemalige NSDAP-Mitglieder als Mitarbeiter, etwa Reinhard Kamitz. Als parteiloser Finanzminister gehört dieser den Bundesregierungen Figl III und Raab I-III in der Zeit von 1952 bis 1960 an. Raab und Kamitz propagieren ihre liberale Wirtschaftspolitik stets als Raab-Kamitz-Kurs und Rettung vor Sozialismus und Volksfront.
Am 5. Juni 1955 gründet sich aus dem Kärntner VdU heraus die Freiheitspartei Kärntens. Interne Querelen, Wahlniederlagen und heftige Debatten um die richtige Nähe und Entfernung zur NSDAP und das Verhältnis zu Österreich bzw. dem "deutschen Volk" bringen den ganzen VdU zum Kochen.
Am 3. November 1955 wird die Freiheitliche Partei Österreichs mit der Abhaltung einer konstituierenden Sitzung gegründet. Die Kärntner Freiheitspartei fügte sich in die Struktur und gleicht ihren Namen an, bleibt jedoch eine eigenständige Körperschaft.
Am 7. April 1956 findet der Gründungsparteitag in Wien-Josefstadt statt, dabei wird als erster Parteiobmann Anton Reinthaller, ein ehemaliger SS-Brigadeführer, der von 1950 bis 1953 wegen nationalsozialistischer Betätigung als Schwerstbelasteter inhaftiert gewesen war, gewählt. Reinthaller, der der NSDAP schon vor dem „Anschluss“ Österreichs beigetreten war, 1938 die Funktion des NS-Landwirtschaftsministers im Anschlusskabinett Seyß-Inquart bekleidet hatte und anschließend bis 1945 Reichstagsabgeordneter war, erklärt in seiner Antrittsrede: "Der nationale Gedanke bedeutet in seinem Wesen nichts anders als das Bekenntnis der Zugehörigkeit zum deutschen Volk."
Am 5. Mai 1957 findet die Bundespräsidentenwahl in Österreich als zweite Volkswahl des österreichischen Staatsoberhauptes statt. Der bisherige Bundespräsident Theodor Körner war am 4. Jänner verstorben. Seit diesem Tag hatte Bundeskanzler Julius Raab verfassungsgemäß die Funktionen des Bundespräsidenten aus geübt. Anders als bei der vorherigen Wahl, treten bei dieser Wahl lediglich zwei Kandidaten an, der bisherige Vizekanzler, Adolf Schärf als Kandidat seiner Partei und Wolfgang Denk, Chirurg, Präsident der Ärztegemeinschaft in Wien als gemeinsamer Kandidat von ÖVP und FPÖ. Man braucht deswegen nur einen Wahlgang. Von 4.630.997 Wahlberechtigten geben bei allgemeiner Wahlpflicht 4.499.565 ihre Stimme ab, das entspricht einer Wahlbeteiligung von 97,2%. 81.706 Stimmen werden als ungültig gewertet, das entspricht 1,8% der abgegebenen Stimmen. 213.138 Wahlberechtigte verweigern also den Kandidaten ihre Stimme.
Schärf erhält 2.258.255 Stimmen, das 51,1% der gültigen, Denk dagegen 2.159.604 Stimmen und damit 48,9%. Schärf wird am 22. Mai 1957 vor der Bundesversammlung angelobt.
Die bedeutendsten Fakten bezüglich der Nationalratswahl am 10. Mai 1959 sind, dass die SPÖ mit dem neuen Parteiobmann Bruno Pittermann an der Spitze erstmals seit der Wahl zur Konstitierenden Nationalversammlung der 1. Republik stimmenstärkste Partei wird und dass die ÖVP unter Bundeskanzler Julius Raab zwar auf dem zweiten Platz landet, allerdings aufgrund der Wahlarithmetik ein Mandat mehr bekommt, dass die FPÖ unter dem ehemaligen SS-Obersturmführer Friedrich Peter Stimmen und Mandate hinzugewinnt und die KPÖ erstmals kein Grundmandat schafft. Zu erwähnen ist auch, dass die Koalitionsverhandlungen ergeben, dass Bruno Kreisky Außenminister der Republik Österreich wird und damit eine viel größere Bühne für sein politisches Wirken erhält.
Am 11. April 1961 ernennt Bundespräsident Schärf Dr. Karl Schleinzer zum Verteidigungsminister und Otto Rösch zu seinem Staatssekretär. Josef Klaus, der spätere Bundeskanzler und "echte Österreicher" wird als Finanzminister angelobt. Schleinzer war von 1942 bis 1945 Mitglied der NSDAP gewesen und wird trotzdem von 1971 bis 1975 die ÖVP als Bundesobmann führen.
Am 18. November 1962 folgt auf die Regierungsumbildung die zehnte Nationalratswahl in Österreich. Die ÖVP setzt erstmals auf eine andere Farbe als schwarz, nämlich grün und auf "Red Scare". Sie gewinnt 1,24 Prozentpunkte sowie 2 Mandate hinzu. Die SPÖ unter Bruno Pittermann büßt 0,78 Prozentpunkte ein und verliert 2 Mandate. Die FPÖ mit Peter als Spitzenkandidaten kann sich behaupten, muss aber auch Stimmenverluste in der Höhe von 0,66 Prozentpunkten hinnehmen, kann jedoch ihren Mandatsstand halten. Die KPÖ verliert weiter Stimmen und erreicht zum zweiten Mal seit 1945 kein Grundmandat.
Am 28. April 1963 kommt es zur dritten Volkswahl des österreichischen Staatsoberhaupts. Der Amtsinhaber, Schärf, wird bereits im ersten Wahlgang in seinem Amt bestätigt. Die ÖVP hatte den früheren Bundeskanzler Julius Raab nominiert. Weil die 1960 gegründete Europäische Föderalistische Partei Österreichs (EFP oder EFPÖ) einen eigenen Kandidaten, Josef Kimmel nominiert hatte, erhält Raab nur 40,6% der gültigen Stimmen (1.814.125). Kimmel erhält 176.646 oder 4,0% der Stimmen. Am 22. Mai 1963 wird Adolf Schärf zum 2. Mal vor der Bundesversammlung angelobt.
Am 16. Februar 1965 stehen der Bundespräsident, der Vizekanzler, der Bürgermeister und der Polizeipräsident auf dem Flugfeld in Schwechat und frieren. Der Schah-in-Schah (König der Könige) von Persien, Reza Pahlevi besucht wieder einmal Österreich. Als der aus dem Jet der Fluglinie Pan-Ams steigt, fegt ein eisiger Böe über die Piste. Der bereits 74-jährige Bundespräsident Schärf hat sich allen ärztlichen Verboten entzogen und trotzt dem Eisregen. Schärf kennt Pahlevi gut, er ist ihm schon mehr als einmal begegnet. Er müsste eigentlich wissen, aus welchem Holz dieser Herr geschnitzt ist. Als europäischer Sozialdemokrat sollte er froh sein, dass er krank ist und dem Schlächter keine Aufwartung machen muss. Das Gegenteil ist leider der Fall. Schärf holt sich in Schwechat eine Lungenentzündung. 14 Tage später ist er tot. Reza Pahlevi erholt sich in der Zwischenzeit bei einer Kur in Bad Gastein. Nach der notwendig gewordenen vorgezogenen Bundespräsidentenwahl 1965 folgt der sozialistische Bürgermeister von Wien, Franz Jonas, Schärf als Staatsoberhaupt nach.
Absolute Mehrheiten und Alleinregierungen
Am 6. März 1966 findet die 11. Nationalratswahl in der Geschichte der Republik Österreich statt. Die ÖVP unter Bundeskanzler Josef Klaus erhält 48,35% der gültigen Stimmen und kann damit im Nationalrat eine absolute Mehrheit von 85 Mandaten erringen. Zweitstärkste Partei wird mit 42,56% und 74 Mandaten die SPÖ unter Bruno Pittermann, die Stimmen und Mandate verliert. Die FPÖ mit dem ehemaligen SS-Obersturmführer Friedrich Peter als Spitzenkandidaten erreichte 5,35% und 6 Mandate, büßte Stimmen und Mandate ein.
Aufgrund einer Finanzhilfe aus Gewerkschaftskassen an die FPÖ in der Höhe von einer Million Schilling war der ehemalige ÖGB-Vorsitzende und Innenminister Franz Olah 1964 bei der SPÖ in starke innerparteiliche Kritik geraten. Es wird vermutet, dass Olah damit die Weichen in Richtung einer kleinen Koalition zwischen SPÖ und FPÖ hatte stellen wollen. Infolge des Ausschlusses aus der SPÖ gründet er 1965 die Demokratische Fortschrittliche Partei (DFP). Diese rechtspopulistische Partei gewinnt 1966 vor allem auf Kosten der SPÖ Stimmen, verfehlt aber selbst die Grundmandatshürde.
Dennoch tritt die ÖVP zunächst, vielleicht auch nur zum Schein und um den Großkoalitionären in den eigenen Reihen die Unmöglichkeit zu beweisen, in Koalitionsverhandlungen mit der SPÖ ein. Die Verhandlungen, die Bruno Pittermann, Bruno Kreisky und Alfred Schachner-Blazizek auf Seiten der SPÖ führen, erweisen sich "als sehr schwierig". Die SPÖ ihrerseit ist in der Frage des Ganges in die Opposition auch gespalten. Pittermann, Karl Waldbrunner und Anton Benya sind für die Opposition, während vor allem Kreisky vor dem Gang in die Opposition warnt und einen Rückfall in die Erste Republik und die gescheiterte Politik Otto Bauers befürchtet. Die ÖVP bildet schließlich eine Alleinregierung, die SPÖ geht in Opposition. Sie sollte sich gerade für den Skeptiker Kreisky als sehr fruchtbar und erfolgsträchtig erweisen.
In der Bundesregierung Klaus II wird auch Grete Rehor, die 2. österreichische Politikerin in einer demokratischen Regierung, als Sozialministerin angelobt. Rehor ist 56 Jahre alt, Tochter einer diplomierten Krankenschwester und eines Beamten aus Wien. Sie hat 1945 im neu gegründeten ÖGB als Fachgruppensekretärin der Weber innerhalb der Gewerkschaft der Textil-, Bekleidungs-, und Lederarbeiter engagiert. Am 16. April 1948 ist sie, bereits Bundesvorsitzende der Fraktion christlicher Gewerkschafter, zur Vorsitzenden-Stellvertreterin in dieser damals sehr bedeutenden Gewerkschaft gewählt worden.
Ebenfalls 1966 kommt es in der FPÖ zu einem schweren Konflikt, als der Parteiobmann Friedrich Peter, ein ehemaliges Mitglied der SS eine Balance zwischen nationalen und liberalen Teilen der Partei herstellen will. Diese Bestrebung löst vehemente Kritik des rechten Flügels der Partei, vor allem von vielen Burschenschaftern aus. In der Folge kommt es zur Abspaltung der Nationaldemokratischen Partei unter Norbert Burger.
Am 1. Februar 1967 kommt es beim Parteitag der SPÖ, zu einer Kampfabstimmung es um die Nachfolge von Wahlverlierers Bruno Pittermann als Parteivorsitzendem. Die Kandidaten sind der ehemalige Innenminister Hans Czettel, ein nüchtern-pragmatischer Gewerkschafter, und der ehemalige Außenminister Bruno Kreisky, der innerhalb der SPÖ durch seine Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit Kräften außerhalb der Partei polarisiert. Kreisky wird beim Parteitag von ÖGB-Präsident Anton Benya und Teilen der Wiener Partei scharf angegriffen. Dennoch befürwortet der Parteivorstand mit 33:19 Stimmen eine Kandidatur Kreiskys.
Kreisky wird trotz des Widerstands der Parteigranden Pittermann, Waldbrunner und Benya von 347 der 497 Parteitagsdelegierten, das sind 69,8% und das historisch niedrigstes Ergebnis, das mit dem je ein Parteivorsitzender der SPÖ gekürt worden ist, gewählt. Er bemüht sich rasch, die in der Opposition sichtbar gewordenen Gräben zwischen "Realos und Fundis" in der SPÖ zuzuschütten. Das ist im anscheinend besonders mit Anton Benya gelungen. Von Beobachtern wird das oft als entscheidend für Kreiskys und große und vor allem langanhaltende Akzeptanz als Parteivorsitzender bewertet.
Am 1.März 1970 wird die zwölfte Nationalratswahl in der Geschichte der Republik Österreich abgehalten. Stimmen- und mandatstärkste Partei wird erstmals die SPÖ mit Bruno Kreisky als Kanzlerkandidat. Den zweiten Platz belegt diesmal die ÖVP mit Josef Klaus, die Stimmen und Mandate verliert. Die FPÖ, die mit dem ehemaligen SS-Obersturmführer Friedrich Peter als Spitzenkandidaten antritt, kann leichte Stimmengewinne verbuchen. Nach langwierigen Koalitionsverhandlungen mit der ÖVP bildet die SPÖ mit Unterstützung der FPÖ eine Minderheitsregierung. Es wird spekuliert, Kreisky habe von vorneherein dieses Ziel gehabt und mit der ÖVP nur zum Schein verhandelt. Preis für die FPÖ-Unterstützung ist eine Wahlrechtsänderung, die kleinere Parteien wie damals die FPÖ weniger benachteiligt und eine damit verbundene Anhebung der Mandatszahl im Nationalrat. Bruno Kreisky wird Bundeskanzler und sollte es bis 1983 bleiben.
Im Wahlkampf hat die ÖVP Bundeskanzler Josef Klaus auf Plakaten als "echten Österreicher" dargestellt, womit sie indirekt auf Kreiskys jüdische Herkunft und seine Emigration hingwiesen hat. Ein Teil der Plakate weist links auch die Anhänger der FPÖ darauf hin, dass sie mit ihrem Kreuz bei der FPÖ nur Kreisky (in der Gedanken- und Begriffswelt der Zeit ein "roter Jude") helfen würden. Die SPÖ dagegen hat Kreisky auf ihren Plakaten und Inseraten als würdigen Staatsmann mit seiner Brille in der Hand gezeigt. Sie hat auf Plakaten Mütter mit Kindern gezeigt und steigende Kaufkraft und ein gesundes Leben versprochen. Sie hat Schallplatten mit dem Wahlkampflied „Nimm dein Schicksal in die Hand“, gespielt vom populären Ensemble des Jazzmusikers Erich Kleinschuster, bei Veranstaltungen verteilt und ein positives Interview mit Karlheinz Böhm, dem Darsteller des jungen Franz Josef I. aus den "Sissi"-Filmen mit Romy Schneider organisiert.
Der Österreichische Rundfunk betreibt einen bisher nie dagewesenen Aufwand in der Wahlberichterstattung. Eine stundenlange Wahlsondersendung mit Außenstellen in den Parteizentralen der beiden Großparteien, in allen Landeshauptstädten, sowie einem Hauptstudio im Innenministerium, wo sich auch die FPÖ-Führung befindet läuft vom Nachmittag bis in die Nacht hinein. Die Außenstellen mit 4 Übertragungswagen, 6 Reportage-Kamerawagen und insgesamt 20 Kameras sind durch 15 Richtfunkleitungen für Bild und Ton und 45 Post-Tonleitungen für verschiedene Zwecke, vor allem des immer noch wichtigen Hörfunks, verbunden.
Zum zweiten Mal gibt es in Österreich bei einer Wahl eine Hochrechnung, mit dem damals größten Computer Österreichs, einem System/360 bei IBM am Donaukanal, dem „Hochrechnungszentrum“. Die Vergleichsdaten der vorherigen Wahlen sind auf Magnetplatten gespeichert, die aktuellen Ergebnisse werden mit Lochkarten eingegeben und das Ergebnis ausgedruckt. Gerhart Bruckmann präsentiert mit Hugo Portisch die Hochrechnungsergebnisse und bleibt bis in die 1980er Jahre „Hochrechner der Nation“.
Am 21. April 1970 wird die Bundesregierung Kreisky I angelobt. Der als österreichischer "Nazi-Jäger" international bekannte Shoa-Überlebende Simon Wiesenthal, politisch ein Konservativer, kritisiert, dass vier Minister Kreiskys (Hans Öllinger, Josef Moser, Erwin Frühbauer und Otto Rösch) der NSDAP, der SS oder der SA angehört hatten. Kreisky kritisiert daraufhin den Kritiker. SS-Mann Öllinger, dem Kanzler von der SPÖ Kärnten empfohlen, als Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft angelobt und ein ehemaliger SS-Untersturmführer, tritt einen Monat später "freiwillig und nur aus Krankheitsgründen" von seinem Amt zurück. Er wird durch Oskar Weihs - ebenso wie sein späterer Nachfolger Günter Haiden ehemaliges NSDAP-Mitglied - ausgetauscht.
Otto Rösch, der neue Innennminister behält dieses Amt bis 1977 und wird in diesem Jahr für einen Tag, am 8. Juni, und später wieder, vom 5. Juni 1979 bis zum 24. April 1983 Verteidigungsminister der Republik Österreich. Rösch ist 1938 der NSDAP beigetreten und daneben später auch Mitglied im „NS-Soldatenring“ gewesen. Nach dem Krieg ist dem eine Laufbahn in sozialistischen Jugendorganisationen, als Bundesrat, Landtagsabgeordneter in der Steiermark und nun als Minister gefolgt.
Am 21. August werden auf der anderen Seite aber auch die 3. und 4. österreichische Politikerin in einer Regierung angelobt. Hertha Firnberg wird Bundesministerin ohne Portfeuille im Bundeskanzleramt und Gertrude Wondrack wird Staatssekretärin im Bundesministerium für Soziale Verwaltung.
Die ÖVP, die seit 1945 alle Bundeskanzler gestellt hat, geht in die Opposition und verbleibt dort 17 Jahre lang bis 1987.
Am 25. April 1971 kommt es planmäßig zur fünften Volkswahl eines österreichischen Staatsoberhaupts. Der bisherige Amtsinhaber, Franz Jonas, tritt gegen einen neuen ÖVP-Kandidaten an, Kurt Waldheim. Jonas erhäl 2.478.239 Stimmen, das sind 52,8%. Er ist nach Wilhelm Miklas und Adolf Schärf der 3. Bundespräsident, der für eine zweite Amtsperiode gewählt wird. Jonas stirbt im April 1974, wodurch eine vorgezogene Neuwahl notwendig wird. Sein Gegenkandidat Waldheim erhhält 2.224.809 Stimmen und 47,2%. Die FPÖ hat es nicht gewagt bzw. für sinnlos erachtet, einen eigenen Kandidaten für die Wahl aufzustellen.
Von 5.024.324 Wahlberechtigten geben bei allgemeiner Wahlpflicht 4.787.706 (95,3%) Wahlberechtigte ihre Stimme ab. 75.658 Stimmen, das entspricht 1,6% der abgegebenen Stimmen oder 1,5% der Wahlberechtigten 1müssen als ungültig gewertet werden. Wenn man alle verweigerten und ungültigen Stimmen zusammenrechnet, dann sind das 312.276 Stimmen oder 6,2% der Wahlberechtigten. Obwohl also offensichtlich die Zustimmung, wenngleich auch mit ein wenig gesetzlichem Zwang gestützt zur selbst deklarierten politischen Mitte demnach überwältigend ist, ist die Volkspartei leise enttäuscht, weil die seit 1951 übliche Konstellation, dass Bundespräsident und Bundeskanzler zu verschiedenen Lagern gehören, diesmal nicht eintritt und den "Roten" jetzt auf Bundesebene außer dem schwachen Bundesrat "alles gehört".
Am 4. Juni 1971 wählen die Delegierten bei einem außerordentlichen Parteitag in Wien mit 286 von 423 gültigen Stimmen (67%) Karl Schleinzer zum Bundesparteiobmann der ÖVP. Ab diesem Tag ist Schleinzer auch als Spitzenkandidat der ÖVP für die Nationalratswahl 1975 gesetzt.
Am 19. Juli 1975, noch vor Beginn der heißen Phase seines ersten großen Wahlkampfs, kehrt Schleinzer von einem Familienurlaub in Rhodos zurück und fährt anschließend alleinevon Wien mit seinem Privatwagen nach Hause in Richtung Kärnten. Auf der damals berüchtigten Gastarbeiterroute bei Bruck an der Mur kommt Schleinzer durch einen Frontalzusammenstoß mit einem türkischen Sattelzug ums Leben. Als Unfallursache wird starke Übermüdung und Sekundenschlaf vermutet.
Am 2. März 1980 wird Norbert Steger auf einem Sonderparteitag der FPÖ in einer Kampfabstimmung zum Bundesparteiobmann gewählt. Die Mehrheit im neuen FPÖ-Vorstand sieht nun die Zeit zur Verwirklichung des großen Traumes des allergrößten Teils aller FPÖ-Parteimitglieder gekommen, nämlich nach 35 Jahren Trockenzeit endlich wieder an der nächsten österreichischen Bundesregierung und dem ganzen damit einhergehenden Nutzen für seine Partei beteiligt zu werden. Kein Chef des "dritten Lagers" konnte sich so eine Gelegenheit entgehen lassen. Das ist jedenfalls die feste Überzeugung Stegers, seines Langzeit-Vorgänger als Obmann und nunmehrigen parlamentarischen Clubobmanns Friedrich Peter sowie des gesamten nationalliberalen Flügels der FPÖ, zudem Steger sich selbst zählt.
Die FPÖ hatte in der Wählergunst seit ihrer Gründung in den Jahren 1955 und 1956 beständig verloren. Ihre Vorgängerpartei, die WdU (Wahlpartei der Unabhängigen) war bei den Wahlen 1949 und 1953 angetreten und jeweils mehr als 10% der gültigen Stimmen gewonnen. Die FPÖ war danach über die 7,7% bei der Nationalratswahl 1959 nie mehr hinausgekommen und hatte sich bei den folgenden Urnengängen zwischen 5 und 6 Prozent eingependelt. Der Hauptgrund für diesen Wählerschwund war mit hoher Wahrscheinlichkeit die Politik von SPÖ und FPÖ gegenüber ehemaligen NSDAP-Mitgleidern gewesen. Für jede auch nur mit etwas mehr Opportunismus und Individualität als Nibelungentreue "zur Sache des deutschen Volkes" im Leib gesegnete Person, war dort einfach viel mehr zu holen gewesen.
Die erfolgte Ablöse von Alexander Götz durch Norbert Steger erbost zwar die für die Parteiarbeit so wichtigen "Ewig-Gestrigen" und empfindliche Burschenschafter-Herzen, erleichtert aber die Umsetzbarkeit der Koalitionsvariante Rot-Blau innerhalb der SPÖ sehr. Friedrich Peter, Götz' Vorgänger, der 1978 nicht mehr zur Bundesobmannwahl der FPÖ angetreten war, ist durch seine Kriegsvergangenheit als Angehöriger der 1. SS-Infanteriebrigade schwerstens belastet, war zwar von 1970 - 1971 von Kreisky als Beschaffer von Mehrheiten für die SPÖ-Minderheitsregierung geschätzt worden, der Bundeskanzler hatte den FPÖ-Obmann nach der Nationalratswahl 1975 auch massiv gegen Vorwürfe von Simon Wiesenthal wegen seiner Kriegsvergangenheit verteidigt, doch all das hatte Peter bei den SPÖ-Mitgliedern, bei der ÖVP und in seiner eigenen Partei, die damals noch mehr als später viele explizite Antisemiten in ihren Reihen hatte, auch nicht gerade beliebter gemacht.
Außerdem hatte Peters Verhalten 1971 das vorzeitige Ende der Minderheitsregierung Kreisky I und die vorgezogene Neuwahl des Nationalrats ausgelöst, weil er der SPÖ die Unterstützung für die Einführung der Fristenlösung verweigert hatte. Mit dem dreimaligen Erreichen der absoluten Mehrheit 1971, 1975 und 1979 hatte es auch einfach keinen Grund für die SPÖ mehr über eine Regierungsbeteiligung der FPÖ nachzudenken. Diese hätte sowies sehr unangenehme öffentliche und interne Debatten der Parteiführung mit ihrem linken und antifaschistischen Flügelund vor allem ihren Jugend- und Studentenorganisationen provoziert. Die Situation stellt sich 1981 weitgehend verändert dar. Die absolute Mehrheit der SPÖ schwindet in allen Umfragen zunehmend dahin. Norbert Steger als Vertreter der Liberalen innerhalb der Freiheitlichen, geboren 1944 und also auch in dieser Hinsicht unbelastet, führt einen mehrheitlch liberalen FPÖ-Parteivorstand an.
Am 18. Mai 1980 erhält der von der FPÖ-Führung nominierte deutschnationale Ex-ÖVP-Politiker und Diplomat Dr. Willfried Gredler im 1. Wahlgang der Bundespräsidentenwahl 751.400 Stimmen, das sind 16,9% der gültigen Stimmen. Norbert Burger erhält 140.741 Stimmen, das sind 3,2% der gültigen Stimmen. Man kann das Gesamtpotential erkennen.
Ende der absoluten Mehrheiten, Wiedereinzug des "dritten Lagers" in die Regierung
1980 deckt der Journalist Alfred Worm den AKH-Skandal auf. Ausufernde Kosten und das Bekanntwerden der Zahlung von Schmiergelder beim Bau des Allgemeinen Krankenhauses in Wien hatten Worm zu seinen Recherchen gebracht. Als Hauptschuldiger wird der technische Direktor der Allgemeinen-Krankenhaus-Planungs- und Errichtungsgesellschaft (AKPE) Adolf Winter, festgemacht. Als Untersuchungsrichterin wirkte Helene Partik-Pablé, die dadurch in Österreich Popularität erlangt und später für die FPÖ in den Nationalrat einzieht. Im September 1981 folgt der AKH-Prozess, das bis dahin größte Gerichtsverfahren in Österreichs Nachkriegsgeschichte mit 30.000 Seiten in 67 Aktenordnern, ebenso vielen Beilagenseiten, vier Sachverständigen und mehr als 100 geladenen Zeugen. Die beiden enorm populären "Kronprinzen" Kreiskys, Leopold Gratz, der Bürgermeister von Wien und Hannes Androsch, Vizekanzler und Finanzminister, sind als Nachfolger diskreditiert.
Am 20. Jänner 1981 wird der Androsch von seiner Partei gezwungen, alle politischen Ämter zurück zu legen. Seine politische Karriere scheitert an als unvereinbar mit seinem Staatsamt angesehenen Privatgeschäften mit seiner Steuerkanzlei.Zusätzlich wird er 1988 in der Folge des AKH-Skandals verurteilt werden. Er wird deswegen sein Amt als Generaldirektor der staatseigenen Creditanstalt verlieren.
Erst danach kommt es zur Aufnahme von gerichtlichen Erhebungen wegen länger zurückliegender finanzieller Unklarheiten und zur Anklage wegen privater Schwarzgeldkonten Androschs. Seine Angabe, sein reicher Wahlonkel Gustav Steiner habe ihm viel Geld zur Verfügung gestellt, erweist sich nicht als tragfähig: Androsch wird nach einem langen Gerichtsverfahren, welches sämtliche Instanzen durchlaufen hatte, schließlich rechtskräftig wegen Steuerhinterziehung verurteilt.
Der Bau des Konferenzzentrums "Austria Center Vienna" wird trotz massiven Widerstands aus der Bevölkerung rücksichtslos umgesetzt. Ein Volksbegehren, das ÖVP-Abgeordneteninitiiert hatten, richtet sich gegen das Projekt und ist mit 1.361.562 Unterschriften das erfolgreichste der Zweiten Republik.
Am 24. April 1983 wird die 16. Nationalratswahl abgehalten. Stärkste Partei wird zum 5. Mal hintereinander die SPÖ unter Führung von Bundeskanzler Bruno Kreisky. Allerdings verliert die Partei nach 12 Jahren die absolute Mehrheit bei den Stimmen (47,6%, -3,4 Prozentpunkte) und Mandaten (90, -5). Mit leichten Stimmen- (43,2%, +1,3 Prozentpunkte) und Mandatsgewinnen (81, +4) belegt die ÖVP mit Spitzenkandidat Alois Mock den zweiten Platz. Die FPÖ, die erstmals mit Norbert Steger als Spitzenkandidat antritt, fährt ihr bisher schlechtestes Ergebnis bei den Stimmen(5,0%, −1,1 Prozentpunkte) ein, gewinnt aber wegen der Wahlrechtsreform ein Mandat (12, +1) dazu. Weder die Vereinten Grünen Österreichs (VGÖ) noch die Alternative Liste Österreich (ALÖ) erreichen bei ihrem ersten Antreten ein Grundmandat.
Die VGÖ scheitert dabei nicht zuletzt aufgrund einer Medienkampagne gegen ihren Spitzenkandidaten, den Schauspieler Herbert Fux. Dieser wird mittels eines Interviews in der von Wolfgang Fellner herausgegebenen Zeitschrift Basta sexuell verunglimpft. Später wird gerichtlich festgestellt, dass das Interview inhaltlich entstellt und teilweise frei erfunden ist. Der Image-Schaden für Fux ist jedoch enorm und führte zu seiner Ablösung als Spitzenkandidat der VGÖ.
Ein parlamentarisches Nachspiel bringen das Ergebnis und die Verhandlungen Kreiskys mit Steger auch noch. Als FPÖ-Klubobmann Peter zum dritten Nationalratspräsidenten gewählt werden soll, erheben sich dagegen zahlreiche Proteststimmen innerhalb und außerhalb der SPÖ. Der SPÖ-Jungabgeordnete Josef Cap, der seinen Einzug ins Parlament durch einen fulminanten Vorzugsstimmenwahlkampf erreichen hatte müssen, weil er auf der SPÖ-Kandidatenliste auf einem hoffnungslos elegenen Platz gereiht worden war, sagte der Abendjournalredation des ORF am 13. Mai 1983, er werde Peter nicht wählen.
Cap war von der Parteiführung der SPÖ an unwählbarer Stelle gereiht worden, weil er im Vorjahr, anlässlich des SPÖ-Parteitages am 28. Oktober 1982 öffentlich drei unangenehme Fragen an den sozialdemokratischen burgenländischen Landeshauptmann Theodor Kery zu dessen Monatsverdienst, seiner Stromrechnung und seinen Schiessgewohnheiten gestellt hatte.
Am 17. Mai 1983 jedenfalls verzichtet Peter auf die Kandidatur zum dritten Nationalratspräsidenten um den Weg für eine rot-blaue Koalition nicht zu verbauen. Am selben Tag erteilt Bundespräsident Rudolf Kirchschläger dem Wahlsieger Kreisky den Auftrag zur Regierungsbildung. Der Weg für eine rot-blaue Koalition ist offen und die Verhandlung schreiten "unerwartet" zügig voran. Am 18. Mai werden letzte Personalentscheidungen innerhalb der FPÖ getroffen und am darauf folgenden Tag unterzeichnen SPÖ und FPÖ ein Arbeitsübereinkommen für die Legislaturperiode.
Am 24. Mai 1983 gelobt Präsident Kirchschläger die rot-blaue Bundesregierung Sinowatz an. Bruno Kreisky zieht sich aus gesundheitlichen Gründen aus der Politik zurück, hatte aber nach 13 Jahren als Chef einer roten Alleinregierung die sogenannte kleine Koalition fertig ausgehandelt und sie seinem letzten verbliebenen Mitstreiter Sinowatz "ins Bett gelegt", damit die "Schwarzen" noch weiter von Kabinettsposten und den entsprechenden Personalplatzierungen ausgeschlossen blieben. Fred Sinowatz, der seit 1971 Bundesminister für Unterricht und Kunst sowie seit 1981 Vizekanzler gewesen ist, wird widerstrebend Bundeskanzler in der ersten Regierung, in der die FPÖ und der ersten Nachkriegsregierung, in der das "dritte Lager", das in der 1. Republik so oft Juniorpartner der Christlichsozialen Partei gewesen war, vertreten ist. FPÖ-Obmann Steger folgt Sinowatz als Vizekanzler und übernimmt gleichzeitig das Handelsministerium.
Am 10. September 1984 kehrt Leopold Gratz in den Nationalrat und die Bundespolitik zurück und wird der Außenminister der Regierung Sinowatz. Sinowatz war 1973 bei Gratz' Wechsel ins Wiener Rathaus sein Nachfolger als Unterrichtsminister gewesen. 1975 war Gratz der beliebteste österreichische Politiker gewesen und vom TIME-Magazin unter jene 150 Menschen gereiht worden, die weltweit größte Popularität genossen.
Am 1. März 1985 bietet Fred Sinowatz dem ehemaligen UN-Generalsekretär Dr. Kurt Waldheim an, ihn gemeinsam mit der ÖVP als Präsidentschaftskandidaten aufzustellen. Am Folgetag nominiert ÖVP-Obmann Dr. Alois Mock Waldheim jedoch als Kandidaten seiner Partei, die damit laut Umfragen gute Chancen auf ihren ersten Sieg bei einer Präsidentenwahl seit 1945 hat. Die SPÖ stellt am 16. April Gesundheitsminister Dr. Kurt Steyrer als Gegenkandidaten für's Verlieren auf.
Nach einer Umfrage des österreichischen Gallup-Institutes lässt sich für den Zeitraum von 1985 bis Anfang 1986 (noch vor Beginn der Waldheim-Debatte) im Vergleich zu den Jahren zuvor “eine signifikante Steigerung von Österreich-Artikeln in der bundesdeutschen und amerikanischen Presse nachweisen". In den Monaten von Januar bis April 1986 steigt die Artikelflut weiter an. Das Land erhält "eine extrem hohe mediale Aufmerksamkeit (...), die überwiegend durch eine negative Bewertung Österreichs gekennzeichnet war".
Am 4. Mai 1986 erhält Dr. Kurt Waldheim im 1. Wahlgang der Bundespräsidentenwahl 2.343.463 Stimmen, das sind 49,6% der gültigen Stimmen und 5,9 Prozentpunkte mehr als Dr. Kurt Steyrer. Die Krone hält voll zu ihm. In der Stichwahl am 8. Juni 1986 erhält Waldheim dann noch 121.324 Stimmen mehr, das sind dann 53,9%.
Die Wiederauflage der "Großen Koalition"
Die Folgen bis zum Jahresende sind dramatisch. Sinowatz tritt nach der verlorenen Bundespräsidentenwahl zurück. Da er sich während des Wahlkampfs um das Bundespräsidentenamt wegen dessen nationalsozialistischer Vergangenheit stark gegen den ÖVP-Kandidaten Kurt Waldheim exponiert und vor der drohenden Isolation durch westliche Staaten gewarnt hatte, tritt Leopoöd Gratz als Außenminister ebenso zurück und in der folgenden Bundesregierung Vranitzky I nicht mehr als solcher an.
Gratz wird überhaupt kein Ministeramt mehr bekleiden. 1989 wird er wieder als Beteiligter in zwei Skandalen genannt, dem Fall Lucona und der Noricum Affäre. Am Beginn der Nationalratssitzung am 25. Jänner 1989 wird er seinen Rückzug aus der österreichischen Politik bekannt geben und erklären, "seine Entscheidung sei eine persönlich und sie sei politisch begründet." Gratz wird 1993 wegen falscher Zeugenaussage zu einer Geldstrafe verurteilt werden. Im gleichen Jahr wird Gratz im Noricum-Prozess ebenso wie der frühere Bundeskanzler Fred Sinowatz vom Verdacht des Amtsmissbrauchs und des Beitrags zur Neutralitätsgefährdung freigesprochen werden.
Am 16. Juni 1986 wird Franz Vranitzky anstelle von Fred Sinowatz Bundeskanzler, Jörg Haider putscht in der FPÖ. Vranitzky wirft die FPÖ aus der Regierung und zieht nach ca. 20 Jahren Versenkung die Gro-Ko, die nicht wenige Funktionäre in den beiden noch "großen" Parteien immer noch lieben, wieder aus der Tasche.
Am 23. November 1986 findet die 17. Nationalratswahl statt. Stärkste Partei wird die SPÖ von Bundeskanzler Franz Vranitzky, die wieder empfindlich Stimmen (43,11%, -4,54 Prozentpunkte) und Mandate (-10) verliert. Doch auch die ÖVP von Alois Mock, die schon gewohnheitsmäßig den zweiten Platz belegt, verliert Stimmen (41,29%, -1,93 Prozentpunkte) und Mandate (-4). Die FPÖ, die erstmals mit Jörg Haider an der Spitze antritt, belegte den ansgestammten dritten Platz und kann ihren Stimmanteil im Vergleich zur letzten Wahl mit Steger als Spitzenkandidat fast verdoppeln (9,73%, +4,75 Prozentpunkte, 18 Mandate). Nachdem bei der Nationalratswahl 1983 weder den Vereinten Grünen Österreichs noch der Alternative Liste Österreichs der Gewinn eines Grundmandates gelang, schaffte 1986 die Grüne Alternative mit Spitzenkandidatin Freda Meissner-Blau erstmals den Einzug in den Nationalrat (4,82%, +3,46 Prozentpunkt, 8 Mandate). Franz Vranitzky bleibt Bundeskanzler und bildet die Bundesregierung Vranitzky II.
Am 11. Mai 1988 wird Vranitzky auf einem außerordentlichen Parteitag auch Sinowatz’ Nachfolger als Parteivorsitzender der SPÖ. Er verbietet Koalitionen mit der FPÖ österreichweit und für immer und gewinnt die Nationalratswahlen 1986, 1990, 1994 und 1995 jeweils relativ gegen wechselnde Bundesobleute der ÖVP. Die SPÖ wird am nächsten Ende der großen Koalition fast 30 Jahre in der Regierung gewesen sein und ebenso lange den österreichischen Bundeskanzler gestellt haben.
Die ÖVP scheint sich vom politischen Genickbruch, den sie in den 70er Jahren erlitten hat, vorläufig immer nocht nicht erholen zu können. Wegen der fortgesetzten Wahlsiege Vranitzkys vergießt die SPÖ rasch wieder, wie sehr das Bild von der Korruption in ihren Reihen dem Wahlpublikum bewusst geworden ist.
Am 4. Mai 1995 wechselt Wolfgang Schüssel vom Wirtschafts- ins Außenministerium und übernimmt damit 2 Schlüssel zur Macht hierzulande, den Vizekanzler von Dr. Erhard Busek und das von der SPÖ schon 1987 ohne Not an die ÖVP verschenkte Außenamt von Dr. Alois Mock. Zuvor hatte er in langen geduldigen Manövern seine 3 Vorgänger als ÖVP-Obmann, die Großkoalitionäre Mock, Riegler und Busek parteiintern „geschlagen“. Diverse Ergebnisse an den Urnen und die Ungeduld der Volkspartei nach 17 Jahren ohne Kanzler tragen das ihre dazu bei. Schüssel bricht innerlich mit dem Vranitzky'schen Gesetz. An der Kinokasse "Vom Zaun gebrochene Neuwahl 1995" muss Schüssel bitter erfahren, dass er hinter den Kulissen ein Politgenie aber an der "Kinokasse" ein Giftl und Flopbringer ist. Er reißt sich zusammen und macht als Vizekanzler weiter.
Wahlverlierer Schüssel beendet die Große Koalition
1999 führt er die ÖVP zu ihrem Tiefpunkt und erstmals bei einer Nationalratswahl auf den 3. Platz hinter SPÖ und FPÖ. Er manövriert den SPÖ-Chef Klima und den FPÖ-Chef Haider genau dahin, wo er sie haben will, erringt vom 3. Platz aus den Bundeskanzlersessel und ist am Ziel seiner Träume und seiner Realität angekommen. Die Empörung großer Teile der Bevölkerung und der traditionellen Eliten lässt ihn kalt. Er tötet alle lästigen Gegner und verwirrt den beiden anderen Parteien den Kopf so, dass sich die eine, die das Regieren seit 55 Jahren mit einer misslungenen Unterbrechung von 1983 - 1986 nicht geübt hat, ihre Selbstvernichtung vorbereitet. Die andere, die das Opponieren in den 30 Jahren ihrer Regierungstätigkeit, davon 13 Jahre Alleinregierung und durchgehen mit Bundeskanzler, völlig verlernt hat, kann wegen ihrer fortgesetzten Siege nicht aufhören, an ihr Anrecht auf eine unbefristete Dauermiete am Ballhausplatz zu glauben, ist von Entsetzen komplett gelähmt und hat nichts anderes mehr im Kopf als Ferienhäuser in der Toskana und italienische Rotweine.
Im September 2002 findet der außerordentliche Parteitag der FPÖ in Knittelfeld statt, wo das Hauen und Stechen kein Ende hat.
Am 24. November 2002 fährt Schüssel nachdem er zum zweiten Mal vorzeitig eine Koalition beendet hat, diesfalls die erste schwarz-blaue, einen Windfall-Profit-Kantersieg mit 42,30% der gültigen Stimmen und 79 Mandaten gegen 36,51% der Stimmen und 69 Mandate für die SPÖ sowie katastrophale 10,01% und 18 Mandate für die FPÖ und damit den ersten schwarzen Sieg bei einer Nationalratswahl ein. Dieser Sieg ist sehr viel schöner als der UHBP-Sieg von Alois Mock, obwohl das Ausland, die Ostküste und die roten Gutmenschen und Vaterlandsverräter genau so dagegen sind wie seinerzeit. Die gesamte ÖVP-Führung wird in der Sekunde größenwahnsinnig.
Am 23. April 2005 wird Heinz-Christian Strache zum Bundesparteiobmann der „neuen“ gespaltenen FPÖ gewählt. Herbert Kickl verrät seinen Meister endgültig und geht mit H.-C. davon. Wär’s doch 8 Tage später und im Mai gewesen, dann würde es noch besser hierher passen.
Wahlsieger Gusenbauer errichtet die Große Koalition erneut
2006 zeigt sich bei der regulären NR-Wahl die fundamentale Kassengifteigenschaft von Schüssel erneut, obwohl er doch bis einen Monat vor der Wahl den ORF sowie ÖBB, ÖAV und ÖIAG überhaupt im Griff zu haben schien. Er verliert gegen das amtliche Kassengift Alfred Gusenbauer mit 34,33:35,34 (gemessene Weite) bzw. 66:68 (Stilnote) die Wahl und das Kanzleramt. Schüssel geht in sich, beschließt, nie mehr ohne Verkäufer zu arbeiten. Er tauscht mit Wilhelm Molterer (ÖVP-Obmann gegen Club-Obmann und) und übernimmt diverse lockere Aufsichtsjobs, im Kuratorium der Bertelsmann Stiftung, im Aufsichtsrat von RWE, im European Advisory Board von Investcorps, im Kuratorium der Konrad-Adenauer-Stiftung, Aufsichtsrat des russischen Mobilfunkanbieters MTS, zuletzt 2019 im Board of Directors von Lukoil. Gusenbauer wird Bundeskanzler, Molterer Vizekanzler, die GroKo ist zurück. Die gesamte SPÖ-Führung wird in der Sekunde größenwahnsinnig.
Am 12. August 2008 gibt Dr. Jörg Haider bekannt, dass er vor hat, wieder in den Ring zu steigen und bei der Nationalratswahl 2008 gegen seine verräterischen Erben anzutreten. Das "Bündnis Zukunft Österreich, das seit 2006 mit 7 Mandaten im Parlament werkt, kann bei der Nationalratswahl am 28. September seinen Stimmenanteil mit 10,7 % mehr als verdoppeln, was Beobachter Haiders Antreten als Spitzenkandidat seiner Partei zuschreiben. Das BZÖ erreicht in Kärnten mit 39,4% ihr bestes Ergebnis, während sie in den anderen Bundesländern nur zwischen 4,7% (Wien) und 13,2% (Steiermark) schafft.
Am 11. Oktober 2008 wiederholt sich nach 33 Jahren der Fall, dass ein österreichischer Parteichef aus Kärnten, der wegen der allgemeinen Umstände keine Chance hat, je Bundeskanzler zu werden, durch einen (selbst verschuldeten) Autounfall stirbt. Jörg Haider fährt mit überhöhter Geschwindigkeit und stark alkoholisiert bei der kleinen Ortschaft Lambichl nach einem Überholvorgang mitten in der Nacht in eine Gartenbegrenzung. Sein VW-Phaeton zerschellt und Haider kommt ums Leben.
Das BZÖ kauft das Wrack nach dem Unfall um 40.000 Euro mit Parteigeldern und bringt ihn "an einen geheimen Ort", wo er bis heute versteckt wird.
Am 18. Oktober 2008 findet die Trauerfeier für Jörg Haider in Klagenfurt statt. Die Bischöfe Alois Schwarz und Egon Kapellari zelebrieren das Requiem. An den verschiedenen Feiern nehmen mehr als 25.000 Menschen teil. Darunter sind Bundespräsident Heinz Fischer, Bundeskanzler Alfred Gusenbauer und alle Landeshauptleute, Stefan Petzner, zahlreiche Veteranen des Zweiten Weltkriegs, Saif al-Islam al-Gaddafi sowie zahlreiche seiner früheren Wegbegleiter und Vertreter von mehreren deutschnationalen Burschenschaften. An ausländischen Politikern erscheinen allerdings nur der Präsident der Region Friaul-Julisch Venetien, Renzo Tondo, mit Fahne und Wappen seiner Region sowie der Präsident der Region Veneto, Gianfranco Galan. In Lambichl und anderswo in Kärnten werden zahlreiche Pilgerstätten für den "heiligen Jörg" eingerichtet.
Am 2. Dezember 2008 ist es mit der GroKo-Regierung und der Kanzlerkarriere von Dr. Alfred Gusenbauer nach knapp 2 Jahren schon wieder aus. Er wird wegen sinkender Popularitätswerte und Fehlverhalten während der großen Überschwemmung 2008 von der eigenen Partei gestürzt und durch Werner Faymann ersetzt. Eine Zeitung zitiert einen Genossen des Kanzlers mit den Worten: "Gegen Faymann ist ein Aal ein sehr rauhäutiges Tier.
Am 16. Dezember 2013, anlässlich der Amtsübernahme der Regierung Faymann II lässt sich trotz aller Mahnungen Dr. Christian Konrads der Studienabbrecher Sebastian Kurz als Minister für Europa, Integration und Äußeres angeloben.
Am 17. Mai 2016 erreicht die Verwirrung, Arroganz und daher Denkunfähigkeit der österreichischen Sozialdemokratie mit der Übernahme des Bundeskanzleramts durch den Journalisten, studierten Kommunikationswissenschaftler und ÖBB-Generaldirektor Mag. Christian Kern einen neuen Höhepunkt. Kurz wird zum 2. Mal gemeinsam mit der restlichen Regierung Kern I als Europa-, Integrations- und Außenminister angelobt.
Am 22. Mai 2016 erhält Ing. Norbert Hofer im 2. Wahlgang der Bundespräsidentenwahl 2.220.654 Stimmen, das sind 49,65% der gültigen Stimmen und Prozentpunkte 0,7 Prozentpunkte als Dr. Dr. Alexander Van der Bellen. Der VfGH hebt die Wahl auf der Basis einer Rechnung ohne Matura-Niveau auf. Die spätere Expertenkanzlerin führt bei dieser Peinlichkeit den Vizevorsitz oder so.
Am 4. Dezember 2016 wird die Stichwahl zwischen Hofer und Van der Bellen wiederholt. Die Wahlbeteiligung steigt wiederum und liegt nun bei 74,21% der Wahlberechtigten, im Vergleich zu 72,75% beim aufgehobenen 2. Wahlgang im Mai. Alexander Van der Bellen kann seinen Stimmanteil auf 53,79% erhöhen, während Hofer im Vergleich zur Wahl in Mai sowohl Prozentpunkte als auch Stimmen verliert. Auf ihn entfallen nun 46,21% der gültigen Stimmen.
Am 26. Jänner 2017 tagt die Bundesversammlung zum 18. Mal seit Inkraft-Treten der österreichischen Bundesverfassung. Der neue Bundespäsident Alexander Van der Bellen wird angelobt. Vor der Verfassungsnovelle von 1929 und noch 2 mal nach ihr (Wilhelm Miklas, CSP, ohne Not im Oktober 1931, Karl Renner, nach der NR-Wahl im Dezember 1945) hatte die Bundesversammlung den Bundespräsidenten auch gewählt, wie es ähnlich bis heute in der Bundesrepublik Deutschland geschieht. Van der Bellen ist erst der 9. Bundespräsident der Republik Österreich.
Die Bundesversammlung ist wegen der erwähnten Verfassungsnovelle eine Einrichtung mit etwas assymetrischen Kompetenzen. Das Bundes-Verfassungsgesetz regelt in Art. 38 die grundsätzlichen Aufgaben der Bundesversammlung wie folgt:
"Der Nationalrat und der Bundesrat treten als Bundesversammlung in gemeinsamer öffentlicher Sitzung zur Angelobung des Bundespräsidenten, ferner zur Beschlussfassung über eine Kriegserklärung am Sitz des Nationalrates zusammen."
Die Bundesversammlung wird grundsätzlich vom Bundespräsidenten einberufen. Ausgenommen sind die Fälle, in denen das Staatsoberhaupt selbst Beratungssubjekt der Versammlung ist - etwa zum Zweck der Absetzung oder Anklage - und die Angelobung eines neuen Bundespräsidenten, wenn das Amt - etwa durch den Tod des Staatsoberhauptes - dauerhaft erledigt ist. Zu diesen Anlässen geht das Einberufungsrecht auf den Bundeskanzler bzw. das Kollegium der drei Nationalratspräsidenten über.
Comeback der FPÖ nach 11 Jahren und ganz ohne Haider
Am 10. Mai 2017 gibt Vizekanzler Reinhold "Django" Mitterlehner bekannt, er werde sowohl als Bundesparteiobmann der ÖVP, wie auch von seinen Ämtern als Minister und Vizekanzler zurücktreten. Als Termin nennt er den 15. Mai. Sein Nachfolger als zunächst nur designierter ÖVP-Obmann wird am 14. Mai Außenminister Sebastian Kurz, der umgehend Neuwahlen fordert, es aber ablehnt, in der Regierung das Amt des Vizekanzlers zu übernehmen. Nach einem Gespräch mit Bundespräsident Alexander Van der Bellen sagt Mitterlehner am 15. Mai zu, vorerst seine Regierungsämter weiter auszuüben. Vizekanzler wird am 17. Mai der parteilose Justizminister Wolfgang Brandstetter. Kurz und Schüssel beginnen mit der verbesserten Durchführung des bewährten, aber auch schon schiefgegangen Manövers "Koalition Sprengen mit anschließendem Wahlsieg.
Am 15. Oktober 2017 findet die 26. Nationalratswahl in Österreich fand statt. Zuvor war die 25. Legislaturperiode durch Beschluss des Nationalrates verkürzt worden. Stimmenstärkste Partei wird die ÖVP mit 31,5% der gültigen Stimmen, einem Plus von 7,5 Prozentpunkte und 62 Mandaten. Die SPÖ mit Bundeskanzler Christian Kern gewinnt 4 Hundertstelprozentpunkte zu ihrem historisch schlechtesten Ergebnis 2013 dazu und liegt mit 26,9% der Stimmen und 52 Mandaten auf dem zweiten Platz. Mit 26,0% der Stimmen und 51 Mandaten erreicht die FPÖ mit H.C. Strache als Spitzenkandidat das zweitbeste Ergebnis ihrer Geschichte und den dritten Platz.
Alle 3 traditionellen Parteien gewinnen Stimmanteile, ein Novum in der Zweiten Republik. Zum Debakel wird die Wahl für die "Die Grünen - Die Grüne Alternative". Die Partei stürzt von 12,42% 2013 auf 3,80% der gültigen Stimmen ab und fliegt aus dem Nationalrat, dem sie seit 1986 angehört hatte. Die neoliberale Partei NEOS verbessert sich im Vergleich zu 2013 um 34 Hundertstelprozentpunkte, gewinnt ein Mandat hinzu und wird viertstärkste Kraft. Die Liste Peter Pilz mit dem mit seinen ehemaligen Parteifreunden völlig zerstrittenen ehemaligen Bundessprecher der Grünen an der Spitze schafft den Einzug ins Parlament mit 4,4% und 8 Mandaten. Es wird wohl ein kurzes Gastspiel männlicher Egos werden.
Das Wahlergebnis ermöglicht die Bildung einer stabilen Bundesregierung nur durch eine Koalition von mindestens zwei Parteien, ÖVP-SPÖ (nicht mehr so große Koalition mit 114 Mandaten), ÖVP-FPÖ, Neuauflage von Schwarz-Blau als Türkis-Blau mit 113 Mandaten, SPÖ-FPÖ, Neuauflage von Rot-Blau mit 104 Mandaten. Koalitionen mit NEOS oder Liste Pilz ergeben keinen Sinn. Theoretisch bestünde auch die Möglichkeit einer ÖVP-Minderheitsregierung mit Duldung bzw. Unterstützung von einer oder mehr Parteien. Diese Regierungsform hat in der zweiten Republik keine Tradition und ist bislang nur einmal alsBundesregierung Kreisky I, 1970–71 für eineinhalb Jahre vorgekommen.
Kurz hatte allerdings schon im Wahlkampf ziemlich klar gemacht, wohin die Reise gehen sollte. Bereits am Wahlabend kündigt Bundespräsident Van der Bellen seine Absicht an, ihn mit der Regierungsbildung zu beauftragen, sobald das endgültige amtliche Wahlergebnis vorliegen werde, was am 20. Oktober der Fall ist. Die SPÖ beschließt, mit ÖVP und FPÖ das Gespräch zu suchen. Nach unverbindlichen Sondierungsgesprächen mit allen Parteien ignoriert Kurz die SPÖ sowie NEOS und Liste Pilz, mit denen Gespräche schon arithmetisch keinen Sinn machen. Am 25. Oktober beginnen die Koaltionsverhandlungen zwischen ÖVP und FPÖ mit der Beteiligung von 140 Personen in x Arbeitsgruppen. Die Verhandlungsteams einigen sich rasch und demonstrieren in der Öffentlichkeit eine nie dagewesene Harmonie.
Der Wiener Vizebürgermeister Johann Gudenus, FPÖ, Peter Pilz von der nach ihm benannten Liste nehmen ihre Nationalratsmandate vorerst nicht an. Außerdem verzichten Hans Peter Doskozil und Veronika Matiasek, Beate Meinl-Reisinger von den NEOS, Norbert Nemeth und Hans Jörg Schelling auf ihre Mandate.
Am 18. Dezember 2017 wird die türkis-blaue Bundesregierung Kurz von Bundespräsident Van der Bellen ernannt und angelobt. Die internationale Irritation hält sich im Gegensatz zum Jahr 2000 und ganz besonders in In Israel, "an der Ostküste" und in der Wahrnehmung der österreichischen Medien in engen Grenzen. Kurz beginnt eine sehr lange Weltreise. Wolfgang Schüssel kommt zum 3. Mal am Höhepunkt seiner Träume an. Diesmal ist es vielleicht noch besser als die beiden Male zuvor.
Am 14. Februar 2019 lehnt der Österreichische Bundesrat eine Novelle des Ökostromgesetzes, alle 21 SPÖ-Abgeordneten stimmen dagegen, ab. Die SPÖ will „sofort“ neu verhandeln, ÖVP und FPÖ lehnen das kategorisch ab. Der Bundesrat hatte seit 1920 ein Erfüllungsgehilfen-Schattendasein hinter dem Nationalrat geführt, doch an diesem Tag findet eine bemerkenswerte Premiere statt. Erstmals in der Geschichte verhindert er einen Gesetzesbeschluss.
Am 17. Mai 2019 zündet ein unbekannter Feind eine bereits im Sommer 2017 gebaute und eingelagerte Bombe am Beginn des Wochenendes vor der anstehenden Wahl zum EU-Parlament, die zum ersten Mal die großen Risse in der türkis-blauen Koalition und ihre diversen, schwer behebbaren Dilemmata ans Licht zerren musste. Ob der Zündzeitpunkt tatsächlich optimal gewählt war, wird sich im September 2019 und den Folgejahren zeigen.
Die schon auch rechtes-weltbild-lastige, moralin-freie, aber eher Bitte-keine-Nazis-mehr-wir-wollen-ja-nur-ein-bisschen fuhrwerken-und-dann-mit-ein-paar-Freunden-abstauben-Fraktion der FPÖ geht unter. Die echten "Heimattreuen" kassieren das meiste ein und fliegen dafür aus der Regierung. Die Abstauber und Fuhrwerker haben im Schnitt 3-bis-5-Jahres-Verträge und werden schon noch das eine oder andere admistrative Maßnähmchen durchführen und ihr Network, wie man heute sagt, stärken können. Ein bisschen wird man sie zur weiteren Schächung der sogenannten überflüssig-übertriebenen Sozialleistungen noch weiter machen lassen. Das rot-grüne Reichsdrittel von Österreich jubelt trotzdem wie verrückt.
Am 18. Mai 2019 setzt Bundeskanzler Kurz im Zuge der Beendigung der türkis-baluen Koalitionsregierung für den Herbst eine vorgezogene Neuwahl des Nationalrates an. Der September wird als Wahlmonat rasch wahrscheinlich. Über den Wahlsonntag können sich die Parteien aber nicht einigen. Die ÖVP will möglichst früh, SPÖ und FPÖ möglichst spät wählen lassen.
Am 22. Mai 2019 entlässt UHBP gemäß Art. 70 Abs. 1 B-VG Innenminister Herbert Kickl auf Vorschlag des Bundeskanzlers aus der Regierung. Danach enthebt er die weiteren Regierungsmitglieder der FPÖ auf eigenen Wunsch hin ihres Amtes. Gleichzeitig ernennt Van der Bellen mit diesem Formalakt Bundesfinanzminister Hartwig Löger zum Vizekanzler und gelobt die von Kanzler Kurz vorgeschlagenen 4 Experten als Bundesminister an. Bundesministerin Juliane Bogner-Strauß wird zusätzlich zu ihrem bisherigen Ressort mit den Agenden Beamten und Sport betraut. Ab diesem Tag regiert Kanzler Kurz mit seinem Kabinett als ÖVP-geführte Minderheitsregierung.
Die Ereignisse im Parlament überschlagen sich. Pilz, der nichts mehr zu verlieren hat und einen dramatischen Abgang wünscht, kündigt an, am Montag einen Misstrauensantrag gegen Kurz stellen zu wollen. SPÖ und FPÖ überlegen diskutieren das ganze Wochenende die Vor- und Nachteil der möglichen 2 Antworten auf die Frage, ob sie nicht doch lieber gleich die ganze Regierung stürzen sollen und wollen.
Am 27. Mai 2019 wird der Regierung Kurz schließlich von der Mehrheit des Nationalrats das Vertrauen versagt.
Am 28. Mai wird die gesamte Regierung Kurz vom Bundespräsidenten gemäß der Verfassung des Amtes enthoben. Gleichzeitig beauftragt Van der Bellen den 6 Tage zuvor angelobten Vizekanzler mit der Fortführung der Verwaltung und dem Vorsitz in der einstweiligen Bundesregierung, die nun ohne Kurz auskommen muss. Anschließend werden die bisherigen Minister des Kabinetts Kurz II mit der Fortführung der Amtsgeschäfte bis zur Einsetzung einer Übergangsregierung betraut.
Van der Bellen hat sich im Hintergrund wahrscheinlich erkundigt und schon auf die Suche nach der 4. Expertenregierung für die Republik Österreich gemacht. Er führt Gespräche mit allen Clubobleuten und testet die Akzeptanz für verschiedene verdiente Personen. Alle Beteiligten halten halbwegs dicht. Nach 4 Tagen hat er die Expertenkanzlerin und nach dem nächsten Wochenende die restlichen notwendigen Ministerinnen und Minister ausgemacht.
Am 3. Juni 2019 gelobt UHBP "sein" Expert/inn/en-Kabinett an und ersetzt damit die einstweilige Bundesregierung Löger durch die als Übergangsregierung angelegte Beamt/inn/enregierung Bierlein. Erstmals hat ein Bundespräsident getraut, das Machtpotential, das die Verfassung für ihn in der Krise bereitstellt, zu nutzen und er ist nicht nur der erste sondern, bis der Wahlsieger der vorgezogenen Neuwahl im September, mit hoher Wahrscheinlichkeit wiederum Kurz, feststeht, auch der mächtigste Mann im Staat.
Mehr als die Hälfte der Österreicherinnen und Österreicher sind froh darüber. Große Teile des rot-grünen Reichsdrittels jubeln sogar über die Expertenkanzlerin mit dem sehr konservativen Weltbild und regen sich dafür mächtig über die erste Parteivorsitzende der Sozialdemokratischen Partei auf. Ihnen wird, weil sie immer noch nicht die Sinnhaftigkeit und die Möglichkeiten guter Oppositionspolitik erkannt haben und wieder ankündigen, die Regierungsverantwortung, d.h. die x-te GroKo anzustreben, kurzfristig schwer zu helfen sein. Die ÖVP dagegen verschärft den bereits vorher begonnenen Wahlkampf mit dem altbekannten Schauermärchen von der Gefahr einer praktisch abgemachten österreich-schädlichen rot-blauen Koalition ab Herbst 2019.
Der zuvor schon wegen der verschiedenen gegen ihn gerichteten kolportierten Maßnahmen von ÖVP und FPÖ sehr in Panik erscheinende Österreichische Rundfunk scheint sich zusehends zu entspannen und fährt seine Dauersonderberichterstattung aus Erschöpfung wieder ein wenig zurück.
Am 2. Mai 2022 werden von einer Koalition von Gleichgesinnten der 8. Mai unter dem Namen Freiheit-und-Freudetag sowie der 17. Mai unter dem Namen Ibiza-Tag als gesetzlich festgelegte freiwillige Feiertage gleich- und rechtzeitig in Österreich und Spanien eingeführt. Die deutschen, österreichischen und niederländischen Jusos fordern einen vollständig arbeitsfreien Mai und stimmen nicht mit. Der spanische König besucht Österreich und, obwohl er aus dem Erzfeinde-Haus der Bourbonen stammt, jubeln ihm am Heldenplatz 1.000.000 echte überzeugte österreichische Demokraten und 1000 spanische Diplomaten zu. Nach 500 Jahren sind wir wieder vereint.
Belgien und Luxemburg, Slowenien und die Slowakei treten noch rasch dem neuen Bündnis bei. Karl Habsburg-Lothringen und Felipe Bourbon-Anjou bewerben sich als Apostolische Administratoren und Reichsverweser in Brüssel und Straßburg. Der Ausgang dieser Wahl bleibt vorläufig ungewiss. Man kann nicht beurteilen, ob das Haus Habsburg genug Geld für das notwendige Direkt-Lobbying bei den Elektoren auftreiben kann. Vielleicht wird nach vielen hundert Jahren die Macht doch noch einmal vom Haus Habsburg auf das Haus Valois übergehen.
Alle unangenehmen Ereignisse der österreichischen, spanischen, belgischen, luxemburgischen, slowenischen und slowakischen Vergangenheit werden von einem Bot unter Aufsicht einer kompetenten Kommission (Ma, Bezos, Zuckerberg, Page, Brin, Cook, Musk, Nadella, Rometty, Fiorina, Whitman, Burns, Vestager) gelöscht.
Larry Ellison und Tal Silberstein tun sich zusammen und schicken ein Expert-Executor-Team nach Wien. Dieses Team wirft eine extrem schmutzige Neutronenbombe ab, weil ihre Bosse nicht eingeladen waren. Der Traum von Georg Kreisler, Wien ohne Wiener, geht in Erfüllung.
Und, liebe unschuldige Sozialdemokraten, noch einmal zum Mitschreiben: Die Salonfähigkeit der FPÖ als Regierungspartei in Österreich hat nicht Dr. Schüssel hergestellt, sondern Dr. Kreisky. Und nicht nur, dass er mit ihnen die 70er Jahre hindurch gepackelt hat, um die ÖVP auszumanövrieren, er hat sie auch dem armen Fred im 83er Jahr ins Bett gelegt, bevor er in die ewige Beleidigtheit abging. Dabei hätt’ er ihn nach 13 Jahren Alleinregierung einfach in die Opposition gehen lassen können. Androsch, Gratz, das AKH, der Club 45, war ja alles schon klar. Die Schwarzen sind natürlich an der ganzen Entwicklung seit 1946 voll mitschuldig, daran kann gar kein Zweifel bestehen. Das macht es aber um keinen Deut besser.
Alle hier kolportierten Fakten und Zitate können übrigens in der Wikipedia und auf anderen Websites mehrfach überprüft werden. Wer will, kann das natürlich auch ganz altmodisch in der National- oder anderen Biblitheken unternehmen. Für eingeschlichene Fehler entschuldigen wir uns vorab und werden sie gerne korrigieren, wenn sie vernünftig vorgetragen und mit Recherchehinweisen hinterlegt sind. Für das Kommentieren benötigen sociae et socii p.t. publici einen sogenannten account.
Kommentar der Herausgeberin
Was für ein absurder Titel, geschätzte Leserinnen, werdet Ihr Euch vielleicht fragen. Wie kann MaryW jemals "in love" with Narendra Modi gewesen sein: Schiach, alt, Hindu-Fanatiker, entweder stock-konservativ oder gar reaktionär.
Ein Herr namens Gurcharan Das hat einen Artikel mit dem Titel "The Modi Mirage" in der der politischer Vernunft verschriebenen aber nicht gerade revolutionären weltpolitischen Zeitschrift "Foreign Affairs" veröffentlicht und äußerte darin seine Enttäuschung über das Gebaren des indischen Premierministern mit einer Liebesmetapher. Die tinytalk-Redaktion hat ein Online-Abo von Foreign Affairs und ich lese den Website recht regelmäßig. Man erfährt da von Vorgängen in der Welt, über die man in unseren Zeitungen sowie in Spiegel und Profil nichts liest.
Ich lese "Foreign Affairs" auch sehr gerne, weil es ein gutes Gegengift zu den Beschränkungen ist, die einem das Leben im eigenen Granfalloon und sogar auch im eigenen Karass und das angenehme Phänomen der Faulheit halt so auferlegen.
"Foreign Affairs" ist eine teure Zeitschrift und online viel billiger, aber leider nicht free to air. Als bietet tinytalk wieder einmal für die wenigen Interessierten eine kleine Zusammenfassung mit Kommentar an.
Worum geht es?
Herr Das scheint politisch liberal zu sein und ökonomisch eher einer der sogenannten konservativen Schulen anzuhängen. Er schreibt im ersten Absatz:
Sick of the drift and paralysis in the government of Prime Minister Manmohan Singh, many Indians longed for a leader who would get the nation out of the mess. The situation was not unlike Britain’s in the late 1970s. Britain found Margaret Thatcher; India found Narendra Modi.
Im nächsten Absatz lesen wir: As chief minister of the state of Gujarat, Modi had built a vibrant economy and reduced corruption. His campaign speeches, with their single-minded focus on vikas (development) were fresh and mesmerizing. But people were also wary. Modi was considered dictatorial and anti-Muslim.
"Er habe sich auch lange überlegen müssen, ob er einen Politiker wie Modi wählen könne" schreibt Das weiter. "Aber er habe auch geglaubt, dass die indische Regierung nicht genug unternähme, damit das Land mehr von seiner extrem jungen Bevölkerung, von der ungefähr die Hälfte unter 25 sei, profitiere."
Herr Das trifft eine schwierige Entscheidung
I contemplated a dilemma. Should India risk its precious commitment to secularism and pluralism for the sake of prosperity, jobs, and fighting corruption? I agonized for months and then did something unusual. I decided, for the first time in my life, to vote for the right-wing, Hindu nationalist Bhartiya Janata Party (BJP)—and I did so because Modi was its leader.
In der Folge erfahren wir noch, dass Herr Das unter den ersten indischen Liberalen war, die Modi öffentlich unterstützten und zwar in seinen Sonntagskommentaren, die er nach eigener Aussage und sicher wahrheitsgemäß für die "Times of India" und sechs andere indische Zeitungen schreibt.
Ein wenig intellektuelle Rechtfertigung
There was no denying that Modi was a sectarian and authoritarian figure. But I knew that India’s democratic institutions were strong enough to prevail over those tendencies.
"Nichts werde Modi von seiner Verantwortung für die Ausschreitungen in Gujarat im Jahr 2002 entbinden. Aber andererseits könne auch nichts den moralischen Imperativ abschwächen, die in Indien weitverbreitete - aus Sicht von uns Europäerinnen extreme - Armut mit einer guten Wirtschaftspolitik zu bekämpfen. Eine Stimme für die BJP sei in seinen Augen ein kalkuliertes Risiko gewesen. Millionen von Indern hätten ähnlich gedacht und Modi so seinen Erdrutschsieg ermöglicht.
Die ernüchterte Bilanz
Five years on, I am disillusioned. Modi has delivered only partially on his economic promises, and he has unconscionably polarized the country. With a GDP growth rate of roughly seven percent, India’s is the fastest-growing major economy, but this growth has not brought the promised jobs.
Herr Modi habe seine große Mehrheit im Unterhaus (ein seltener Fall in der indischen Politik) auch nicht genutzt, um die weitreichenden Reformen, die er versprochen hatte und die Indien wettbewerbsfähiger gemacht hätten, umzusetzen. Er hätte zum Beispiel eine richtige Landreform machen und damit den jüngsten Zusammenbruch der Nahrungsmittelpreise verhindern können. Damit wäre sehr wahrscheinlich das Leben zahlloser Bauern in Indien deutlich verbessert worden.
Er hätte Indiens auf kleiner Flamme brennende Bankenkrise nutzen können, um die am schlechtesten funktionierenden verstaatlichten Banken zu privatisieren. So seien diese Banken weiter den Weg von Indian Air, der Staatsfluglinie, gegangen, die von ihrem Management jüngst in den Fast-Bankrott geführt worden sei. Keine andere Demokratie der Welt habe 70 Prozent ihres Vermögens in verstaatlichten Banken gebunden, wo immer die Versuchung groß ist, Darlehen und Kredite mit politischen Bedingungen und Vorgaben zu verknüpfen. Modi hätte sich z.B. auch mehr auf die Export-Wirtschaft konzentrieren können.
Instead, he has been gradualist like his predecessors, broadly operating within the old consensus of excessive public ownership and state control.
Mein etwas böser Abschluss
Man könnte ganz ähnliche Sachen über Margaret Thatcher und Ronald Reagan im Nachhinein schreiben. Die angeblichen konservativen "Leader" sind nämlich seit Ende der 70er Jahre nur Frontfiguren für Änderungen in Staat, Politik und ihrer Gesetzgebung, damit im Hintergrund reaktionäre Politiker-Lobbyisten die wirtschaftliche Mechanik so verändern können, dass Unternehmen und ihre Eigner bevorzugt und die sogenannten Arbeitnehmer und Arbeitsverlierer benachteiligt werden, im Gegenstück dazu der Staat aber unter Kontrolle bleibt und die Wähler - wenigstens im Hiblick auf erziehlbare Mehrheiten - doch nicht zu sehr davonrennen.
Die Erben von Reagan, Thatcher, Kohl - und leider auch Mitterand - sind eher schlechter als besser. Frau Merkl hat in Deutschland den sozialen Frieden erhalten um den Preis, dass die ganze deutsche Infrastruktur kaputt ist. Und bei den jüngeren Kalibern kann man höchstens den Vergleich machen, wie gut sie bei "Message Control" sind und sonst gar nix. Beim famosen Herrn Cameron ist sie jetzt halt schon einmal richtig schon in die Hose gegangen, die gut konzipierte populistische Botschaftenbeherrschung.
Und das mit den Enttäuschungen von liberalen Intellektuellen wie Herrn Das wird sich auch noch ein paar Male wiederholen. Vielleicht sollte er sich in "Herr Was" unbenennen und die ganze Sache beim nächsten Mal vorher bis zum Ende durchdenken. Amen.
Nach dem Amen
Nach dem Amen sollte - genau wie nach dem Basta - nichts mehr kommen. Aber genau wie nach dem Gottesdienst bei manchen doch noch das Kaffeehaus kommt, kommt hier noch ein Rezept, nämlich ein ganzer langer Absatz aus Herrn Das' Essay. Das ist an der Grenze des Erlaubten und Üblichen beim Zitieren, aber es ist so gut, das wir es der geschätzten abolosen Leserinnenschaft einfach nicht vorenthalten wollen. Noch dazu ist ein schönes klassisches recipe for failure. Und hier in Jamaica lieben wir failure.
Moreover, Modi announced too many programs at once and tried to execute them all himself. He centralized decision-making in the prime minister’s office - something he had done successfully as chief minister of Gujarat. But India, with its federal structure, is not Gujarat. A chief minister may be all - powerful in a given state, but a prime minister has to learn to implement programs by motivating and cajoling regional leaders across the country. To make matters worse, Modi seems to have been continuously in an election mode for the past five years. Constant campaigning diverts the executive’s attention from executing reforms that often bring short-term pain for long-term gain. To be fair, Modi was aware of this problem - he championed introducing simultaneous state elections across the country, but the idea lacked support among other parties.
Das Schönste an der heutigen Zeit ist, dass sehr bald nichts so passiert, wie irgend jemand es will. Früher konnte die Scheiße von den entsprechenden Leuten viel leichter und schneller angerührt werden.
Diese kleine Recherche des kanadischen öffentlich-rechtlichen Rundfunks zur internationalen Verflechtung von Data Analytics Startups, ihrer Finanzierung, der Wichtigkeit von ordentlichen Datenschutzgesetzen und der Schwierigkeit, ihre Wirkung einzuschätzen, hat mich über meinen Twitter-Feed erreicht. Danke, Joanna Bryson.
Du hast recht,
Universal-Genies brauchen wir echt keine mehr. Ich wollte eh nur sagen:
Things are going to slide, slide in all directions.
Won't be nothing, won't be nothing you....
by MaryW (31.10.24, 23:13)
...
Hm. Ich glaub, da gibt es schon noch einige Kandidat*innen. Mir fällt spontan Lisz Hirn ein. Ich fürchte nur, die schaffen es nicht mehr, so....
Es gibt sogar
Verbrecher, die das ganze WE zusätzlich durcharbeiten, um Pegelkarten zu bauen. Das sind dann die allerletzten.
by gHack (17.09.24, 18:56)
Geändert
Inzwischen hat Herr Fidler den Fehler erkannt und korrigiert sowie sich inzwischen bei den LeserInnen entschuldigt.
Nur damit das nicht untergeht. Wir haben hier in der....
by StefanL (21.02.22, 09:17)
There has been evidence
that the important and successful ideas in MSFT - like licensing the Unix source code in the 70ies and learning from it and licensing QDOS....
by StefanL (02.01.22, 11:18)
Now
I think I maybe know what you meant. It is the present we know best and the future we invent. And history is mostly used....
by StefanL (02.01.22, 09:51)
???
Hey, it's just a phrase wishing to convey that you're always smarter after the event than before it.
by StefanL (28.12.21, 07:35)
Addendum
Oracle is now mentioned in the English Wikipedia article on teletext and even has its own article here. Electra has one too.
by MaryW (22.12.21, 07:11)
We have grossly erred
At least in point 5. We thought, people would have come to the conclusion that permanently listening to directive voices as an adult is so....
by MaryW (21.12.21, 07:42)
Did not want to spell the names out
Ingrid Thurnher should have been easy, as she is pictured in the article. Harald F. is an insider joke, the only media journalist in Austria,....
by StefanL (19.12.21, 08:45)
...
with four letters it becomes easier though i am not sure with hafi… anyhoo, inms guessing acronyms or whatever this is.
*it’s not my steckenpferd
by tobi (24.11.21, 20:49)
Should be
pretty easy to guess from the context and image who HaFi and InTu are. Besides, thx for the hint to the open bold-tag.
by MaryW (22.10.21, 01:16)
Low hanging fruit
1 comment, lower geht es mathematisch schon aber psychosomatisch nicht.
by MaryW (15.10.21, 19:51)
...
da ist wohl ein <b> offen geblieben…
und wer oder was sind HF und IT?
Freiwillige Feuerwehr
Wie ist das mit den freiwilligen und den professionellen Feuerwehren? Wenn 4 Häuser brennen und nur 2 Löschzüge da sind, dann gibt es doch eine....
by MaryW (22.07.21, 07:06)
Well
That is a good argument and not to be underestimated. I was convinced a malevolent or rigid social environment (the others) posed the largest obstacle....
by MaryW (18.07.21, 08:54)
Und noch etwas
Die Schutzkleidung ist ein großes Problem. Sie verhindert allzu oft, dass mann mit anderen Säugetieren gut umgehen kann.
by StefanL (26.05.19, 07:09)
Yeah
U get 1 big smile from me 4 that comment! And yes, i do not like embedded except it is good like this. It's like....